Augenblicklich ewig
eingerichtet. Sie ergatterten einen Tisch in der hintersten Ecke und unterhielten sich von der ersten Minute an wie alte Freunde. Jakob und Sam erzählten von ihrem Leben in Berlin und gaben Anekdoten von gemeinsamen Jobs zum Besten. Polly kannte einige der Chefredakteure ebenfalls und wunderte sich, weshalb sie und Sam sich nicht früher begegnet waren. Das Essen war köstlich und der Wein tat sein Übriges zur guten Stimmung. Polly selbst hielt sich zurück, während Sam und Jakob zwei Flaschen leerten. Es war schon spät, als sie sich die Rechnung bringen ließen. Wehmütig dachte Polly an die erste Nacht seit mehr als einem Monat, die ihr allein in ihrem Bett bevorstand. Sie würde Sam vermissen. Den gesamten Abend über hatte er immer wieder ihre Hand gehalten, mit ihren Fingern gespielt oder ihr einen flüchtigen Kuss auf die Schläfe gehaucht. Hatte deutlich gezeigt, wie sehr er sich mit ihr verbunden fühlte.
»Jakob, es war wirklich schön, dich kennenzulernen«, sagte Polly, als sie sich vor dem Restaurant verabschiedeten.
»Ganz meinerseits!« Jakob grinste breit. »Ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, endlich wieder eine Frau in Sams Leben zu sehen.«
»Jakob«, unterbrach Sam seinen Freund.
Polly erkannte an seinem mahnenden Tonfall sofort, dass etwas nicht stimmte. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus.
»Was denn, Sam? Ist doch wahr. Nach Sarah hast du niemanden mehr an dich rangelassen. Wir haben uns schon ernsthafte Sorgen gemacht. Sie hat dir das Herz gebrochen, schon klar, aber deshalb alleine bleiben? Ich freue mich aufrichtig für dich. Polly ist toll.« Wieder grinste er sie an.
»Jakob, es reicht.« Sam umschlang Pollys Taille und wollte sie an seine Seite ziehen. Widerstrebend ließ sie es zu. Für Jakob mochte sie zusammen mit Sam glücklich und harmonisch wirken, Sam aber musste den Gegendruck ihres Körpers spüren.
In ihrem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken. Sarah? Herz gebrochen? Worauf spielte Jakob an? Sie war überrascht und verwirrt. Irgendetwas stimmte ganz gewaltig nicht. Sie musste schlucken. »Sarah?«, fragte sie und ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Jakob schien den Tornado in ihrem Inneren nicht zu bemerken und hatte auch ihre Frage überhört. Der Wein raubte ihm offensichtlich einen Teil seiner Aufmerksamkeit. Deshalb wand sie sich blitzschnell aus Sams Umarmung und brachte Abstand zwischen sich und ihn. »Ja dann … es war schön, Jakob. Vielleicht sehen wir uns ja bald nochmal. Sam.« Sie nickte ihm zu, sah ihm jedoch nicht in die Augen. So schnell ihre Absätze es zuließen, hastete sie davon.
»Polly, warte«, hörte sie Sams Stimme hinter sich. Sie verlangsamte ihren Schritt jedoch nicht, und Sam folgte ihr nicht. Hätte sie keine hohen Schuhe an den Füßen gehabt, wäre sie sicher gerannt. Sarah. Es hatte eine Frau in Sams Leben gegeben, die ihm nahe genug gestanden hatte, um ihm das Herz zu brechen. Polly war übel, sie fürchtete sich jeden Moment übergeben zu müssen. Sie fühlte sich gedemütigt.
In ihrer Wohnung angekommen kickte sie die Schuhe von den Füßen und sank auf den Boden. Tränen liefen über ihre Wangen. Sie war wütend auf Sam und auch auf sich selbst, weil sie sich hatte einwickeln lassen, von seinem Charme, seiner Geschichte. Er habe sie sein Leben lang gesucht, auf sie gewartet, hatte Sam gesagt. Eine andere hatte er währenddessen in seinen Armen gehalten. Mit zweierlei Maß gemessen. Sie schauerte bei der Vorstellung von dieser Sarah, wie Sam sie küsste, sie an sich zog. Eifersucht war ihr bisher gänzlich fremd gewesen. Sie erkannte das Gefühl trotzdem sofort. Aber da war noch etwas anderes, das sich durch ihren Körper fraß, nicht nur Wut und die Vorstellung von Sam in den Armen einer anderen Frau. Sie fühlte sich betrogen, weil sie seine Geschichte geglaubt, ihm vertraut und sich in ihn verliebt hatte. Sie fühlte sich allein. Er hatte ihr die Wahrheit verschwiegen und damit ihre Beziehung verraten. Polly schluchzte. Wäre es ein anderer Mann gewesen, ein anderes Leben, dürfte sie nicht derart verletzt sein, das wusste sie. Jeder hatte eine Geschichte, eine Vergangenheit. In diesem Fall jedoch war sie Sams Vergangenheit und er hätte sich nicht in eine Sarah verlieben dürfen, wenn sie seine Seelenverwandte war. Er hatte von ihr gewusst. Tränen rannen über ihre Wangen, tropften an ihrem Kinn hinab auf ihre Hände, auf ihre Bluse. Warum hatte sie sich nur auf ihn eingelassen? Die
Weitere Kostenlose Bücher