Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
kleinen Straße, links von uns ein Wald, rechts Gebüsch. Wie wir zum Glück schon in dem ein oder anderen Log gelesen hatten, mussten wir wohl oder übel ein etwas größeres Gebiet durchsuchen, um den Final aufzuspüren. Also nicht die üblichen zehn mal zehn Quadratmeter, sondern eher mehr. Das haben wir dann auch getan, wir haben die Suche ausgeweitet, und seitdem finden wir eigentlich den gesamten Osten Deutschlands sehr schön.
Letztendlich gefunden haben wir den Cache dank der Spoiler. Selbstverständlich hatten wir die kleinen Bilder und Hinweise der Cachebeschreibung, in denen die genaue Lage des Caches angezeigt wird, ausgedruckt und mitgenommen. Sie zeigten einen Baum, unter dessen Wurzel er liegen sollte. Das Problem war nur, es gab sehr viele, ja sogar ziemlich viele Bäume, die eigentlich alle gleich aussahen. Nämlich wie Bäume.
Und was heißt hier eigentlich «wir»! Ich denke mal, ich brauche jetzt nicht explizit zu erwähnen, dass ich den Cache zuerst entdeckt habe. Tobi gab in tapferer Maulwurfmanier zwar wirklich alles, aber es reichte nicht. Ich höre ihn immer noch murmeln: «Das muss hier irgendwo sein … das sieht genauso aus … ich bin mir ganz sicher.»
Irgendwann lag der Cache dann vor mir. Eines dieser Phänomene, die man so oft erlebt. Jedes bewusste Graben, Wühlen und Suchen bleibt erfolglos. Erst wenn man einfach nur so vor sich hin starrt und an einen glücklichen Ausgang der Suche gar nicht mehr glauben mag, fällt einem das kleine Eckchen Plastik ins Auge. Ich hatte ihn also entdeckt, die darüberliegende Schicht Laub beseitigt und blickte versonnen auf den Deckel. Aber ich wollte jetzt nicht so gemein sein und Tobi einfach ein «Hier!» zurufen. Ich musste mir etwas anderes überlegen. Also ließ ichdie Box unverschlossen in der Erde und dachte eine Weile nach. Das dauerte eine Weile, denn es ist wirklich schwer, sich zu konzentrieren, wenn einer die ganze Zeit ruft: «Mann, Mann, Mann. Ich bin so nah dran.»
Plötzlich hatte ich eine Idee, ich nahm einen kleinen Stock und fing leise an, auf den Dosendeckel zu trommeln. Allmählich erhöhte ich das Tempo, steigerte die Schlagkraft. Rhythmusvariationen begleiteten nun die Performance, stakkatoartige Tempiwechsel spielten Staffellauf mit kenianisch-madagassischen Kulturpersiflagen. Dann hörte ich Schritte und – verlor das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir kam, dachte ich nur, dass das Ganze soooo gemein auch nicht gewesen war, aber Tobi kann nun mal nicht verlieren. Emotional völlig überfordert, wie er war, hatte er meine nett gemeinte Hilfsbereitschaft nicht erkannt. Nachdem wir uns in das kleine schwarze Büchlein mit diesen neckischen eckigen roten Kanten eingetragen hatten, wollten wir die Dose erneut vergraben. Doch Tobi meinte: «Sollen wir den wieder genau hier einbuddeln? Dann hat der Nächste ja dasselbe Problem wie wir.»
«Ja, aber die nachfolgenden Cacher sind nicht wir. Wie lange die suchen, kann uns egal sein», entgegnete ich.
«Aber weil die Vor-uns-Cacher den Cache genau hier wieder vergraben haben, haben wir als Nach-denen-Cacher wieder so lange suchen müssen», warf er ein.
«Also, du hast ja gar nicht suchen müssen, du hast ihn doch sowieso nicht gefunden, wenn wir jetzt schon theoretisch über dieses Problem reden.»
«Wenn wir jetzt schon theoretisch über dieses Problem reden, muss dir aber auch klar sein, dass unter den nachfolgenden Cachern einer sein wird, der den Cache findet, und dem können wir die Suche erleichtern, auch wenn der Cache, sollten wir ihnnicht ganz so schwer verstecken, nicht von demselben gefunden werden können würde, der beim Gleichverstecken der Finder sein wollen würde hätte gewesen wäre.»
Ich dachte nach und gab ihm recht, ohne zu wissen, wobei ich ihm da recht gab.
Aber es war klar, damit es den nachfolgenden Cachern nicht genauso erging wie uns, wollten wir das Problem an der Wurzel packen. Leider konnten wir die Cachebeschreibung nicht verändern. Also wollten wir den Cache genau an der Stelle vergraben, wo er hätte sein müssen – laut unseren Berechnungen. Das war leider mitten unter dieser asphaltierten Straße. Dass so ein Bauantrag für Privatpersonen auf öffentlichen Verkehrswegen oft sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, war uns egal. Auch das Problem der nachfolgenden Cacher, die selbigen Bauantrag stellen mussten, hätten wir in den Griff bekommen. Der Einfachheit halber hätten wir einen Packen Formulare des zuständigen Bauamtes schon zur
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