Aureol: Nefilim KI 5 (German Edition)
Schein und die Intensität ihrer Strahlung beinahe spürbar auf meiner Haut waren. Dennoch fühlte ich keine Bedrohung oder Gefahr durch diese Tatsache. Es war ein äußerst eigenartiger Anblick.
»Was ist das für ein Ort?«
»Wir sind in der Leere zwischen den Galaxien und den Orten, an denen sie sich häufen, viele Millionen Lichtjahre von Raronea entfernt.«
Ich lachte. »Nein, mal ernsthaft. Sind wir noch in ...« ich musterte Sieraas ernste Mimik.
»Wir nennen es das Opial.«
»Oh scheiße. Wie konnten wir hier überhaupt hingelangen? Ich ... bin allmählich an der Grenze meiner Aufnahmefähigkeit, wenn ich ehrlich sein soll.«
Sieraas Gesicht erweichte. Wahrscheinlich zum ersten Mal, seit ich sie kennengelernt hatte. Ich musste mich ermahnen, diese Sieraa nicht mit derjenigen zu verwechseln, die ich im Kampf getötet hatte. Es fiel mir schwer. Sie hakte sich jedoch bei mir unter und wir gingen an der Balustrade entlang.
»Lass uns einen Spaziergang machen! Es gibt viel zu erzählen.«
Ich folgte ihr, während sie mir aus Kalimbars Chronik berichtete, die Sterne und Galaxien zu meinen Füßen, das Licht einer, wie ich erfahren musste, künstlich erzeugten Sonne in meinem Gesicht. Sie erzählte mir von der Geschichte Raroneas, einer Geschichte, die auch zur Vergangenheit der Kalimbari und damit der Kzistaha gehörte. Es schien, die Raroneaner, ein Verbund aus vielen intelligenten Spezies, hatten eine blühende Zivilisation erschaffen, die trotz ihrer kulturellen Vielschichtigkeit friedlich geblieben war. Eine Vorstellung, so fremdartig, ich hatte Mühe, sie in ihrer Gänze zu begreifen. Ich war mit den Kriegsgeschichten meiner Großmutter aufgewachsen und kannte die Claifex, die ein Ort war, in dem Krieg und Not trotz allen Fortschritts für alle ein tägliches Erlebnis waren. Verdammt, ich trug eine Waffe, wenn ich mein Schiff verließ, und fühlte mich nackt, jetzt wo ich keine bei mir hatte. Das Bild, das Sieraa von Raronea zeichnete, war das Gemälde einer idealen Welt, in der jeder alles tun konnte, solange er nicht die Rechte und Freiheiten eines anderen beeinträchtigte. Erreicht hatten sie diesen Status, indem sie Verantwortung und Macht an ein höheres Wesen abgegeben hatten: Aureol.
Bei Aureol handelte es sich offenbar um eine enorm hoch entwickelte KI, die dezentral durch Naniten verbreitet worden war und bis hinein in den subatomaren Bereich das gesamte Reich Raronea durchdrang. Ein unvorstellbar großer Quantencomputer. Bei aller Leistungsfähigkeit hatte das System jedoch eine Grenze.
Die letzte Grenze.
Es war außerstande, den Tod zu besiegen. Es erschuf ein System relativer Unsterblichkeit, indem es jedem Bewohner gestattet war, auf einen Wunsch hin den zellulären Zerfall zu stoppen und somit theoretisch ewig zu leben.
Ich sah Sieraa ungläubig an, als sie mir dies erklärte. »Wo ist das Problem? Ich meine - das ist doch super, oder nicht?«
»Nicht jeder wollte ewig leben. Manche verloren Sinn und Perspektive, wählten den Freitod. Unfälle und Morde geschahen, die Aureol trotz aller Macht nicht verhindern konnte. Und es gibt eine Grenze für den Einfluss, den Aureol ausüben kann. Es ist nicht in der Lage, über den Galaxienhaufen hinaus zu wirken, der Raronea beherbergt und die Bewohner Raroneas wollten mehr vom Universum kennenlernen, ungeachtet der tödlichen Gefahren und enormen Risiken. Aureols Unfähigkeit, den Tod zu besiegen, führte daraufhin zu einer drastischen Maßnahme. Es erschuf eine virtuelle Realität, eine perfekte Kopie des Universums, wie es den Raroneanern bekannt war. Dann transferierte es sämtliche Bewohner Raroneas, oder vielmehr ihre Bewusstseins-Matrizes, in diese virtuelle Realität. Dort gibt es keinen Tod, lebt jeder ewig. Ob er will oder nicht. Aureols Kontrolle ist perfekt. Das Leben in der VR ist ein Kontinuum, ein Tod unmöglich. Aber es ist eine virtuelle Scheinwelt, eingebettet in Aureols physische Präsenz.«
Ich schluckte. »Allmählich verstehe ich das Problem. Wissen die Bewohner dieser Scheinwelt denn, dass sie nicht real ist?«
»Nein.«
Ich dachte einen Moment darüber nach. »Dann ist es schwer, Aureols Taten als vollkommen falsch anzusehen, oder?«
Sieraa lächelte. »Was ist dir wichtig, Iason?«
»Freiheit.«
Sie lächelte und sah hinaus in den Weltraum. »Freiheit. Freier Wille. Die einzige kleine Macht, die wir in unserem Leben erreichen können. Aureol hat das zerstört. Kein einziges Lebewesen innerhalb der VR besitzt
Weitere Kostenlose Bücher