Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
kühlen Getränk auf einer Skala von 1 bis 10 eher bei –23 anzusiedeln.
Die gleiche Problematik haben wir bei den Trades. Zwar konnte ich bisher noch nicht beobachten, dass jemand einen Diamanten gegen eine gebrauchte Zellophanfolie ausgetauschthat. Aber dass aus einer Taschenlampe eine Werbe-Demo-Umsonst-CD, aus einer Werbe-Demo-Umsonst-CD eine kleine Porzellanfigur, aus einer kleinen Porzellanfigur ein Ü-Ei -Gimmick und daraus ein Päckchen Taschentücher wird, ist durchaus schon das eine oder andere Mal vorgekommen. Das passiert sogar, obwohl man jedes Mal beim Loggen auch noch dazuschreibt: «OUT: Taschenlampe, IN: Werbe-Demo-Umsonst-CD.» Spätestens bei dem Wort «umsonst» muss einem doch auffallen, dass da irgendwas nicht ganz gleich und wertgerecht sein kann …
Noch schlimmer wird es, wenn mehrere Trades in den Dosen sind, die alle so scheußlich aussehen, dass wirklich niemand die Dinger mitnehmen will. Jeder lässt dann seine mitgebrachten Sachen da, hütet sich aber davor, etwas herauszunehmen. Dann ist die Tupperdose irgendwann derart voll, dass der Deckel nur mit großem Kraftaufwand und ingenieurstechnischer Raffinesse zu schließen ist. Wie oft mussten Tobi und ich schon die Dose bis kurz unter den Rand eingraben und dann in millimetergenauer Feinarbeit mit dem Wagen darüberfahren, um den Verschluss zu dem zu machen, was er eigentlich ist: ein Verschluss. Das Ganze war so filigran, dagegen ist das Rückwärts-Einparken mit einem Braunkohlebagger ein Kinderspiel.
Ich beteilige mich natürlich auch manchmal daran, und zwar so: Ich stehe stundenlang vor der Box, betrachte das eine oder andere Spielzeug und lege es wieder zurück. Irgendwann entscheide ich mich und schreibe brav ins Buch: «No Trade» , oder: «IN/OUT: nichts» . Soll der Cacher nach mir doch sehen, wie und wo er die aus dem Haufen herausgepulten Dinge desinfizieren kann.
FEHLPLANUNG
Eine Form des Cachens ist weder auf den Internetplattformen explizit erwähnt noch irgendwo sonst auf einer der von mir gefundenen Spezialseiten als Thema behandelt, dabei ist sie ungemein beliebt. Es geht um das Hektikcachen, auch als Cacherushen oder Schnellcachen bezeichnet. Manche nennen es gar Temposuchen, Fastfinden, Stressbuddeln, Eilepeilen, Geschwindigkeitsgraben oder Rasantheben. Ich weiß, das klingt total sportlich, so nach Training, Planung, Durchführung. Aber eigentlich sind Tobi und ich beim Hektikcachen meist nur in Zeitnot, weil wir irgendwelche kleinen Planungsfehler an Stellen eingebaut haben, die sich dann doch recht stark auf die Gesamtsituation auswirken. So sollten wir einmal um 17.00 Uhr in Frankfurt am Main zum Soundcheck in einem Theater sein. Da wir auf dem Weg von Bonn dorthin etwa eine Stunde zu früh dran waren, dachten wir, da können wir ja mal schnell cachen gehen.
Ich fuhr, Tobi auf dem Beifahrersitz, mit gemütlichen 200 Sachen die A 3 gen Süden, während er die in Frage kommenden Caches nach und nach durchging. Uns war klar, es konnte nur ein Traditional sein, denn es musste schnell gehen. Er hielt in den Cachebeschreibungen also Ausschau nach dem Hinweis «unter einer Stunde», denn dann wäre klar: Der isses. So einen Cache fanden wir dann auch, einen so genannten «Autobahncache». Dazu mussten wir bloß irgendwo an einem Rastplatz abfahren und hinter dem Toilettenhäuschen eine Dose suchen.
Während wir also noch sicher waren, unsere Pause so organisiert zu haben, nämlich kurz und knapp, dass wir dadurch den eigentlichen Zweck der Reise nicht gefährdeten, und uns gegenseitig ein «Ja, der ist gut, den machen wir» zuwarfen, was wirmit einem gegenseitigen «Ja, genau, den machen wir» beantworteten, was wiederum zu einem gegenseitigen «Ja, ja, der ist gut, den machen wir» führte, wurde Tobis Stimme immer leiser, bis sie ganz verstummte. Plötzlich fiel ihm ein anderer Cache ins Auge. Er hatte die ganze Zeit über nebenbei die zu Hause ausgedruckten Beschreibungen durchgeblättert und einen neuen interessanten Cache ausgemacht. Keine Ahnung wie, aber still und heimlich hatte dieser eine sich unter die anderen geschlichen. Und er war nicht wirklich das, was man unter einem «schnellen Cache für zwischendurch» versteht, sondern ein Multicache ohne Zeitangabe.
Spontan dachte ich: Toll, es ist entschieden, er gibt die Koordinaten ein, sucht den Parkplatz aus und programmiert das Navi.
Da kam ein «Müssen wir eigentlich PUNKT 17.00 Uhr im Theater sein?» von Tobi.
Empört rief ich: «Aber
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