Augenblicklich ewig
mein Leben auf den Kopf zu stellen. Sam, ich war bisher noch nicht einmal in deiner Wohnung, und du fragst mich, ob ich deinen Freund kennenlernen möchte? Natürlich will ich. Ich brenne darauf.«
Lachend rollte Sam sie auf den Rücken und lag nun halb auf ihr. »Ich bringe also dein Leben durcheinander?«
Noch bevor Polly antworten konnte, küsste er sie. Seine Lippen waren weich und lagen fest auf ihrem Mund. Ohne sich dagegen wehren zu können, verlor sich Polly in seinem Kuss, vergaß alles um sich herum. Als Sam sich von ihr löste, waren seine Augen noch dunkler als sonst und ein kaum wahrnehmbarer schmerzlicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Polly, deren Herz von dem atemberaubenden Kuss holperte, fühlte sich schuldig. Sie wünschte, sie könnte ihm geben, wonach er sich sehnte. Etwas nicht Greifbares in ihrem Inneren hielt sie jedoch zurück.
Am nächsten Morgen erwachte Polly aufgeregt. Sie würde Sams Freund kennenlernen, einen Teil seiner echten Welt – seines Lebens vor ihrer gemeinsamen Zeit. Nachdem sie gefrühstückt hatten, verabschiedete sich Sam, um seine Wohnung für Jakobs Besuch auf Vordermann zu bringen. In letzter Zeit war er nur dort gewesen, um zu arbeiten. Übernachtet hatte er stets bei Polly. Nun würde er zumindest die nächste Nacht dort verbringen, weil Jakob bei Sam bleiben wollte, um das Geld für ein Hotelzimmer zu sparen und mehr Zeit mit Sam zu verbringen. Sie hatte Sam während des Frühstücks mit Fragen gelöchert und erfahren, dass er und Jakob, der sein Geld als freier Grafiker verdiente, gelegentlich zusammenarbeiteten. So auch vor ein paar Wochen in Berlin. Darüber hinaus waren sie sehr gute, wenn nicht sogar beste Freunde, hatte Sam gesagt. In Berlin hatten sie einen Großteil ihrer Freizeit gemeinsam verbracht. Polly hatte jedes Detail aufgesaugt und hoffte inständig, durch Jakob noch mehr von Sams Leben in Berlin zu erfahren.
Sie waren erst zum Abendessen verabredet. Bis dahin würde Polly sich wohl oder übel noch gedulden müssen. Sie räumte ihre Wohnung auf, was erstaunlich schnell ging, wenn man bedachte, dass nun zwei Personen darin lebten. Zwar hatte Sam seine Sachen nach wie vor in seiner Wohnung, brachte jedoch täglich mehr davon zu Polly. Inzwischen stapelten sich Bildbände und Zeitschriften auf ihrem Esstisch, seine CDs lagen auf ihrer Anlage und seine Kleidung teilte sich gemeinsam mit der ihren den viel zu kleinen Kleiderschrank. Es hätte chaotisch sein sollen, war es aber nicht. Und Polly liebte es, Sams Sachen um sich zu haben, wenn er nicht bei ihr war.
Den Rest des Tages arbeitete sie. Sie erstellte sogar zwei längst überfällige Exposés für ein Magazin, die sie bisher vor sich hergeschoben hatte. Ihr war jede Ablenkung recht, die sie davon abhielt, auf den Zeiger ihres Weckers zu starren. Als es endlich an der Zeit für sie war, sich fertigzumachen, platzte sie beinahe vor Vorfreude. Unschlüssig darüber, was sie anziehen sollte – sie wollte von Jakob gemocht und als Sams Freundin willkommen geheißen werden – entschloss sie sich schließlich, sie selbst zu bleiben und wählte eine enge Jeans, eine weiße Hemdbluse und Pumps. Ihre Haare trug sie offen. Sam mochte sie so am liebsten. Ihr Make-up beschränkte sie auf ein Minimum: Rouge und Mascara, heute zur Feier des Tages ergänzt um den einzigen Lippenstift, den sie besaß – ein sattes Rot. Mit ihrem Spiegelbild zufrieden, lief sie zu Fuß zum Restaurant, das nicht allzu weit entfernt war. Auf halbem Weg zwischen seiner und ihrer Wohnung, hatte Sam ihr erklärt.
Die beiden warteten bereits vor dem Restaurant. Jakob war ein Stück kleiner als Sam. Mit seinen kurzen blonden Haaren und den blauen Augen sah er sehr gut aus. Typ Surfer, schoss es Polly durch den Kopf. Bei den beiden angekommen, zog Sam Polly sofort an seine Seite und küsste sie auf die Schläfe.
»Polly, darf ich dir Jakob vorstellen? Jakob, das ist Polly.«
»Hallo Polly. Du ahnst nicht, wie sehr ich mich freue, dich kennenzulernen.« Er streckte ihr die Hand entgegen.
Polly ergriff seine Hand. Sie mochte Jakob auf Anhieb. »Hallo, Jakob. Ich glaube, ich habe eine Vorstellung davon.« Sie zwinkerte Sam zu und lachte.
»Sollen wir?« Sam wies auf die Tür.
»Klar«, antworteten Polly und Jakob beinahe gleichzeitig.
Der Italiener gehörte zu Pollys Lieblingsrestaurants in der Stadt – und das nicht nur, weil er in direkter Nachbarschaft lag. Der Speiseraum war urgemütlich im Stil einer Trattoria
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