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Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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kommen zwei Schilfblätter, das könnt ihr spielend. Dann ein halber Brotlaib. Und jetzt noch ein Rechteck mit einem Schwanz - fertig!«
    »Du kannst schreiben?«, fragte Scheri, während die Mädchen mit Feuereifer versuchten, das Wort nachzumalen.
    »Du nicht? Chai hat es mir beigebracht.«
    »Wieso sollte ich? Einer in der Familie, der es kann, ist genug, hab ich immer gesagt.« Sie erhob sich. »Da kommt er ja, mein fleißiger Schreiber! Allerdings mit einem so säuerlichen Gesicht, als habe ihn jemand zu den Krokodilen in den Nil gestoßen.«
    Bata umarmte sie, herzte flüchtig seine Töchter und hatte für Mina nur ein kurzes Nicken übrig.
    »Essen schon fertig?«, fragte er. »Muss nämlich gleich noch mal los.«
    »Ja, fast. Wie - jetzt noch, gegen Abend, wo du schon den ganzen Tag im Tempel warst? Aber wieso …«
    »Keine Ahnung«, raunzte er zurück. »Frag mich etwas Einfacheres! Dieser Senmut muss endgültig seinen Verstand verloren haben! Weißt du, was er verlangt? Ich soll mit ihm in alten Unterlagen kramen, um ich weiß nicht was zu finden!«
    »Heute noch?«, fragte Mina.
    »Ja«, sagte Bata dumpf. »Wartet lieber nicht auf mich. Kann spät werden, hat er gesagt!«

    Bastet hatte sich unter dem Bett verkrochen, kauerte in der hintersten Ecke und rührte sich nicht. Mina, Iset und Ameni lagen bäuchlings davor und beratschlagten, wie sie am besten herauszulocken sei.
    »Mein Entenfleisch hat sie verschmäht«, beklagte sich die alte Amme. »Zum ersten Mal! Besonders hungrig scheint sie also nicht zu sein.«
    »Sollen wir es nicht mit einem Stock versuchen?«, schlug Ameni vor. »Ich könnte sie heraustreiben und ihr …«
    »Untersteh dich!« Mina hatte sich aufgesetzt. »Lass die Finger davon! Siehst du nicht, wie sie zittert? Das hat sie bisher noch nie getan.«
    Bastet drehte ihnen das Hinterteil zu.
    »Wir müssen sie in Ruhe lassen«, sagte Mina. »Vielleicht kommt sie später von selber heraus.«
    Sie setzten sich in den Nebenraum, schenkten sich Wasser ein und versuchten mühsam ein Gespräch in Gang zu bekommen, bis schließlich Iset als Erste gähnte und kurz nach ihr Ameni.
    Mina war es recht, dass die beiden sie allein ließen. Sie hatte aus Isets Vorräten ein frisches Ei geholt, das sie nun sorgfältig in Eiweiß und Dotter trennte. Letzteres ließ sie in Bastets Schälchen gleiten. Desgleichen verschmähte keine hungrige Katze, das wusste sie von Scheris Mau.
    »Komm, meine Kleine!«, lockte sie. »Versuch doch mal! Das wird dir guttun.«
    Nach einer endlosen Weile kroch die Katze unter dem Bett hervor. Mina erschrak, als sie sie aus der Nähe betrachten konnte. Das Fell war stumpf und staubig. Das rechte Ohr hatte einen tiefen Riss.
    »Hast du dich gebalgt?«, fragte sie leise. »Womöglich mit einer Stärkeren, die es dir gezeigt hat? Oder war es ein zudringlicher Kater?«
    Doch dann entdeckte sie etwas, was sie erstarren ließ. An Bastets linker Hinterpfote hingen Hanfreste. Ein Strick, von dem sie sich befreit hatte!
    Die Katze legte die Ohren an und begann zu fauchen, als Mina die Reste entfernen wollte.
    »Schon gut!«, sagte sie schnell und dachte an den Kratzer, der gerade verheilt war. »Du weißt doch inzwischen, dass ich dich niemals zu etwas zwingen würde. Ich wollte sie mir nur einmal ansehen. Aber das können wir auch auf später verschieben.«
    Bastet kauerte vor dem Schälchen, als sei selbst dieser Leckerbissen eine zu große Anforderung für sie. Irgendwann streckte sie vorsichtig die Vorderpfote aus, benetzte sie mit dem Dotter und begann sie abzulecken. Das wiederholte sie, bis das Schälchen blank war.
    Sie fing an, sich zu putzen. Mina hielt sich ganz still. Danach verkroch Bastet sich wieder unter dem Bett.
    Es dauerte lange, bis der Schlaf kam. Und die Träume ließen Mina in jener Nacht gänzlich im Stich.

sieben
    Die nächsten Tage verließ Bastet das Haus lediglich, um irgendwo im Garten ihr Geschäft zu verrichten, und kehrte danach schleunigst in den Schutz der vier Wände zurück. Es dauerte stets, bis sie sich in Anwesenheit von Menschen wieder unter dem Bett hervorwagte; sogar Minas Gegenwart schien sie zunächst nicht zu schätzen. Die ließ sie gewähren, hielt sich aber viel in Bastets Nähe auf, auch wenn sie die Katze dabei kaum zu Gesicht bekam. Sie sprach freundlich und sanft mit ihr und wurde nicht müde, frisches Wasser und immer neue Leckerbissen in Reichweite hinzustellen.
    Sogar Iset schien sich zunehmend Sorgen zu machen, briet und

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