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Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Hand, dann schob er sie zwischen die Zähne und biss zu.
    »Sie ist echt«, sagte er mit drohendem Unterton, als seine Prüfung beendet war. »Reines Gold. Mit dem Bildnis des Darius. Woher hast du sie, Mina? Was hast du mit den Persern zu schaffen?«
    Die Wahrheit wäre vermutlich das Einfachste gewesen. Aber etwas in ihr sträubte sich mit aller Macht dagegen. Der Fremde mit den blauen Augen, und wenn er hundertmal ein Perser war, ging Rahotep nichts an. Sie war zwar wütend auf ihn und würde ihm die Meinung sagen, das stand für sie fest, aber wann und wie, das war ganz allein ihre Angelegenheit.
    Mina riss Rahotep die Münze aus der Hand. »Sie gehört mir«, sagte sie. »Das reicht doch, oder? Gestohlen hab ich sie jedenfalls nicht, falls dich das ruhiger schlafen lässt.«
    »Siehst du, so ist sie!«, begann Tama aufs Neue loszukeifen. »Und so war sie schon immer. Stets eine Hintertür offen, stets neue Ausreden. Niemals ein ehrliches, offenes Wort. Das soll Familienzusammenhalt sein? Dass ich nicht lache! Mir ist schleierhaft, wie dein armer toter Bruder es überhaupt so lange mit dieser Frau ausgehalten hat.«
    Mina schaute sie herausfordernd an. »Du könntest jetzt noch hinzufügen, ich hätte Chai ins Grab gebracht«, sagte sie. »Denn das denkst du insgeheim, oder etwa nicht? Also los! Worauf wartest du noch? Vielleicht fühlst du dich ja besser, wenn du es endlich ausgesprochen hast.«
    »Lass uns gehen, Rahotep!«, sagte Tama. »So etwas muss ich mir nicht länger antun!« Sie sprang von ihrem Schemel auf und zerrte ihren Mann mühsam in die Höhe. Zielstrebig steuerten sie auf die Haustüre zu.
    »Ihr hört von mir«, rief Mina ihnen noch hinterher.
    »Macht euch darauf gefasst!«
    Sie fühlte sich schlecht, als die beiden verschwunden waren. Warum war sie auf Tamas Bösartigkeiten überhaupt eingegangen? Genau betrachtet, war sie doch keinen Deut besser: zwei in die Jahre gekommene Giftnattern, die sich gegenseitig hässlich anzischten! Man muss mit den Menschen auskommen, die man hat, andere gibt es nicht, hatte Chai immer gesagt. Ihr kluger Mann behielt auch in diesem Punkt über seinen Tod hinaus recht. Sie würde es ihm sagen, wenn sie das nächste Mal am Grab mit ihm redete.
    »Sind sie endlich weg?« Neugierig streckte Iset die Nase herein. Sie hatte niemals einen Hehl daraus gemacht, wie wenig sie von Chais älterem Bruder hielt. »Diesen Rahotep hätte ich niemals an meine Brust gelegt«, pflegte sie zu sagen. »Von mir aus hätte er schon als Säugling an den milchlosen Schläuchen seiner Mutter verdursten können!«
    »Ja, sie sind weg«, erwidere Mina matt.
    »Habt ihr euch wieder gestritten?«
    »Hast du nicht wie üblich gelauscht? Dann weißt du doch ohnehin Bescheid!«
    Iset zog ein beleidigtes Gesicht. »Mir sagt man hier ja überhaupt nichts mehr«, murmelte sie. »Als wäre ich schon tot und begraben, genauso wie mein armer Liebling. Aber noch habe ich Augen und Ohren, das solltest du nicht vergessen!«
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    Sie machte eine vage Geste und zog Mina vor die Haustüre.
    »Verschrammte Hände, Scherben im Zimmer und Knochen auf dem Boden, glaubst du vielleicht, ich bin eine Idiotin? Und nun auch noch das!«
    »Was?«
    » Das !«
    »Und was soll hier sein? Ich sehe nichts.«
    »Dort drüben. Ein Stückchen weiter links. Bist du jetzt schon blinder als ich mit meinen alten Augen?«
    Bastet hatte ihr Geschenk säuberlich abgelegt: eine tote Maus, die sie offensichtlich Mina zugedacht hatte. Von der zweiten, die sie höchstpersönlich mit Haut und Haar verputzt hatte, war lediglich das Gekröse übrig geblieben.

    Sie kam nicht dazu, in der Stadt Ausschau nach Mau zu halten - und nach Bastet, wenn sie ganz ehrlich war -, denn der von Senmut versprochene Bote klopfte an die Türe. Der Alte hatte wieder den jungen Priesterschüler geschickt, dem dieser unerwartete Ausflug in die Welt jenseits der schützenden heiligen Mauern schwer zuzusetzen schien. Stumm und schwitzend hielt er ihr einen kleinen Papyrusfetzen hin, den sie rasch überflog.
    »Folge ihm! Ich erwarte dich. Senmut.«
    Blinzelnd schlurfte er voran, wieder mit seinem widerspenstigen Schurz kämpfend, was Mina heute eher nebenbei registrierte. Sie nutzte die Gelegenheit, sich im Gehen umzuschauen, und als sie ein paar Gassen weit gekommen waren, gab sie sich Mühe, Per-Bastet mit neuen Augen zu betrachten. Aber so sehr sie sich anstrengte, ihr fiel nichts Ungewöhnliches auf. Hier, im blendenden

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