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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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durchschaut allmählich unsere Maskerade.«
    » Wie kommst du darauf, Victor?«
    » Er hat durch Cosmo recherchieren lassen, welche Agentur Ben und seiner Tochter die Israeltour vermittelt hat. Auch bei mir.«
    » Und du?«
    » Habe geschwiegen wie ein Grab! Cosmo müßte bloß in Tel Aviv anrufen.«
    » Karl wollte mich heute morgen nicht gehen lassen, nicht, bevor ich ihm verraten würde, was ich so Geheimnisvolles mache. Als er nichts aus mir herausbrachte, führte er sich wieder einmal auf wie Rumpelstilzchen…«
    Sie stockte, denn Gudrun war bei Ben, dem letzten in der Reihe, angelangt, dem einzigen Jungspund unter all den Grauköpfen, und hatte ihn in ihre Arme geschlossen.
    » Dann wären wir also soweit. Auf in den Kampf, Soldatin!«
    Maria holte tief Luft und stand auf.
    » Lampenfieber?«
    Sie nickte und nahm seine Hand. » Daß es kaum noch zum Aushalten ist. Wie sehe ich aus?«
    » Wie Kriemhild, als ihr Brünhilde auf der Kirchentreppe begegnete.«
    » Und wer hat gewonnen?«
    Lassally zuckte mit den Schultern. » Es endete mit einem Gemetzel!«
    » Mach keine Witze! Hilf mir lieber.«
    » Sorry, aber da mußt du jetzt alleine durch.«
    » Ich hoffe nur, sie kann keine Gedanken lesen.«
    » Was soll’s, wenn du es ehrlich mit ihr meinst?«
    Maria nickte. Sie hatte es mit ihrer Einladung aufrichtig gemeint, nachdem sie sich entschlossen hatte, den Familienzwist im Hause Herzog aus der Welt zu schaffen. Doch zur Versöhnung gehörten zwei, und sie zweifelte, ob Gudrun überhaupt daran gelegen war. Sie ging, gefolgt von Lassally, auf Gudrun zu, die ihr mit zögerlichen Schritten entgegenkam.
    Gespannte Stille herrschte im Saal. Keine der beiden Frauen wagte als erste den Bann zu brechen, bis schließlich Lassally Maria einen kleinen Schubs versetzte. Es war an ihr als Gastgeberin, das peinliche Schweigen zu durchbrechen. Sie hatte sich ein paar unverfängliche Begrüßungsworte zurechtgelegt. Doch als sie in Gudruns wasserblaue Augen blickte, die sie wie aus Schießscharten musterten, schwand ihre Hoffnung, daß sie ihr je verzeihen würde. » Schön, daß du gekommen bist.«
    Gudrun hingegen wich ihrer Willkommensgeste aus, als müsste sie erst Atem holen. Zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren blickte sie Maria in die Augen und war bestürzt über das Ausmaß ihrer eigenen Eifersucht, die ihr um so erschreckender schien, als sie sie all die Jahre unterdrückt hatte. Wonach sie mit forschenden Blicken in Marias Gesicht suchte, war allein jenes Bild der jüngeren Rivalin, das sie mit obsessiver Zwangsvorstellung heraufbeschworen hatte, als sie die Kajüte des Segelboots vom Balkon des Hotel Sube aus beobachtete, während sie auf Joachim gewartet hatte. Die Phantasien von damals flackerten wieder in ihrem Kopf, mit einer Intensität und Klarheit, als wäre das gerade eben erst geschehen: Marias Kopf wie eine antike Münze auf dem Kopfkissen, ihr geöffneter Mund, die aufgeworfenen Lippen, die stöhnend die Luft einsogen, ihr nackter Körper willig hingebreitet, ihre gespreizten Schenkel, ihre muskulösen Beine, die seinen Leib umklammert hielten– genug!
    Sie hatte das Gefühl, in eine Falle geraten zu sein, hatte sie sich doch vorgenommen, keinem, nicht einmal Johanna, ihr wahres Innerstes zu zeigen, weder den Grad ihrer Verletztheit noch den Abgrund der Erniedrigung, womit sie all die Jahre nicht zurechtgekommen war. Sie hatte Angst, Maria könnte ihre Eifersucht bemerken, und war um Schadensbegrenzung bemüht. Es fiel ihr nicht leicht, ihr bezauberndes Lächeln aufzusetzen, die Nasenwurzel zu kräuseln und ihre kleine Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen sehen zu lassen. » Danke, meine Liebe, daß du mich eingeladen hast.«
    Sie gab sich in ihrem blauen Leinenkleid wie eine schüchterne Lehrerin, die zum ersten Mal vor ihrer neuen Klasse steht, und lächelte verlegen. Maria lächelte zuckersüß zurück. » Dann also, sei willkommen.«
    Die beiden Frauen berührten sich an den Schultern, ohne den letzten Schritt getan zu haben, näherten ihre Wangen einander, vermieden, sich dabei zu berühren, und hauchten angedeutete Küßchen in die Luft.
    Maria hatte das Getue ihrer Kontrahentin nur allzu leicht durchschaut. Sie war heilfroh, die erste Begegnung mit einiger Bravour über die Bühne gebracht zu haben. » Und unser Jubilar glaubt doch tatsächlich, ich hätte verhindern wollen, daß du kommst!«
    Zur Überraschung aller brach sie in Gelächter aus, so ansteckend, daß selbst Gudrun darin einfiel.

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