Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
Suchen bei Nacht unterscheidetsich vom Suchen bei Tag genau genommen gar nicht. Außer vielleicht, dass man nur da etwas sieht, wo man hinleuchtet. Aber wir wussten, wir würden es schaffen, wir hatten ja bewusst einen leichten Cache gewählt: Und dann fanden wir sie. Sie lag einfach so da, ruhig und zufrieden in einem alten Baumstamm. Es war eine Munitionskiste. Wir strahlten wie zwei Kinder an Weihnachten, die ihr erstes Fahrrad bekommen, mit Klingel und Rückspiegel dran.
Als wir den Deckel öffneten, entlockte uns der Zauber des Moments ein lautes «Boahhhh». Der obere Rahmen war mit einer Reihe LEDs besetzt, die beim Öffnen der Kiste angeschaltet wurden. Der bunte Reigen an farbig blinkenden Lichtern spiegelte sich in unseren Augen wider. Das Ganze sah aus wie ein amerikanischer Weihnachtsbaum. Gut, vielleicht war es auch ein italienischer Weihnachtsbaum. Wir durchwühlten die Kiste, aber tauschten auch diesmal nichts. Stattdessen nahmen wir Heft und Stift heraus, verewigten uns und gingen verzückt zurück. Ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung durchströmte mich. Mit wie wenig lässt sich so viel Gefühl erzeugen. Nicht nur unser Herz, nicht nur unsere Seele, nicht nur unser Geist, nein auch unser zentrales Nerven- und Lymphknotensystem schrien: «Halleluja!»
Noch bevor wir unsere Angst, am Weg angekommen, von dem Baumstamm wieder aufnehmen konnten, sagte Tobi: «Toll, was man alles machen kann mit so einer Photonenpumpe!»
Da verlor ich das Bewusstsein.
DIE MASSE MACHT’S
Hat man genügend Zeit und braucht zwischendurch mal eine besondere Herausforderung, dann sollte man zur Abwechslung so viele Caches wie möglich hintereinander suchen. Der aktuelle Weltrekord liegt bei 312 Caches innerhalb von 24 Stunden. Dazu kommen noch 40 Caches, die die Achtergruppe bei der Aktion nicht gefunden hat. Das muss man sich mal vorstellen: 352 Caches in 24 Stunden suchen, das sind 352 Caches in 1440 Minuten, das ist ein Cache alle vier Minuten (ich habe mir erlaubt zu runden). Da die Cacher auch mal mit den Augen geblinzelt haben müssen und währenddessen nicht suchen konnten, darf ich das sicher getrost machen. Das Ganze fand übrigens am 21. Mai 2006 statt, wo sich acht verrückte Geocacher in Dallas trafen, um … ja, sicherlich nicht, um miteinander zu reden, dazu war keine Zeit.
Wie soll man das in dieser kurzen Zeit nur hinbekommen? Wahrscheinlich liegen die ganzen Caches an einer einzigen befahrbaren Straße, und die Cacher hatten eine spezielle Log-Abschuss-Gerätschaft dabei. So was wie im Supermarkt, wo man per Draufhauen und «Tschkdng» einen Aufkleber aus einem ominösen Gerät zieht, den man dann auf die Waren klebt. «Gefunden, danke!»
Vielleicht haben sie aber auch ganz perfekte Arbeitsteilung praktiziert: Der Erste sucht den Cache, der Zweite gräbt ihn aus, der Dritte loggt, der Vierte gräbt ihn wieder ein. Vielleicht haben sie die Caches aber auch alle einfach selbst gelegt, und ihr privater Garten sieht jetzt aus wie die Umgebung von Leipzig nach der großen Schlacht gegen Napoleon.
Diese Form des Cache-Marathons entspricht natürlich nichtso ganz meinen Vorstellungen vom Cachen. Ich gehe die Sache eher gemütlich an. Setze langsam, ganz behutsam und indem ich die Natur genieße, einen Schritt vor den anderen. Selbstverständlich habe ich das Massencachen auch schon ausprobiert, aber mehr als zehn Stück pro Tag bekomme ich einfach nicht hin. Entweder schlafe ich ein, esse etwas oder stehe einfach nur in der Gegend herum.
Trotzdem: Ich habe höchsten Respekt vor einer solchen Leistung, denn dazu gehört nicht wenig an Planung. So sind einige Schritte zu optimieren. Zum Beispiel sollte man grundsätzlich nur Traditionals suchen. Also keine Rechenaufgaben oder Stationen, an denen gezählt werden muss. Auch braucht man die einzelnen Koordinaten nicht jedes Mal neu einzugeben. Das macht man vorher, das will gut geplant sein. Im Gelände muss man dann nur noch die Daten abrufen, und nach jedem Fund zeigt das Gerät sofort den nächsten Cache an. Allerdings gibt es einige Zeitfresser, die auch ein Profi-Autisten-Cacher nicht vermeiden kann. Hier ein Vergleich:
Zugegebenermaßen unterliege auch ich hin und wieder der Faszination des Jaja-ich-habe-ganz-viele-Caches-hintereinander-gefunden-Phänomens. Wenn auch die Anzahl der Caches sowie die dazu gebrauchte Zeit weit unter den Werten der Weltrekordler liegen. So wie einmal in Thüringen, in der Nähe vonErfurt. Da
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