Auge des Mondes
wetteiferte da mit hellgrünem Beryll, bläulicher Chalzedon lag kühl und eisig neben feurigem Granat; grüner Olivin wirkte geheimnisvoll vor klarem Bergkristall, orangeroter Karneol ließ den Türkis noch frischer und strahlender wirken. Die Krönung aber bildete ein geschliffener Lapislazuli, ein großes, erlesen geformtes Stück, einem mächtigen Segel ähnelnd, in kraftvollem Blau, in dem unzählige goldene Einsprengsel schimmerten.
»Sie finden Eure Zustimmung, Herr?«, fragte Numi, als der Satrap - zu lange für seinen Geschmack - still blieb.
»Ihr wisst, dass Edelsteine eigentlich nicht zu meinem Sortiment gehören. Mit Salben und Ölen kenne ich mich wesentlich besser aus. Doch es war eine große Ehre für mich, Eure Wünsche erfüllen zu dürfen.«
»Besonders der Blaue«, sagte Aryandes versonnen. »Ja, wir denken, damit ließe sich durchaus etwas anfangen. Wir werden gleich den Juwelier kommen lassen und ihm sagen, was wir uns vorstellen. Wer Lapis trägt - das glauben sie zumindest hier in Kemet -, besitzt den Schutz des Himmels und der Sonne und damit wahrlich königliche Vorrechte.«
»Mich erinnert er stets an den Nachthimmel«, sagte Numi. »Besetzt mit unzähligen goldenen Sternen. Wir werden so klein, wenn wir in seine Unendlichkeit schauen. Manchmal fröstelt es mich sogar bei diesem Gedanken.«
Er hielt inne, denn der Satrap schien längst nicht mehr zuzuhören, sondern starrte mit unverhohlener Gier auf den großen Ring an des Händlers Hand.
»Ein durchaus ungewöhnliches Stück«, sagte Aryandes. »Wir nehmen an, du hängst an ihm?«
Numi erblasste. Nicht gerade schwierig zu erraten, was im Kopf des Satrapen vor sich ging. Wenn er noch deutlicher wurde, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auch diesem Wunsch zu beugen.
»Allerdings«, sagte er. »Ein Andenken an meine Frau. Ich hab ihn seit unserem Hochzeitstag nicht mehr abgelegt.«
Aryandes stieß einen Seufzer aus. Sofort war der kleine Nubier zur Stelle, reichte ihm einen schön getriebenen Kelch, der mit Rosenwasser gefüllt war.
»Wir alle müssen Opfer bringen«, sagte der Satrap, nachdem er getrunken hatte. »Die Fremde fordert uns vieles ab - jedem Einzelnen von uns, wenngleich auch auf verschiedene Weise.«
»Eure Worte sind wie immer voller Weisheit, Herr«, erwiderte Numi vorsichtig. »Doch solch kleine Andenken an zu Hause können uns die Zeit in der Fremde versüßen. Ohne sie würden wir uns vielleicht noch heimatloser fühlen.«
Aryandes schien die Abfuhr geschluckt zu haben. Wie ein Kind, das mit bunten Murmeln spielt, begann er in den Edelsteinen zu wühlen, nahm einige in die Hand und hielt wieder andere gegen das Licht, um sich an ihrer Farbe zu erfreuen.
»Kennst du auch ihre Bedeutung?«, wollte er schließlich wissen. »Man sagt jedem Stein doch gewisse Eigenschaften nach.«
»Was meint Ihr genau damit, Herr?«
»Nun, manche von ihnen sollen Krankheiten lindern, andere unempfindlich gegen Trunkenheit machen, wieder andere die Manneskraft beleben.« Nachdenklich wog er den Karneol in seiner Hand. »Dieser hier zum Beispiel, fein pulverisiert, mit reinem Öl versetzt und mehr als ein Jahr an einem dunklen, kühlen Ort gelagert, soll in jener Hinsicht wahre Wunder bewirken. Ich habe allerdings munkeln hören, es gäbe dafür andere, noch weitaus trefflichere Mittel.« In seine Augen kam ein Glitzern. »Am besten geeignet soll das Fell einer weißen Katze sein. Ist dir das auch schon einmal zu Ohren gekommen, Numi?«
»Bedaure, nein, Herr«, sagte der Händler schnell.
»Beschaff uns so ein Fell!« Die fleischigen Lippen verzogen sich zu einem lüsternen Lächeln. »Ja, das ist es, was wir möchten: ein Katzenfell, so weiß und rein wie die schneebedeckten Gipfel unserer geliebten Heimat. Wie lange wirst du dafür brauchen?«
»Das kann ich beim besten Willen nicht sagen, Herr!« Ausgerechnet das von ihm zu verlangen grenzte an blanken Wahnsinn! »Euch ist doch sicherlich bekannt, dass die Ägypter ihre Katzen über alles lieben und sie …«
»Noch vor dem Großen Fest? Das sollte doch möglich sein, wenn du dir nur genügend Mühe gibst. Und mach es ebenso gut wie mit deinen bunten Steinen. Nein, mach es noch besser! Du musst wissen, diese Angelegenheit ist uns äußerst wichtig.«
»Der Zeitpunkt, Herr, wenn Ihr erlaubt, erscheint mir allerdings denkbar ungeeignet angesichts …«
»Wir haben genug von deinen Einwänden!« Aryandes begann ungeduldig mit seiner Hand zu wedeln, als gehe es darum,
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