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Augenblicklich ewig

Augenblicklich ewig

Titel: Augenblicklich ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Neuberger
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Eindruck vermittelte. Thomas hatte den Mann engagiert und sie gebeten, das Shooting zu begleiten. Die Deadline war eng und Thomas wollte keine bösen Überraschungen mit dem Neuen erleben. Polly selbst kannte nicht einmal seinen Namen oder seine Telefonnummer.

 
    Polly konnte den Fotografen schon von weitem erkennen. Er stand vor dem Hoteleingang und wartete, seine Ausrüstung neben sich. Zu einer dunklen Stoffhose trug er ein Hemd, Lederschuhe und eine abgewetzte Lederjacke. Polly hatte sofort den Eindruck, dass jemand, der eine so lässige Lederjacke besaß, sie normalerweise nicht mit einer Anzughose kombinierte. Der Fotograf schien nervös zu sein, denn er trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Vielleicht war er auch einfach nur ungeduldig, weil sie schon fünfzehn Minuten auf sich warten ließ. Offenbar hatte er Polly nicht kommen sehen. Als sie ihn ansprach, hob er überrascht den Kopf.
    »Hallo, ich bin Polly, die Journalistin. Entschuldige bitte die Verspätung. Ich habe verschlafen«, begrüßte sie ihn und streckte ihm ihre Hand entgegen.
    Der Mann starrte sie an und schwieg. Blickte ihr mit einer Intensität in die Augen, die beängstigend war. Ihre Hand ignorierte er vollkommen. Polly wurde augenblicklich unruhig und zog den Arm zurück.
    »Du...du bist doch Fotograf, oder?«, fragte sie, weil er bisher noch nichts gesagt hatte, sondern sie stattdessen unentwegt ansah. Im gleichen Moment ärgerte sie sich über ihr Gestammel. Sonst ließ sie sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Aber diese Augen. Sie schauderte.
    Der Mann schloss sie für einen kurzen Moment, öffnete sie wieder und sagte: »Hallo. Ich bin Sam. Der Fotograf.« Seine Stimme war tief und weich, beinahe liebevoll.
    »Schön, dich kennenzulernen, Sam. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.«
    Er musterte sie, als würde er nach etwas suchen. »Kennen wir uns nicht?«, fragte er langsam, ohne den Blick abzuwenden.
    Polly bekam eine Gänsehaut von der Intensität seiner Stimme. »Nein ... ich glaube nicht. Normalerweise kann ich mir Gesichter gut merken, besonders von Kollegen.« Sie lächelte. »Eine Berufskrankheit, schätze ich.«
    Sam war kein Mann, den eine Frau leicht vergaß. Er war groß, um einiges größer als Polly. Seine dunklen Haare reichten ihm bis über die Ohren und fielen ihm in störrischen Strähnen in die Stirn. Sein Gesicht war mit den markanten Zügen und dem viel zu schönen Mund nahezu perfekt. Nein, so einen Mann hätte Polly nicht einfach vergessen.
    »Erinnerst du dich denn gar nicht an mich, Polly?«, fragte er erneut, beinahe bittend, und hob eine Hand, als wolle er sie berühren, nur um sie gleich wieder sinken zu lassen.
    »Nein, entschuldige. Wann und wo haben wir uns denn getroffen?«, fragte Polly, verunsichert davon, wie vertraut ihr Name aus seinem Mund klang. »Vielleicht auf einer Tagung? Oder hast du ein Foto von mir neben einem meiner Artikel gesehen?«
    Er antwortete nicht. Stattdessen zuckte seine Hand wieder kurz in ihre Richtung. Dann straffte Sam die Schultern und der suchende Ausdruck verschwand aus seinen Augen. »Komm, lass uns reingehen. Er ist sicher schon sauer wegen der Verspätung.« Sam deutete auf die große Schwingtür des Hotels. »Hast du ihn schon kennengelernt?«
    Polly blinzelte. Das vertraute Gefühl war wie weggeblasen. Sams Stimme klang plötzlich vollkommen neutral, geschäftlich und absolut fremd für ihre Ohren. »Ja gestern. Ich habe das Interview schon geführt. Er ist, wie soll ich sagen? Langweilig.«
    Sam lächelte. »Dann bist du also heute nur hier, um mir über die Schulter zu schauen und nicht, weil der Mann dich so fasziniert?«
    Polly nickte. »Um ehrlich zu sein, ja. Hoffentlich macht dir das nichts aus. Ich bin nur eine stille Beobachterin. Versprochen.«
    »Schon okay. Ich habe nichts dagegen, wenn du mir bei der Arbeit zusiehst.« Wieder klang seine Stimme angenehm vertraut in Pollys Ohren.
    Sam packte sein Zeug zusammen. Sie betraten gemeinsam das Hotel. Sam steuerte die Aufzüge am anderen Ende der Hotellobby an. »Welcher Stock?«, fragte er.
    »Zimmer 303«, antwortete Polly und versuchte unterdessen, mit ihm Schritt zu halten.
    Die missbilligende Miene des Politikers verriet, dass Sam recht behalten hatte. Der Mann war tatsächlich ungehalten über ihre Verspätung. Während Sam sein Equipment aufbaute, trommelte er mit den Fingern auf die Schreibtischplatte und musterte Polly.
    »Gestern hat mir Ihre Kleidung besser gefallen«, stellte er

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