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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Falls du dich weigern solltest…«
    Sie unterbrach sich und legte sich erschöpft aufs Kanapee. Franziska kämpfte gegen die Tränen an. Sie gönnte ihrer Mutter nicht den Triumph, sie weinen zu sehen. Sie holte tief Luft und fand die Kraft, die Tränen zurückzuhalten. » Weiß Papa davon– ich meine, wie du über Karl denkst?«
    Fanny schüttelte den Kopf. » Und ich möchte auch nicht, daß du mit ihm darüber sprichst, sonst werde ich dafür sorgen, daß Karl auf der Stelle das Haus verläßt.«
    Franziska nickte gehorsam. » Wie du willst, Mama!«
    » Du darfst gehen, aber erst komm her zu mir, damit ich dir einen Kuß geben kann.«
    Sie nahm Franziska in die Arme und küßte sie mehrmals auf beide Wangen. Verwirrt ließ Franziska es mit sich geschehen. Der Überschwang an Gefühlen stand in einem seltsamen Widerspruch zu den Vorwürfen, die sie sich von ihrer überspannten Mama hatte anhören müssen.
    Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, mußte sie sich gegen die Wand lehnen, um nicht umzufallen. Da hörte sie im Zimmer ein lautes Aufschluchzen, und die Tränen schossen ihr in die Augen. Sie mußte sich zusammennehmen, um nicht zurückzustürzen und sich ihrer Mutter zu Füßen zu werfen.



Central Park – am Mittwochnachmittag
    Franziska schwieg. Sie hielt die Hand gegen die Sonne schützend vor die Augen und blickte zu der Hochhausfassade hinüber, die den Central Park an seiner Südseite begrenzte und sich in der Wasseroberfläche des » Pounds« dunkler als der Himmel spiegelte. Von seinem Horst auf dem Dach des St. Moritz Hotels aus machte ein Wanderfalke Jagd auf die von den Parkbesuchern gemästeten Tauben.
    » Sehen Sie das Falkenweibchen, wie es auf dem Simsvorsprung der Dachgauben herumstolziert? Es ist aufgewacht und hat Appetit bekommen.«
    Joachim folgte ihrem Fingerzeig. » Woher wissen Sie, daß es ein Weibchen ist?«
    » Weil meistens nur die Weibchen jagen. Die Männchen sind ein Drittel kleiner und haben deutlich weniger Lust darauf. Passen Sie auf! Sehen Sie, jetzt hat es den Taubenschwarm am Seeufer erspäht.«
    Sie deutete auf den Raubvogel, der über dem See kreiste, die Flügel anlegte und sich im Sturzflug auf die Taubenschar stürzte, die in panischem Entsetzen von ihrem Futterplatz aufflog. Mit ungeöffneten Füßen krachte er nur wenige Meter über einem Ahorndickicht mit einer Taube aus dem aufgestöberten Pulk zusammen, daß die Federn stoben und man den dumpfen Ton des Zusammenpralls bis zum entgegengesetzten Ufer hören konnte.
    » Auf den Dächern der Hotels entlang der Central Park South haben sich zwei Falkenpärchen angesiedelt und machen Jagd auf Tauben. Die Parkverwaltung ist heilfroh darüber, weil die Vögel das Reiterstandbild an der Grand Army Plaza mit ihrem Kot verdrecken. Manchmal komme ich nach dem Lunch hierher, um ihnen bei ihren todbringenden Flugmanövern zuzusehen– aus Heimweh sozusagen.«
    » Aus Heimweh? Wieso…«
    » Sie erinnern mich an meine Kinderzeit. Schon von klein auf war die Falkenjagd für mich ein ebenso grausames Vergnügen wie ein Vergehen an der Wildheit der Natur gewesen. Mein Vater war ein passionierter Falkner, eine Leidenschaft, die er mit seinem fürstlichen Nachbarn Esterházy teilte. Sie liebten es, sich zu übertreffen und mit diesem prunkvollen Spektakel ihre Jagdgäste zu unterhalten, bis dann die Nazis kamen und dem allem ein Ende machten. Wir hatten immer mehrere abgerichtete Vögel in einem eigens dafür errichteten Falkenhaus hinter der Orangerie, die von Táta Tomory, einem alten Falkner aus der Woiwodina, gehegt und trainiert wurden– Luxustiere, die viel Pflege brauchten. Karel war fasziniert von ihrer gezähmten Wildheit, und da für die Sommergäste eine Beizjagd vorgesehen war, wußte ich natürlich, wo er sich herumtrieb.«

Neusiedler See – Sommer 1922
    Da s unangenehme Gespräch mit ihrer Mutter hatte Wirkung gezeigt, und sie sah Karl mit anderen Augen. Die Erinnerung an die Art, wie er sie im Spiegel angestarrt hatte, trieb ihr nachträglich die Schamröte ins Gesicht. Sie war auf ihn und ihre Mutter ebenso wütend wie auf sich selbst, und da sie sich noch immer nicht klar darüber geworden war, wer ihren Stolz und ihre Selbstachtung mehr verletzt hatte, sein voyeuristischer Blick oder Mamas kränkende Unterstellung, sie würde sich ihm an den Hals werfen, beschloß sie, es bei nächster Gelegenheit beiden heimzuzahlen.
    Als sie zur Orangerie kam, sah sie ihn am Rand einer Wiese stehen, die hinter dem

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