Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
Tageslicht, bekam Scheris Bericht über die Bärtigen und ihre Katzenkäfige einen noch unwahrscheinlicheren Beigeschmack.
    Ob die Freundin aus Übermüdung und Sorge um Mau nicht schlichtweg fantasiert hatte?
    Es gab durchaus Katzen zu sehen, allerdings nicht so viele wie bislang. Etwa weil die anderen bereits gefangen waren? Oder erlag jetzt auch schon sie ihrer Einbildung?
    Sie dösten in Hauseingängen, räkelten sich auf Binsenmatten oder verschliefen die heißen Stunden irgendwo im Schatten. Die meisten ließen sich von den vorbeigehenden Menschen in ihrer Ruhe nicht stören; es gab allerdings auch einige, die sofort aufstanden und sich von dannen machten, sobald ein Zweibeiner sich ihnen näherte. Mau entdeckte Mina nicht unter ihnen, und auch von Bastet war zu ihrem Bedauern nirgendwo etwas zu sehen.
    Sie will es spannend machen, dachte sie, wartet, bis es Nacht geworden ist, bevor sie mich besucht - falls sie mich überhaupt wieder besucht. Nun, da Iset Bescheid wusste und sich ausnahmsweise sogar jedes bissigen Kommentars enthalten hatte, konnte sie die Leckereien ja ganz offen für Bastet auslegen. Etwas in ihr wünschte sich so sehr, die Kleine heimisch bei ihr werden zu lassen. Meine Mondkatze, dachte sie zärtlich, fellgewordener Traum auf vier getigerten Pfoten!
    Dieses Mal betrat sie an der Seite des Begleiters die Tempelanlage durch einen Nebeneingang, und wieder ging es Mina durch den Kopf, wie riesig und unübersichtlich der ganze Komplex doch war. Wer hier hereingeriet und nicht mehr hinausfinden sollte, der hatte wahrlich schlechte Aussichten.
    Ein anderer Innenhof, kleiner und enger als beim letzten Mal; keine Steinbank, sondern lediglich ein paar Schemel, denen Alter und Sonne sichtlich zugesetzt hatten. Wortlos bedeutete der Junge ihr, hier zu warten, und verzog sich rasch, sicherlich zutiefst erleichtert, dass er von ihrer Gegenwart erlöst war und endlich wieder zu seinen gewohnten Verrichtungen zurückkehren konnte.
    Von irgendwoher war gleichmäßiges Klopfen zu vernehmen, als würde harter Stein bearbeitet. Dann Männerstimmen, die sich etwas zuriefen. Wahrscheinlich wieder Baumaßnahmen, dachte Mina. Letzte Vorbereitungen, damit der Tempel sich anlässlich des Großen Festes in bestem Zustand präsentieren kann.
    Nicht lange, und Senmut zeigte sich, frisch und makellos, als sei er soeben einem kühlen Bad entstiegen. Unwillkürlich begann Mina zu schnuppern. Keine Spur von dem unangenehmen Duft, den er beim letzten Mal verströmt hatte.
    »Du scheinst recht zu haben mit deinen Vermutungen«, sagte er ohne lange Vorreden. »Sieht tatsächlich so aus, als befinde sich Ameni in der Hand des Satrapen.«
    »Er hat ihn, meinen Neffen …«
    »Eingesperrt«, sagte Senmut.
    »Aber weswegen?«, rief Mina.
    Ein Lächeln kräuselte Senmuts wohlgeformte Lippen. »Mühelos ließen sich tausenderlei nichtigere Gründe aufzählen, warum Aryandes jemanden einsperren lässt. Man könnte beispielsweise behaupten, er habe einen Anschlag auf den Stellvertreter des Pharaos vorgehabt. Klingt das vernünftiger in deinen Ohren?«
    »Unser Ameni? So ein Unsinn - niemals!«
    »Auch wenn sie ein Messer bei ihm gefunden haben?«
    »Chais altes Binsenmesser? Ein anderes hat er niemals besessen. Das hab ich ihm geschenkt, damals, als sein Onkel gestorben ist. Weil er nicht aufhören wollte zu weinen, so traurig war er. Damit kann er dünnen Papyrus schneiden und sonst gar nichts.«
    »Ich fürchte, das sieht man anders. Das Messer könnte ihn jetzt den Kopf kosten, wenn die Sache schlecht ausgeht.«
    »Aber sie darf nicht schlecht ausgehen, Senmut, das darf sie einfach nicht! Er ist Tamas und Rahoteps einziger Sohn, und er hat doch nichts verbrochen, außer …« … das falsche Mädchen zu lieben, hätte sie beinahe noch gesagt.
    Etwas hielt sie ab, den Satz zu vollenden.
    Senmuts große, dunkle Augen ruhten auf ihr. Nichts konnte sie in ihnen lesen, weder Mitgefühl noch Gleichgültigkeit.
    »… außer, dass er übermütig und unreif ist«, fuhr Mina fort. »Und lieber gründlich nachdenken sollte, bevor er sich zu solchen Verrücktheiten hinreißen lässt, wie unbefugt fremde Gärten zu betreten. Aber das kann doch kein Verbrechen sein, nicht einmal in den Augen eines persischen Statthalters! Ist dieser Aryandes denn selber niemals jung gewesen?«
    Senmut zuckte die Schultern. Unübersehbar, dass für ihn alles gesagt war.
    »Was soll ich jetzt nur tun?« Sie war so sicher gewesen, dass er ihr weiterhelfen

Weitere Kostenlose Bücher