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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zurück. In ihrem Kopf lief die Vergangenheit Amok, während auf den Bildschirmen die Kriegsroboter der Käferklasse die noblen Straßen und Plätze des Karussells New Brazilia verwüsteten.
    Viele öffentliche Datenverbindungen waren durchtrennt
    worden, aber erst wenn die Käfer den Votenprozessor er-
    reichten, wäre das Habitat vollends isoliert. Die Kameras würden ihre unbestechliche Überwachung bis zu diesem
    letzten Augenblick fortsetzen und Straßen zeigen, die glit-schig waren von einer so dicken Schicht geronnenen Bür-
    gerblutes, dass sie von der Aktivmaterie nicht mehr ab-
    sorbiert werden konnte. Die Kriegsroboter kamen in den
    luftdichten Innenräumen des radförmigen Habitats sehr
    schnell voran. Wie ein Wasserfall aus schwarzen Panzern strömten sie aus den Türen und über die Rampen, die
    grauen Saugfüße hoben und senkten sich so schnell, das sie vor dem Blick verschwammen. Die alles verwüstende Kolonne fegte mit stampfenden Metallgliedern über Plätze
    und durch Innenhöfe und ergoss sich durch die Gassen und Prachtstraßen der öffentlichen Zonen des Habitats wie
    schwarzer Teer, der sich über die Menschen hinwegwälzte und sie fraß und verdaute. Der Vormarsch wirkte unorganisiert, fast willkürlich, bis Aumonier zurückschaltete und die Invasion in der vollen Zeitauflösung maschineller Wahrnehmung studierte. Nun sah sie, wie zwanghaft systema-
    tisch die Invasoren vorgingen, wie rationell und diszipli-niert. Sie mähten die Bürger mit brutaler Präzision nieder, aber nur, wenn sie auf offenen Widerstand trafen. Zuschauer oder Flüchtlinge, die in Panik davonliefen, blieben unbehelligt, solange sie den Käfern nicht direkt im Weg standen. Die an ihren Armbändern erkennbaren Gendarmen, die im Rahmen der üblichen Notstandsmaßnahmen
    aus der Bürgerschaft verpflichtet worden waren, fielen den Kriegsmaschinen am häufigsten zum Opfer. Ohne tödliche
    Waffen waren sie hoffnungslos unterlegen, dennoch be-
    mühten sie sich, die Käferinvasion mit Fesselschaum oder Klebenetzen aufzuhalten und mit ihren Sonderprivilegien aus der vorhandenen Aktivmaterie Barrikaden entstehen
    zu lassen. Aber in ihrer Panik brachten sie nichts Brauchbares zustande. Die Käfer durchbrachen alle Hindernisse, als wären es Spinnweben. Die meisten Gendarmen flüchteten,
    sobald sie ihre Waffen abgefeuert oder eine Hürde errichtet hatten, aber einige wenige hielten stand und bezahlten für ihre Tapferkeit mit dem Leben. Sie starben ausnahmslos
    eines schnellen Todes - Aumonier erinnerte sich an Bau-
    drys Bemerkung zu den anatomischen Kenntnissen der
    Käfer -, aber dass die Maschinen auf gezielte Grausamkeit verzichteten, konnte das Grauen der Invasion nicht mil-dern.
    Der Votenprozessor des Karussells New Brazilia lag im
    Herzen eines Atriums mit schwindelerregend vielen Terrassen, über das sich ein Netz aus geländerlosen Fußgänger-brücken spannte. Hier hatten sich mutige Gendarmen aus
    dem ganzen Rad zu einem letzten Gefecht versammelt.
    Sie hatten um den Prozessor herum Posten bezogen und
    die Endpunkte aller Brücken besetzt. Neben den üblichen nicht-tödlichen Waffen waren im Zuge der Notstandsmaß-
    nahmen auch einige Geschütze ausgegeben worden. Au-
    monier sah, wie drei Gendarmen versuchten, eine Kanone
    auf einer dreibeinigen Lafette zu montieren und zwei davon sich nicht einig werden konnten, wie der schräge Splitterschutz anzubringen war. Als das Geschütz endlich einsatzbereit war, strömten die Käfer bereits auf allen Seiten von den Galerien auf die Brücken. Die Gendarmen eröffneten
    das Feuer, das Geschütz spie lautlos langsame Projektile aus, die rosarote Rauchfahnen hinter sich herzogen. Sie blieben so gut wie wirkungslos. Käfer waren für die Härten eines Weltraumkrieges gebaut und verkrafteten selbst Treffer mit Energiestrahlen oder Penetrationsgeschossen. Die Gendarmen konnten einige Roboter von den Brücken holen
    und in die Tiefe stürzen, aber bei den Massen, die ständig nachdrängten, war das nicht einmal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Viel zu spät fiel einem der Gendarmen ein, dass sie mit ihren Privilegien auch Lücken in den Brücken entstehen lassen konnten, und zwei von ihnen
    rannten todesmutig in die Mitte, um die erforderlichen Befehle aus nächster Nähe zu geben. Die Brücken teilten sich wie zähe Kaugummistreifen, an denen zu fest gezogen wurde.
    Doch es war schon zu spät. Einige Käfer machten sich
    steif und überbrückten die Breschen als

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