Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
verlegen an seinem aus der Hose hängenden Hemdzipfel. »Ich wusste doch, dass ihr stinksauer auf mich seid.«
»Ich bin nicht sauer, ich bin …« Ich rang nach Worten und machte eine verzweifelte Geste mit den Händen, als könnte ich ihm durch Zeichensprache das Ausmaß meines Schmerzes verdeutlichen.
»Aura, bitte nicht weinen. Du weißt doch, dass ich das nicht ertrage.«
Ich fasste mir ins Gesicht und betrachtete überrascht meine feuchten Fingerspitzen. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich weinte. In den vergangenen Tagen hatte ich mich so an die Tränen gewöhnt, dass ich sie gar nicht mehr wahrnahm. »Wo warst du?«
»Überall, wo ich jemals in meinem Leben gewesen bin. Oh Mann, Aura, du kannst dir nicht vorstellen, wie cool das ist. Schau mal …«
Er war so plötzlich verschwunden, dass ich mich erschrocken am Geländer festklammerte. Die Kinder kicherten.
»Logan?« Ich versuchte, nicht in Panik zu geraten.
Im nächsten Moment stand er wieder vor mir. »Rate, wo ich gerade eben war? In Dublin!« Er breitete die Arme aus wie ein Zauberer nach einem besonders gelungenen Trick. »Ist das nicht der totale Wahnsinn?«
»Wow«, sagte ich, weil mir nichts anderes dazu einfiel.
»Ich habe dich vermisst, Baby. Du hast keine Ahnung, wie sehr.«
Logan stand so dicht vor mir, dass es ein Leichtes für mich gewesen wäre, ihn zu berühren, zu riechen, seinen Atem auf meiner Stirn zu fühlen. Und ihn zu küssen. Wäre er doch nur noch am Leben gewesen.
»Ich habe dich auch vermisst.« Ich vermisse dich immer noch! Mein ganzer Körper bebte. Wie war es möglich, dass es so wehtat, ihn endlich wiedergefunden zu haben? »Es war die Hölle, Logan. Warum bist du nicht zu mir gekommen?«
»Es tut mir leid.« Er fuhr sich durch die stacheligen blonden Haare. »Verdammt, wie konnte ich nur so ein Idiot sein? Ich werde alles wiedergutmachen, das verspreche ich dir.«
Die Kinder sahen uns mit großen Augen zu.
»Können wir vielleicht irgendwo alleine reden?«, flüsterte ich.
»Gute Idee.« Logan schob sich an mir vorbei (ohne dass ich auch nur einen Lufthauch spürte) und ging auf sein Zimmer zu. »Bis zum nächsten Mal, Leute«, verabschiedete er sich von seinen kleinen Cousins.
Elena zerrte am Spitzenkragen ihres Kleids. »Schwör, dass du wiederkommst!«
»Großes Indianerehrenwort.« Logan zwinkerte ihr zu.
Elena machte einen kleinen Luftsprung. »Hurra!«
Logan war schon halb durch die Tür geglitten und ich legte gerade die Hand auf die Klinke, um ihm zu folgen, als ich unten plötzlich das Klirren von zersplitterndem Glas hörte.
»Logan!«, rief eine Stimme.
Wir drehten uns um und sahen, wie Dylan immer zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hochgerannt kam. Auf den Fliesen in der Eingangshalle lag ein zerbrochenes Bowleglas in einer sich nach allen Seiten ausbreitenden roten Lache.
Logans Gesicht war angespannt, bis er sah, dass sein Bruder lächelte.
»Wo hast du gesteckt?«, rief Dylan. »Verdammt, Alter. Wir hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben!«
»Tut mir echt leid. Ich wollte euch das alles erst mal in Ruhe verdauen lassen.«
»Ruhe? Scheiße, wer braucht schon Ruhe?« Dylan strahlte. »Ich brauche meinen Bruder. Mann, ist das schön, dass du wieder da bist!«
Er ist nicht wirklich wieder da , dachte ich.
Von Dylans Worten angelockt, strömten plötzlich immer mehr Leute in die Halle. Als ich zu ihnen hinunterschaute, fühlte ich mich auf schreckliche Weise an die Nacht seines Todes erinnert.
»Seht nur!«, rief ein kleiner Junge und zeigte mit dem Finger auf uns. »Er ist hier! Logan ist hier!«
Ich schloss die Augen. Am liebsten wäre ich davongerannt und hätte mich versteckt … oder in einen Geist verwandelt.
Stimmen redeten durcheinander, riefen nach Logan. Manche klangen überglücklich, andere zögernd und verwirrt.
Und eine war voller Schmerz.
Mrs Keeleys Schrei hallte von der hohen Decke wider und ging mir durch Mark und Bein.
Als ich die Augen wieder aufschlug, war Logan verschwunden.
Achtes Kapitel
Megan kam am nächsten Tag so spät in die Schule, dass ich erst in der Mittagspause mit ihr reden konnte. Allerdings wusste ich schon, dass bei den Keeleys nicht gerade Hochstimmung geherrscht hatte, nachdem Logans Mutter in Ohnmacht gefallen war, weil Megan mir gegen Mitternacht noch eine SMS ( ICH WILL HIER WEG!!!! ) geschickt hatte. Gina und ich waren zusammen mit den anderen Trauergästen gegangen, aber die McConnells waren mit ihrer Tochter als
Weitere Kostenlose Bücher