Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
Hälfte ausfüllen und der Cachebeschreibung als PD F-Dokument beilegen können. Aber es regnete an jenem Tag in Strömen, und die Straße war nicht überdacht, also verwarfen wir diese Möglichkeit schweren Herzens.
Folglich ließen wir den Cache dort, wo er vorher war. Allerdings mussten wir nun die Berechnungsgrundlage leicht verändern, damit die Nachfolger die Koordinaten herausbekamen, die zum Final führten. Wir gingen also mit Hammer und Meißel zum Gedenkstein hinüber und wollten gerade die Inschrift anpassen, als uns auffiel, dass der Gedenkstein womöglich gar nicht vom Owner selbst aufgestellt worden war. Das war höchstwahrscheinlich gar keine vorbereitete Station, das alles gab es schon früher. Vielleicht war das, was auf dem Stein stand, ja wirklich passiert. Es war für uns völlig unvorstellbar. Sollte es etwa eine Welt jenseits des Cachens geben? Oder war auch das nur ein Hobby irgendwelcher merkwürdiger Menschen? Menschen,die sich Geschichtsdaten ausdachten und irgendwelche Steine irgendwo hinstellten?
Wir hatten keine blasse Ahnung, was wir noch hätten tun können, und schrieben daher später, als wir wieder online waren, auf der Webseite ins Log der Cachebeschreibung: «Einfach zu finden, danke, bis demnächst.»
Es gibt noch eine Spielart, durch die das Cachen erweitert wird, quasi ein Add-on, das ganz viel Spaß macht, also den anderen. Aber es zeigt, dass letztlich alle Cacher Teil einer großen Familie sind, auch wenn man bei der einen oder anderen Feier Tante Helga gerne mal das Blumenwasser in die Suppe schütten möchte. Denn ein – mir völlig fremdes und dennoch immer wieder gern genutztes – Element des Cachens sind die Trades. Das ist, wie anfangs schon mal kurz erwähnt, lauter kleiner Krimskrams, den man mitnehmen darf, wenn man dafür anderen kleinen Krimskrams in die Dose legt. Im Gegensatz zu den auch schon mal erwähnten Travelbugs, die einfach so mitgenommen werden dürfen. Worum es sich bei den Trades genau handelt, ist eigentlich recht einfach zu erklären: Ohne McDonald’s-Juniortüte und den Inhalt der Überraschungseier wären 95 Prozent aller Caches leer. Mir ist es ein völliges Rätsel, wie man an so etwas Spaß haben kann. Wenn einem beim Öffnen des Caches ein McDonald’s-Radio die neuesten Hits vorspielt, hat man ja noch etwas davon, weil man auf der nächsten Party ganz cool auftreten kann. «Ja, den Song kenne ich, das ist von … na ja, egal. Den habe ich zum ersten Mal gehört, als … ja, es war in diesem Wald, und ich musste lange warten, bis ich endlich alleine war. Er lag diesmal unter der Erde … Mann, ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Gut, es war gestern … Hallo?» Außerdem hat man Zeit, sich den Song bis zum Ende anzuhören, ohne gestört zu werden.
Dieser Ü-Eier -Krimskrams ist da schon etwas nerviger. Nichtnur einmal hat sich beim Öffnen der Dose ein unglaublicher Haufen kleinteiliger Kleinteile über mich und die Erde ergossen. Nicht nur einmal bin ich stundenlang über den aufgeweichten Boden gerobbt, um auch die letzten Einzelelemente der lustigen Ich-krieche-über-den-Tisch-und-bewege-dabei-meine-Plastikbeine-Raupe zu finden. Nicht nur einmal habe ich länger zum Zusammenbauen der Trades gebraucht als zum Finden des Caches. Aber nur einmal hab ich die kaputten Sachen einfach liegen lassen. Das war ein schöner Tag! Nur noch übertroffen von dem Tag, an dem ich Tante Helga das Blumenwasser in die Suppe geschüttet habe.
Bei anderen Caches sind Themen für die Trades vorgegeben. Der Cache «Halloween» etwa beinhaltet alles, was an Kürbissen, Spinnen und Hexen aufzufinden war. Und der «Duschhaubencache» darf nur mit Badezimmerutensilien gefüllt werden. Leider war er geplündert, und die Umgebung sah aus, als hätte jemand ein Badezimmer gesprengt. Für den Umgang mit diesen Caches gibt es übrigens eine klare Regel: Das, was man hineinlegt, sollte immer mindestens den Wert des Gegenstandes haben, den man herausgenommen hat. Nun, das mit dem Wert ist so eine Sache für sich. Mit dem Problem der Wertgerechtigkeit haben sich schon viele Wissenschaftler beschäftigt. Nehmen wir zum Beispiel mal eine Flasche Wasser. Hat man gerade einen kleinen Spaziergang von vier oder fünf Stunden durch die Wüste Gobi hinter sich, wäre man bereit, eine immense Summe für diese eine Flasche zu bezahlen. Steht man dagegen seit etwa drei Stunden in einem See voller Apfelschorle, ist das Interesse an einem weiteren
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