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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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die vorher nicht existierte. Ursprünglich sollte Thalia dieses Update bandweit, für alle zehntausend Habitate, ans Netz bringen. Ein einziger Vernichtungsschlag.«
    »Aber das wollte sie nicht, ich erinnere mich«, sagte Baudry.
    »Nein«, sagte Dreyfus. »Sie bestand darauf, vier der wahrscheinlich schwierigsten Fälle auszuwählen und dort das Update manuell zu installieren. Auf diese Weise konnte sie mögliche Fehler in Echtzeit und vor Ort ausmerzen und sicherstellen, dass niemand länger als ein paar Minuten auf seine geliebte Abstraktion zu verzichten brauchte. Nachdem sie diese vier Installationen überwacht hatte, wollte sie den Code so anpassen, dass die übrigen zehntausend Updates reibungslos über die Bühne gingen.«
    »Aber die Habitate sind schon seit Stunden ohne Abstraktion«, sagte Crissel.
    »Das ist nicht Thalias Schuld, Michael. Sie hat mit ihrer Sorgfalt nur Schlimmeres verhindert. Wenn sie den einfachen und naheliegenden Weg genommen hätte, wären jetzt
    nicht vier Habitate aus dem Netz verschwunden, sondern
    alle zehntausend. Die Eroberung wäre bereits erfolgt. Wir hätten das Glitzerband verloren.«

    »Wir sollten uns nicht verrennen.« Gaffney lächelte den anderen zu. »Der Schlamassel ist schon groß genug, auch ohne dass wir in apokalyptischen Fantasien schwelgen.«
    »Das sind keine Fantasien«, widersprach Dreyfus. »Jemand wollte, dass alles so kommt.«
    »Aber warum?«, fragte Crissel. »Welche Gruppe wäre
    denn fähig, sich so weit zu organisieren, dass sie die Kontrolle über das ganze Band an sich reißen könnte? Habitate aus der Abstraktion herauszulösen ist eine Sache, aber ihre Bürger würden sich nicht einfach auf die andere Seite drehen und sich damit abfinden. Um sie tatsächlich zu unterwerfen, bräuchte man eine bewaffnete Miliz. Mindestens
    etliche tausend Soldaten für jedes Habitat. Wenn ein solches Unternehmen eine echte Chance haben sollte, müss-
    ten wir einem unsichtbaren Heer von zehn Millionen ge-
    genüberstehen. Und eine so starke und so gut koordinierte Bewegung hätten wir schon seit Jahren kommen sehen,
    wenn es sie denn gäbe.«
    »Vielleicht handelt es sich um eine Eroberung ganz anderer Art«, deutete Dreyfus an.
    »Was sagte die Synthetikerin denn über die Hintermän-
    ner?«, fragte Baudry.
    »Nicht viel.« Dreyfus zögerte, er war sich bewusst, dass er mit jedem weiteren Wort das Risiko erhöhte. »Ich habe einen Namen. Eine Person namens Aurora. Sie könnte etwas mit der Familie Nerwal-Lermontow zu tun haben.«
    Baudry sah ihn prüfend an. »Die Familie hat bei den Achtzig eine Tochter verloren. Ich glaube, sie hieß Aurora. Sie wollen doch nicht allen Ernstes unterstellen ...«
    »Ich habe nicht vor, daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Vielleicht kann ich mehr aus Clepsydra herausbekommen, wenn sie sich etwas erholt hat und sicher ist, uns vertrauen zu können.«
    »Sie zerbrechen sich den Kopf, ob sie uns vertraut?«, fragte Baudry.

    Ein Klopfen an der Tür kündigte die Rückkehr der Agentin an. Die junge Frau betrat den Raum. Sie wirkte nicht mehr ganz so schüchtern wie beim ersten Mal.
    »Und?«, fragte Gaffney.
    »Die Drohnen wurden requiriert. Die erste soll in elf Minuten an Szlumper Oneill andocken. Die drei anderen werden in zweiundzwanzig Minuten den Anflug an die jewei-
    ligen Ziele abschließen.«
    »Sehr gut«, lobte Gaffney.
    »Ich habe von allen vier Habitaten Aufnahmen mit hoher
    Auflösung angefordert. Mit Ihrer Erlaubnis kann ich die Beobachtungen an das Systemmodell weiterleiten.«
    Gaffney nickte. »Machen Sie das.«
    Das Systemmodell konfigurierte sich neu und lenkte
    große Teile seiner Aktivmateriereserven in die Erzeugung vergrößerter Darstellungen der vier verstummten Gemeinschaften. Die Habitate schwollen zur Größe von Äpfeln an, während der Rest des Glitzerbandes auf ein Drittel seiner früheren Dimensionen schrumpfte. Winzige bunte Punkte
    stellten die requirierten Drohnen dar, die auf Andockkurs gesteuert wurden. Wortlos beobachteten die Präfekten das Spektakel. Minuten schlichen vorbei.
    Mach, dass ich mich irre, flehte Dreyfus stumm. Mach, dass sich alles als Wahnvorstellung eines überarbeiteten Außendienstpräfekten herausstellt, der sich über die schä-
    bige Behandlung seiner Vorgesetzten ärgert. Mach, dass sich Clepsydras Aussage als Gefasel einer Irren erweist, die durch jahrelange Isolation um ihren Verstand gebracht wurde.
    Mach, dass Thalia Ng wirklich Fehler unterlaufen sind, auch

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