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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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einen eisgekühlten Bandol. Es reichte völlig, wenn sie gegen Abend oder morgen zu Hause einträfen. Es gab ohnehin keinen, der auf sie wartete. Papa dirigierte die Festspiele in Luzern, und Mama probte für ihren Liederabend in Aix-en-Provence.
    Maria saß auf dem Bett, in dem sie die Nacht mit ihm verbracht hatte, und lauschte auf das Wasserrauschen im Badezimmer. Ihre zerzausten Haare, die sie sich wieder hatte wachsen lassen, hingen ihr ins Gesicht. Erst hatte sie sich maßlos geärgert, als sie nach dem Konzert erfahren hatte, daß ausgerechnet Herzog der Vater jenes jungen und begabten Komponisten Joachim Tennbergen war, dessen Orchesterstücke sie zuvor dirigiert hatte. Irgendwie fühlte sie sich hintergangen. Doch konnte sie Joachim einen Vorwurf machen, daß er unter dem Mädchennamen seiner Mutter komponierte, weil sein Vater, dieses Scheusal, für seine Art Musik nur Spott und Häme übrighatte? Als er ihr das verlockende Angebot machte, in Saint-Tropez an seinem neuen Projekt mitzuarbeiten und dafür auch noch bezahlt zu werden, fühlte sie sich nicht nur geschmeichelt. Eine günstigere Gelegenheit, dem Alten einen Denkzettel zu verpassen, würde so schnell nicht wiederkommen.
    Sie setzte sich auf den Bettrand und zog ihr Höschen an. Sie wollte angezogen sein, bevor Joachim nach dem Duschen zurück ins Zimmer kommen würde. Sie sprang aus dem Bett, und während sie im Schrankspiegel die Tür zum Badezimmer im Auge behielt, zog sie in aller Eile das T-Shirt aus und schlüpfte in ihren Büstenhalter. Sie hielt inne und betrachtete sich kritisch, mit dem bewußten Narzißmus einer jungen Frau, die stolz auf ihren Körper war. Ihre Taille war noch nie so schmal gewesen, und ihre Haut war glatt und schimmerte wie in Olivenöl getaucht. Trotzdem hatte sie, der artemisischen Göttin gleich, bei allen ihren Affären immer ein Problem damit gehabt, sich nackt zu zeigen. Als er ihr in der Nacht zu guter Letzt auch noch das T-Shirt ausziehen wollte, war sie wie panisch aus dem Bett gesprungen und hatte sich auf den Balkon geflüchtet.
    Dabei mochte sie seine schlanken Hände, mit denen er Klavier spielte, und mußte immerzu verstohlen sein einnehmendes Profil betrachten, als sie neben ihm im offenen Cabrio auf kleinen Nebenstraßen die Alpen überquerten und der Wind in seinen Haaren spielte. Sie ließ sich von ihm küssen und umarmen, mochte, wie seine Haut nach frischer Luft und Staub roch, und liebte es, wenn er sie zum Lachen brachte bei den intimen Abendessen in kleinen Landgasthöfen wie diesem, in dem sie gestern abend abgestiegen waren.
    Sie schliefen in getrennten Zimmern. Ein sanfter Luftzug, der die Nachthitze kaum kühlte, drang durch die offene Balkontür, in der sie, wie in einem Rahmen, das Massiv der Sainte-Victoire im Mondlicht silbern schimmern sah. Sie hatte sich ganz dem Zauber der mediterranen Nacht hingegeben, den Gerüchen und Geräuschen, die sie aus ihrer Kindheit kannte. Zikaden schrillten, und Hunde bellten in der Ferne. Da hörte sie ein Knacken vor der Tür, und ihr Herz fing an zu schlagen. Der unsichtbare Pan war ganz in ihrer Nähe.
    Am nächsten Morgen wußte sie, daß es ein Fehler war, mit ihm geschlafen zu haben. Dabei war sie alles andere als prüde. Sie hatte nachgegeben, weil es sich wie von selbst ergeben hatte. Doch wenn sie weiterhin mit ihm arbeiten wollte, mußte sie besonnener sein.
    Sie nahm eine Bürste, um sich die zerzausten Haare auszukämmen, und dachte, während sie ihr Profil betrachtete: W ie stelle ich es nur an, ihn nicht zu enttäuschen? Ich mag ihn. Aber ich bin nicht verliebt in ihn. Ihre Lockenpracht war in der Nacht so in Unordnung geraten, daß sie mit der Bürste kaum durchkam. Sie riß und zerrte an den Haaren, bis ihr die Kopfhaut weh tat. Plötzlich wurde sie auf alles wütend, auf sich, auf das zerknüllte Bettuch, seine Jeans, die wie ein Häufchen Elend auf dem Teppich lagen, auf dem sie mit nackten Füßen stand und vor dem sie sich genauso ekelte wie vor den billigen Tapeten und dünnen Wänden des Zimmers, durch die man alles hören konnte.
    Sie schlüpfte in ihr helles Sommerkleid, schnallte sich den roten Gürtel um die Taille und öffnete die Tür zum Flur. Kaffeeduft zog durch das dunkle Treppenhaus und der süßliche Geruch von aufgekochter Milch. Sie überlegte, ob sie schon alleine runtergehen solle. Doch dann fiel ihr ein, daß sie sich ja noch nicht einmal gewaschen hatte, weil Joachim wie ein kleiner Junge im Wasser planschte und das

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