Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter
wenn ihm ein halb Betrunkener zutrank und zwanzig Männer in einer Schenke auf seine Antwort lauerten; und verdächtig war jede Stimme am Abend vor den Fenstern der Quartiere für die Männer.
In der Stadt Rom breitete sich jetzt brütende Hitze aus; eine schwüle Hitze, die sich auf Herz und Lungen legte und den Verstand lähmte. Die Festungen der Adeligen lagen wie Riesentiere in der Stadt, und der nächtliche Tritt von Truppen in den Gassen verkündete, dass der Feind Zuzug erhielt und täglich stärker und stärker wurde - Truppen aus Florenz, Truppen aus Neapel. Tritte, Rascheln, Flüstern und Raunen in den Gärten um den Lateranpalast.
Das Fieber kam in der Nacht vor Pfingsten wieder, begleitet von Schüttelfrost und Schweißausbruch. Am frühen Morgen des Pfingstsonntags war das Gesicht des Königs fast gespenstisch bleich. Ich wusste, es würde sich im Laufe des Tages verfärben, fast unnatürlich rot werden. Sein Puls schlug unregelmäßig, sein Blick war verstört und suchte Hilfe.
Aber er lachte: »Ein wichtiger Tag heute. Wir werden sie kriegen, die Lumpen, die Unsere Krönung verhindern wollen.«
Er brauchte Gewissheit. So legte er an diesem Pfingstsonntag, dem 14. Mai, den geladenen römischen Herren die Frage vor, wer für ihn sei und wer gegen ihn.
Alle Herren erklärten sich für ihn. Denn hinter dem König standen Ritter mit gezücktem Schwert und Männer mit gespannter Armbrust. Als Beweis forderte er von allen die Herausgabe der Familienfestungen. Die Herren wurden stumm, als sie hörten, was da von ihnen verlangt wurde.
Heinrich VII. aber brauchte diese Stadtburgen unbedingt, wenn er sich in Rom behaupten wollte, und das wollte er mit allen Mitteln. Zögernd wurden ihm endlich das Kolosseum und einige Türme am Abhang des Quirinal übergeben. Aber viele - auch bis dahin ihm wohlgesonnene - Burgherren mussten dazu gezwungen werden. Den König, aus welchem Grund auch immer, zu unterstützen war das eine, ihm die eigene Festung zur Verfügung zu stellen, etwas anderes. So trieb der König viele auf seiner Seite in das Lager des Feindes.
Am folgenden Tag war das Fieber fast ganz geschwunden, der Blick des Königs klar.
Doch trotz aller Widerstände: Heinrich VII. saß in der Stadt und würde sie nicht aufgeben. So ließ der Feind ihm am 18. Mai seine Forderungen übergeben. Ein Angebot: Man stimmte der Krönung zum Römischen Kaiser endlich zu; der Herrscher habe sich jedoch nach den Feierlichkeiten samt seinem Heer binnen vier Tagen aus Rom zu entfernen. War die Krönung schon nicht zu verhindern, sollte Heinrich wenigstens keine Gelegenheit haben, als frischgebackener Kaiser gleich vor Ort in die italienische Politik einzugreifen. Natürlich war diese Forderung für einen Herrscher unannehmbar - die Kaiserkrönung wäre dann besser unterblieben.
Dann eine neue vorsätzliche Hürde. Die Kardinäle verkündeten, zu einer Krönung im Lateran nicht befugt zu sein: Krönungskirche der Römischen Kaiser sei schon immer die Kirche des heiligen Petrus im Vatikan gewesen. Der Vatikan aber lag inmitten der Gebiete von königsfeindlichen Familien. Papst Clemens selbst residierte ja in Avignon, ihn konnte man nicht fragen.
Der König, der das Fieber wieder steigen fühlte, musste daher den Zugang nach St. Peter mitten durch die Stadt für sich frei-kämpfen.
Auf dem Weg dorthin war die wichtigste Festung auf dem Hügel des Kapitols, die Stadtburg von Rom, die nur erstürmt werden konnte, wenn man zuvor das Kloster Ara Coeli eingenommen hatte.
Tagelang dauerten die Kämpfe. Leitern wurden an Gebäude gelegt, wo sonst für den rechten Weg zum Himmel gebetet wurde; Marmorblöcke stürzten herab auf Stürmende, wo einst Augustus triumphiert hatte; Feuer fraßen um sich an Orten, an denen Cicero geredet hatte; Blut rann über Schwellen, über die schon Julius Caesar gegangen war; Armbrustbolzen prallten auf Mauern, in denen die ersten Christen gebetet hatten. Männer stürzten sich umklammernd und schreiend in die Tiefe, wo vor vielen hundert Jahren die Kelten vergeblich die Burg Roms belagert hatten.
Der Feind auf dem Kapitol kapitulierte am 25. Mai.
In der Nacht ließ mich der König rufen, seine Stirne glühte, der Puls jagte in unregelmäßigen Stößen, seine Hände waren nass: »Tu was!«, stöhnte er.
Ich gab ihm einen sehr kräftigen Sud von Weidenrinde, bei dem er jetzt deutlich das Gesicht verzog: »Hast du nichts Besseres?«
Ich gab ihm zusätzlich wieder Salbei und Sud
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