Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
hat“.
„Du hast recht, die Sicherheitsarchitektur in
unserer Republik hat eine gefährliche Schieflage erreicht, die Rechtssicherheit
hat durch diese Richtlinien Schaden genommen. Irgendwie haben die Datenschützer
noch nicht kapiert, dass die Polizei nicht als Selbstzweck, sondern zum Schutze
der Bürger installiert worden ist“, philosophierte Hanson und ereiferte sich
mit bitterem Sarkasmus weiter: „Wenn dieser Trend noch mehr einreißt, wird die
Republik bald eine Überpolizei brauchen, die den Bürger vor der bösen, bösen
Polizei schützt“.
„Chef, wir werden das Rad nicht zurückdrehen,
alles hat sich schon zu sehr verfestigt“.
„Leider“, lächelte Hanson säuerlich zurück. Eine
Abänderung oder Verschärfung der Gesetze wird nur eintreten, wenn hochkarätige
Politiker Opfer eines Verbrechens werden. Wie damals, zur Zeit der
Baader-Meinhof-Terroristen“.
„Vielleicht ist mit der Ermordung des
Staatssekretärs Dr. Beyer ja ein solcher Wendepunkt erreicht“.
„Ich fürchte, ein Staatssekretär aus der zweiten
Reihe reicht nicht, zumal er auch noch der Korruption und Bestechlichkeit
verdächtigt wird. Alle Großkopferten dieser Republik sind doch froh und
glücklich, dass er dieser Tage zusammen mit der Korruptions-Affäre beerdigt
wird. Keine Sau wird sich mehr für einen toten Staatssekretär interessieren und
der Pressemob wird sich in wenigen Tagen totlaufen. Wenn sich keiner mehr
zerreißen oder an die Wand nageln lässt, erlahmt auch das öffentliche
Interesse. Nur unsereins wird sich noch mit der Sache beschäftigen müssen, wird
sich nicht über zu wenig Arbeit beklagen können. Aber was soll’s, sich
aufzuregen macht keinen Sinn und bringt uns auch nicht weiter. Also, wo war die
Dame wohnhaft?“
„In der Nähe des Hauptbahnhofes, in der
Hopfenstraße. Chef, jetzt ist die Zeit, zu handeln, oder?“
Hanson wiegte nachdenklich den Kopf. „Gut,
fokussieren wir uns auf diese Dame. Ein so genannter Anfangsverdacht liegt nun
vor. Unsere Pflicht wäre jetzt, die ersten strafprozessualen Maßnahmen gegen
diese Braut einzuleiten“.
„Braut?“ wiederholte Pelka fragend.
„Braut, Jungfer ...“, Hanson suchte nach
weiteren passenden Beispielen, „meinetwegen auch Schwester, Madame oder Lady,
ist doch völlig egal. Also, weiter im Text. Mit der Pflicht springen wir zu
kurz, viel zu kurz. Wir können ihr nur beweisen, dass sie Zigaretten in der
Nähe der beiden Tatorte geraucht hat. Daher denke ich, die Kür bringt uns
weiter als die Pflicht. Jürgen, ich möchte, dass die Jungfer ab jetzt Tag und
Nacht observiert wird. Ich will ihren gesamten Lebenshintergrund, ihren
Lebenswandel und ihre finanziellen und amourösen Verhältnisse ausgeleuchtet
haben. Und wenn sie rülpst, will ich es wissen. Den ganzen Komplettcheck eben,
von „A“ bis „Z“. Wir müssen eine Telefonüberwachung und einen
Telefonverbindungsnachweis sowie eine Speichelentnahme beim Gericht beantragen.
Die Recherchen können in ihrem Umfeld und in ihrer Nachbarschaft offen
erfolgen. Sie sollen nicht verdeckt, sondern möglichst plump betrieben werden.
Wir wollen ihr signalisieren, dass sie sich in unserem Visier befindet.
Vielleicht lässt sich die Dame damit aus ihrer Deckung locken und zu einer
Reaktion, zu einer unvorsichtigen Handlung provozieren. Wir müssen ihr einfach
eine Möglichkeit einräumen, Fehler zu machen, denn Fehler machen sie alle,
irgendwie, irgendwann. Dann können wir mit Glück eine Schneise schlagen, in der
wir schneller vorankommen. Vielleicht sogar eine Lawine auslösen, die uns mit
relevanten Erkenntnissen überschwemmt. Wichtig ist aber, dass die ständige
Beobachtung und die Nachfragen in der Nachbarschaft zeitgleich mit der
Telefonüberwachung und der Speichelprobenabnahme gestartet werden. Alles muss
aufs Feinste eingefädelt werden, das ist sehr wichtig. Übrigens, wer hat
eigentlich wo das serologische Vergleichsmaterial gesichert?“
„MM 2 mit dem neuen Studiosus-Kriminales, der
für den toten Bachner gekommen ist“.
„So, so, dann haben wir wieder einen Hochschüler
zur Verstärkung?“
„Jaja, zur Verstärkung ist wohl mehr
geschmeichelt. Sie machen zu Beginn ihrer Karriere doch nur Arbeit. Aber wem
erzähle ich das eigentlich?“
„Stimmt! Aber mit einem Neuling eine solche
rechtlich fragwürdige Aktion durchzuziehen, war kein taktisches Nonplusultra“.
„In der Nacht zu vorgestern haben beide aus dem
übervollen Aschenbecher des Autos dieser Dame einige
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