Augenblicklich ewig
zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es eben.«
Polly wartete auf eine Erklärung, aber Sam kramte bereits in seiner Tasche. Dieser Mann wurde von Minute zu Minute verwirrender. Und interessanter, wie sie erstaunt feststellte.
»Schreibst du mir deine Adresse auf?« Er hielt ihr einen Notizblock und einen Stift entgegen.
Wie altmodisch, schoss es Polly durch den Kopf, als sie nach beidem griff. Schnell kritzelte sie ihre E-Mail-Adresse auf den Block und reichte ihn Sam.
Dieser hob fragend eine Augenbraue. »Und deine Adresse?«
Polly verstand nicht sofort. »Du willst wissen, wo ich wohne?«, hakte sie schließlich nach, als ihr dämmerte, was er meinte.
»Natürlich«, antwortete Sam. »Wie soll ich dir sonst die Bilder schicken?«
»Per E-Mail«, entgegnete Polly und konnte sich nicht verkneifen nachzusetzen: »Du willst doch allein entscheiden, welche Bilder mir gefallen. Wenn du dir so sicher bist, schick mir einfach nur die drei besten. Die passen leicht in eine E-Mail.«
»Okay, die Herausforderung nehme ich an.« Er grinste und strich sich eine der widerspenstigen Strähnen aus dem Gesicht, die jedoch im gleichen Moment wieder auf ihren Platz auf der Stirn zurückfiel.
»Woher kennst du Thomas eigentlich?« Sie war neugierig.
»Ich kenne ihn nicht näher. Ich bin neu in der Stadt.«
»Wieso hat er dir dann den Auftrag gegeben? Ich hätte auch einen meiner üblichen Fotografen fragen können.«
Sam runzelte die Stirn.
»Oh, entschuldige, ich wollte nicht unhöflich sein. Ich bin sicher, du leistest ebenfalls gute Arbeit«, setzte Polly schnell nach.
»Wir werden sehen, was du zu meinen Fotos sagst«, antwortete er. »Thomas hat mich nicht engagiert. Ich habe ihn selbst angerufen und um den Auftrag gebeten.«
»Warum? Der Politiker ist nicht gerade ein interessantes Motiv, oder?«
»Ich schieße gerne Portraits. Welchen Beruf derjenige hat, ist mir eigentlich egal.« Sam zuckte mit den Schultern. Dann musterte er sie kurz. Er atmete hörbar ein. »Willst du einen Kaffee mit mir trinken, Polly?«
Polly klappte den Mund auf und wieder zu. Sie wurde nicht oft von Männern eingeladen. Sam lächelte zögerlich, wartete auf eine Antwort. Er war interessant. Sie hätte gerne seine Geschichte gehört. Allerdings verwirrte er sie auch. »Ich weiß nicht ...«, stotterte sie und schluckte. Dann fuhr sie mit sicherer Stimme fort. »Nein, es tut mir leid, ich kann nicht. Ich muss das Interview fertigstellen. Thomas braucht es schon morgen. Das wird ohnehin knapp.«
Sam nickte langsam. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. »Wenn das so ist, werde ich auf eine Gelegenheit hoffen müssen, dich wiederzusehen.« Er sammelte seine Taschen vom Boden auf und schickte sich an zu gehen.
»Warum dieser Job?«, fragte Polly schnell, bevor er außer Hörweite war.
»Ich wollte mit dir arbeiten. Auf Wiedersehen, Polly«, sagte er im Weggehen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Polly blieb völlig verdutzt zurück.
Zu Hause angekommen, machte Polly sich sofort an die Arbeit. Sie setzte sich an ihren alten Holztisch, der ihr zum Essen und als Arbeitsplatz diente. Sie schob Papiere, Zeitungen und Bücher beiseite und platzierte ihren Laptop in die entstandene Lücke. Dann fasste sie ihre Haare zu einem losen Zopf zusammen und kramte ihr Aufnahmegerät und ihre Notizen aus der Tasche. Kurz blätterte sie durch ihre Notizen. Sie dienten ihr als Absicherung, für den Fall, dass die Technik versagte. Lea bezeichnete sie deshalb gerne als altmodisch oder übervorsichtig, aber so war sie nun einmal. Sie hatte keine Lust, einem Interviewpartner oder dem Auftraggeber beichten zu müssen, es würde keinen Artikel geben, weil sie ihre Aufnahme verloren hatte.
Bei dem Versuch, ihre Maus aus einem Stapel von Rechnungen und Verträgen zu befreien und an den Laptop anzuschließen, rutschten einige der Blätter auf den Boden. Polly ärgerte sich. Eigentlich war sie nicht per se unordentlich oder sogar chaotisch. Im Gegenteil - in ihrem Job war sie sogar gut organisiert. Aber aus irgendeinem ihr vollkommen unverständlichen Grund suchte sie zu Hause ständig etwas und brachte damit ihre ganze Umgebung in Unordnung. Egal wie oft sie aufräumte oder sortierte, die Ordnung hielt nur selten länger als ein paar Tage. Polly schüttelte sich. Sie musste sich konzentrieren. Als sie ihren Laptop endlich geöffnet hatte, ließ sie die Aufnahme des gestrigen Interviews ablaufen und notierte sich erste Stichpunkte. Um die
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