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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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sie Leute mit Muskeln und die sich was trauen, sagt der. Dafür bezahlen sie viel Geld.
    Wer sucht? Wer bezahlt gut? Wofür bezahlen sie gut?, fragst du. Klingt nicht schlecht.
    Nach Italien, sagt dein Herr. Die Kaufleute suchen Männer, die was in den Armen haben. Nicht leicht - aber du kannst zupacken, sagt er. Also probier’s. Geh zum Herrn Humpis, der hat den dicksten Geldsack in Ravensburg -
    Ravensburg - zwei, drei Tage zu Fuß, kräftig ausgeholt.
    Dieser Herr Humpis redet kein Wort mit dir. Er schaut einfach über dich weg und winkt mit dem Kinn einem dürren Kerl, ist wohl sein Schreiber. Fängt gerade an zu regnen. Dann verschwindet er im Haus. Und du stehst da und glotzt.
    Also kurz, der Kerl stellt dich ein, knallt dir sogar ein paar Weißpfennige auf die Kralle, dass es dich fast umhaut - kannst du das Geplärre zu Hause vergessen. Einen Wagenzug sollst du begleiten, von Ravensburg nach Mailand.
    Über die Alpen.
    Sagt der einfach so: über die Alpen. Was das aber heißt, über die Alpen - keine Ahnung hast du.
     
    Also, du stehst da zur vereinbarten Zeit. Deine Mutter hat dir mit Weihwasser das Kreuz auf die Stirn gemalt, damit du heil wieder-kommst. Dein Vater, das Schwein, liegt noch besoffen im Bett. Aber du! Deinen kleinen Geschwistern hast du jedem einen Honigkringel mitgebracht und die Weißpfennige gezeigt, und die halten dich auf einmal für den Herzog selbst.
    Deine Mutter hat dir noch ein paar Fetzen zusammengenäht, damit du in Italien nicht herumläufst wie eine Vogelscheuche. Von den Weißpfennigen hast du dir Stiefel machen lassen. Ein paar Weißpfennige lässt du zurück. Und es gibt noch mehr Weißpfennige, wenn du heil zurückkommst.
    Keinen Gedanken hast du darauf verschwendet, keinen einzigen: wenn du heil zurückkommst -
     
    Hol dies, hol das!, heißt es dann. Bind das fest, füttere die Pferde, nimm diesen Sack zuerst, nein, den, noch einen Strick drumrum. Weißt du nicht, wie man einen richtigen Knoten macht? Stärker anziehen, du Hanswurst, wer hat denn dich eingestellt!
    Die anderen Knechte sind alle älter als du, alle schon in Italien gewesen.
    Geht das nicht schneller? Schlaf nicht beim Gehen, steh nicht im Weg rum, tu was! Muss alles noch auf den Wagen, also ein wenig plötzlich. Und so geht das den ganzen Tag, und am Abend tut dir jeder Knochen weh. Du schläfst im Stall auf dem Stroh, da ist es wenigstens warm, aber es ist Sommer - August. Stinkst du bald nach Pferd wie ein Misthaufen - aber besser als nach Rindvieh.
    Und dann geht es los.
    Die Sterne leuchten noch, als sie dich herausschreien, aber da ist schon ein heller Schimmer über den Giebeln. Endlich, Pferde anschirren. Gähnend führst du einen Gaul aus dem Stall. Die anderen Knechte gähnen auch. Nur du darfst nicht gähnen: Schaut euch den Faulenzer an, heißt es. Muss man dir einen Kübel Wasser -
    Dein Wagen! Ganz schön schwer sind die vielen Ballen von Leinwand aus dem blauen Allgäu - heißt blau wegen der Flachsblüte, hast du einmal gehört.
    Und wie höllisch sie aufpassen, dass alles am richtigen Platz ist, dass nichts verrutscht, dass der Wind den Regen nicht durch die Ritzen bläst und das ganze Zeug verfault.
    Viel kostbarer sind die Pelze, die wir laden. Die meisten kommen hoch aus dem Norden, dort ist es kalt, und die Pelze sind warm - aber teuer! Und mordsteuer sind auch die Scheiben von weißem Salz, und wehe, da dran kommt ein Tropfen Wasser!
    Den ganzen Tag habt ihr geladen, fünf Wagen voll.
    Aber dann in der Nacht haben sie noch etwas verstaut, ohne die Knechte - darf kein Mensch wissen. Du warst nicht dabei - keiner war dabei, und sonst lassen sie euch jeden Dreck machen. Am Morgen liegt es sauber verpackt im dritten Wagen von unseren fünfen, ganz unten, massig und mordsschwer. Du merkst es daran: Einer der Ballen klemmt, und du willst ihn verrücken, aber du drückst, dass dir schier der Arm abbricht, und du schaffst es keinen Finger breit.
    Was ist denn das für ein Klotz?, fragst du den Großknecht.
    Aber der: Geht dich einen Dreck an!
    Unser Zug: also teuer, teuer, teuer! Das zeigen schon die Reiter am Anfang und am Ende: das bewaffnete Geleit! Ein Ritter führt es an - ein Kerl mit Harnisch und Schwert, der sieht dich nicht und spuckt aus, wenn du etwas zu ihm sagst.
    Denkt natürlich jeder: Könnt ich auch brauchen, das Zeug auf den fünf Wagen! Aber wie kriegt er es herunter, ohne dass sie ihn erwischen und an den nächsten Galgen hängen?
    Und wenn es einer doch versucht? Aber

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