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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sag ich dir, das hat Zukunft – und du schickst ihn weg, machst Winke-winke an der Bahn und bist stur wie'n Panzer.«
    »Dann hast du das alles eingefädelt?« fragte Erna. »Schäm' dich, Julius. Ich habe drei Kinder.«
    »Aber die haben keenen Vater mehr, Gottverdammich! Heinrich hat die Kinder gern, und die Kinder haben sich schon in den paar Tagen an Heinrich gewöhnt. Das ist kein Hindernis. Nee … du kommst nicht davon los, daß Ewald irgendwo in Rußland liegt. Das ist et.«
    »Ja, das ist es. Ich will noch ein Jahr warten, habe ich Ellerkrug gesagt.«
    »Das erste vernünftige Wort. Ein Jahr ist schnell weggeblasen.« Paskuleit nahm seinen Schusterhammer wieder zur Hand. Im Laden bediente Franz die Kundschaft und war froh, jetzt nicht in der Werkstatt zu sein. »Ich sag dir: Der Heinrich läßt nicht locker!«
    Eine Woche später traf die erste Sendung ›Kämper-Schuhe‹ ein … Paskuleit hatte durch Ellerkrugs umfangreiche Verbindungen eine Sonderzuteilung erhalten. Als sie im Schaufenster standen – für 1947 im Dezember geradezu sensationelle Kreationen in Leder, Stoff und Gummi – drängten sich die Leute vor den beiden Schaufenstern der ›Westschuh‹, gab Paskuleit dem Reporter der englisch lizenzierten Lokalzeitung ein Interview über den Wandel der Schuhmode von der Zweckmäßigkeit zur Schönheit und verkaufte – natürlich nur gegen Bezugsschein – zum normalen Preis diese Traumgebilde. Für genau 348 Familien wurde Weihnachten 1947 ein besonderes Fest.
    Nicht dagegen für Paskuleit. Vier Tage nach Ausstellung der Kämper-Kollektion und der geradezu sagenhaften Nachricht, daß Paskuleit die Schuhe zum normalen Preis verkaufte, erschienen bei ihm zwei düster blickende Herren. Sie stellten sich als Hübner und Runzenmann vor, womit Paskuleit nichts anfangen konnte, aber er wurde munter, als sie sagten: »Wir sind Kollegen von Ihnen. Wir haben auf der Rheinstraße und dem Herwarthweg ein Schuhgeschäft.«
    »Aha!« antwortete Paskuleit. »Was kann ich Ihnen verkaufen, liebe Kollegen?«
    »Sie haben einen blöden Humor!« sagte Runzenmann scharf. »Was soll das? Schuhe zum normalen Preis?! Solche Schuhe? Sind Sie verrückt?«
    »Wieso? Die Leute haben Bezugsscheine … ihnen stehen also Schuhe zu.«
    »Sind Sie wirklich so blöd?« Hübner lehnte an der Theke. »Jetzt rennen uns die Leute die Bude ein und wollen auch solche Schuhe! Nicht die Holzkläpperchen, sondern Modellschuhe! Was die ›Westschuh‹ kann, müssen Sie auch können, sagen sie.«
    »Und Sie können's nicht?« fragte Paskuleit.
    »Natürlich haben wir gute Schuhe!« schnaufte Runzenmann.
    »Na also.«
    »Aber die heben wir auf. Verstehen Sie? Die horten wir, um ganz deutlich zu werden. Bis zu dem Tag, wo die Mark wieder was wert ist! Dann hauen wir die Ware in die Fenster und brauchen nur die Hand hinzuhalten. Das ist Kapitalpflege, verstehen Sie?! Und da kommen Sie und verkaufen solche Schuhe jetzt und zum normalen Preis auf Bezugsschein!«
    »Weil es das Recht der Leute ist!«
    »Er ist wirklich so blöd«, sagte Runzenmann bitter zu Hübner.
    »Heißt das, daß Sie mich überreden wollen, meine guten Schuhe auch zu horten und aus dem Verkehr zu ziehen?« fragte Paskuleit gefährlich ruhig.
    »Das heißt, daß wir uns unser Geschäft und vor allem unser Ansehen durch einen Zigeuner wie Sie nicht kaputt machen lassen!« schrie Runzenmann. »Das mag Ostpreußenstil sein … hier aber sind wir im Rheinland! Mit Methoden jüdischer Viehhändler kommen Sie hier nicht weit, mein Lieber! Da stoppen wir.«
    Paskuleit antwortete nicht. Aber er beugte sich über die Theke, holte aus und setzte Runzenmann die Faust mitten auf die Nase. Runzenmann fiel in Hübners Arme, starrte Paskuleit entgeistert an und schüttelte sich wie ein nasser Hund.
    »Das war ein Fehler«, sagte er leise. »Sie verdammter Pimmock! Ihnen ist doch klar, daß Sie ab morgen alle aus unserer Zunft gegen sich haben! Mit'n Handkarren werden Sie noch wegziehen, so, wie Ihr Gesindel aus'n Osten gekommen seid …«
    »Noch ein Wort« – sagte Paskuleit ruhig und stemmte die dicken Fäuste auf die Theke – »und Sie brauchen einen Wiederherstellungschirurgen …«
    »Also Kampf!« Hübner schob Runzenmann, der weiter schreien wollte, zur Ladentür. »Den sollen Sie haben, Paskuleit! Bis Sie's begreifen: Wir sind stärker als Sie!«
    Aus der Werkstatt kam Franz Busko, nachdem die Ladentür zugeknallt war. Sein langes Pferdegesicht zuckte. In der Hand hielt er eine

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