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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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geschnappt?«
    »Nein«, sagte eine tiefe Stimme, die Befehle geben gewohnt war. Ein Mann zerrte den Jungen am Arm von der Tür weg, lächelte Beetz entschuldigend an und sprach auf den Kleinen ein. »Fabian, die Frau Kommissarin muss arbeiten. Wir feiern Geburtstag. Los komm!«
    »Ich will aber mit ihr reden.«
    Fabian quengelte. In ihrer frühen Jugend hatte Beetz auch gebockt und sich bei solchen Gelegenheiten einfach auf den Boden geschmissen. Ihre Familie war damals sorgfältig über sie hinweggestiegen, bis sich Bockfränzi wieder ausgebockt hatte.
    »Kann ich dich mal besuchen?«
    Damit wurde der interessierte Knabe ins Wohnzimmer abgeschoben.
    »Später vielleicht.«
    Der Mann kam noch einmal zurück und hob bedauernd seine Schultern, »’tschuldigung, Fabian liest gern Sherlock Holmes und Detektiv Pinky.«
    Beetz tat der so brüsk abgeschobene Junge leid. Jungs waren oft fasziniert von ihrem Beruf, alles, was mit Polizei zu tun hatte, fand ihr Interesse. Warum sollte sie ihm nicht seine Fragen beantworten? Sie zog eine Visitenkarte aus ihrer Brieftasche. »Sagen Sie ihm, er kann mich gern einmal anrufen.«
    Der Mann nahm die Karte. »Sie wissen nicht, was Sie sich damit aufladen.«
    »Schon gut.« Doch Beetz bedauerte schon jetzt ihre spontane Zusage.
    Der Mann verschwand. Anita Demand kam aus dem Flur und hielt Beetz ihren Personalausweis wie eine Monstranz entgegen. Die Kommissarin las die Personalien mehr als ein Mal. Anita Demand. Geutebrückstraße. Moniques Angaben stimmten. Aber offensichtlich kannte Anita Demand Schwester Monique nicht.
    »Sie arbeiten wirklich nicht im Krankenhaus Machern?«
    »Nein.« Anita Demand klang inzwischen zunehmend gereizt, dann rief sie laut. »Tobias! Tobias, kannst du noch einmal kommen?«
    Aus dem Wohnzimmer trat noch einmal der Mann mit der tiefen Stimme, der Fabian keine Fragen gestattet und einfach abgeschoben hatte. Anita Demand stellte sich vor ihn hin und fragte zu betont und zu laut. »Wo arbeite ich?«
    »Sparkasse Karl-Liebknecht-, Ecke Hohe Straße, seit fünfzehn Jahren.«
    »Wie heiße ich?«
    »Anita Demand. Du bist seit zwölf Jahren mit mir verheiratet.« Tobias grinste und empfand diese Befragung offensichtlich als Scherz.
    »Ich soll gestern Nacht einen gewissen Frank Stuchlik erwürgt haben.«
    Tobias’ Grinsen war weggeblasen. »Ich hör wohl nicht recht. Gestern Nacht?«
    »Ja.«
    »Ausgeschlossen. Wir haben Boxen geguckt und danach gevögelt. Zeugen haben wir nicht für das Alibi.« Die beiden blickten Beetz herausfordernd an.
    »Kennen Sie jemand, der im Neurophysiologischen Rehabilitationszentrum in Machern arbeitet?«
    Anita und Tobias Demand schauten sich an. Das »Nein« kam wie aus einem Munde.
    »Arbeitet dort auch eine Anita Demand?«, fragte der Gatte.
    »Ja. Zumindest hat man mir das erzählt.«
    »Mich kann es aber nicht zweimal geben.«
    »Und schon gar nicht unter dieser Adresse«, sagte Tobias. »Wir können nicht helfen, meine Frau war zu Hause. Wir haben nicht Boxen geschaut und nicht gevögelt. Wir haben in der Küche gebacken, gekocht und gebrutzelt. Oma sollte sich freuen, und ihre Gäste. Und nun kommen Sie …«
    »Entschuldigung.« Im Moment konnte sie hier nicht weiterkommen. Vielleicht sollte sie Fabian, den kleinen Detektiv, aufs Alibi der Eltern ansetzen. Beetz reichte den Demands die Hand zum Abschied. »Ich werde Sie noch einmal befragen müssen.«
    »Wir werden nichts anderes sagen.«
    »Grüßen Sie Ihre Mutter und wünschen Sie ihr alles Gute.«
    Beetz ging. Im Hof vorm Balkon der Demands schrien die Jungen, dass ein Loch bis zum Feuer im Mittelpunkt der Erde zu graben einfach unmöglich sei. Sie gaben auf.
    »Habs gleich gesagt.«
    »Arschloch. Dein Vater erzählt so einen Quatsch.«
    Eine Schaufel flog über den Sandkasten.
    »Vulkane im Garten!«

9
    Als Konstantin Miersch die Tür öffnete, umfing ihn eine für einen Gastraum unangemessene Dunkelheit und eine bäuerlich-rustikale Atmosphäre. Balken waren sichtbar wie in einer Scheune.
    Gestühl und Theke erinnerten an die Stuben der Landbevölkerung vor hundertachtzig Jahren. Das Holz der Wände war dunkel gebeizt. Die wenigen Lampen verbreiteten schummriges Licht. An den Wänden hingen Bilder mit einschlägigen Motiven. Heuernte. Frühstück im Felde. Eine sozialistische Traktorenparade. Miersch sah Dreschflegel, Trockenblumen, Strohhüte und -puppen. In Regalen Butterdosen, Eierbecher und Bierhumpen aus Porzellan. Im Raum herrschte eine fast unnatürliche

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