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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verbissen.
    Kurowski atmete tief ein. »Soll ich sie dir vom Leibe ziehen?«
    »Versuch es, Vater.«
    »Wie alt bist du – hast du dir das mal überlegt?« fragte Kurowski heiser.
    »Natürlich weiß ich das. Zwanzig!«
    »Einmal in der Untertertia, einmal in der Obersekunda sitzengelieben. Durch Faulheit!«
    »Na und?« Peter atmete heftig. Man hatte seinen wunden Punkt getroffen. »Es genügt, wenn wir in Ludwig eine Intelligenzbestie haben, und wenn Inge wirklich Lehrerin wird, hast du zwei! Drei Genies sind zuviel für eine Familie.«
    »Zwanzig Jahre ist nicht zu alt, um Hiebe zu bekommen!« sagte Kurowski. »Du gehst in dein Zimmer. In einer halben Stunde komme ich 'rauf. Dann bist du umgezogen, gewaschen, rasiert und siehst aus wie ein Kurowski! Verstehen wir uns?«
    »Nur dem Sinn nach!« Peter drehte sich um und rannte hinaus. Mit angezogenem Kinn blickte ihm Kurowski nach.
    »Du … du willst ihn doch nicht schlagen …«, sagte Erna. Sie stand noch immer an der Tür, und sie war zur Seite gegangen, als Peter an ihr vorbeistürmte, aus Angst, er könne sie einfach umrennen. »Ich begreife das alles nicht … er hat alles, was ein Junge haben kann, und ist unzufrieden.«
    »Eben darum, Erna. Wir haben uns alles erkämpfen müssen … ihnen fällt es in den Schoß. Sie werden mit der Freiheit nicht fertig, für die wir unsere Knochen hingehalten haben. Selbst das dürfen wir nicht mehr sagen, du hast es gehört.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Noch zwanzig Minuten … dann gehe ich hinauf. Und verdammt nochmal … ich kann Jahre nachholen, wenn es drauf ankommt!«
    »Tu es nicht, Ewald –«, sagte Erna leise. »Bitte, tu es nicht. Wir sollten an etwas ganz anderes denken. Ich glaube, Peter ist krank.«
    »Krank? Der? Der strotzt vor Frechheit! Frech und faul … das war immer die beste Mischung, um auf Kosten anderer satt zu werden!«
    »Hast du nicht gesehen, daß seine Hände zitterten?«
    »Seine Dreckstiefel auf dem Tisch haben nicht gezittert.«
    »Er ist blaß und hat einen merkwürdigen starren Blick …«
    »Dann hat er getrunken.« Kurowski steckte sich eine Zigarre an. »Irgendwie hat er recht. Wir haben vieles treiben lassen. Erst die Firma, immer die Firma. Und wir haben gedacht: Es läuft ja alles gut, es kann nichts passieren. Mit Ludwig haben wir Glück gehabt, und mit Inge scheint es auch gut zu gehen. Da muß es auch mit Peter gut gehen, haben wir gedacht. Warum soll er anders sein? Ja warum? Ich glaube, es war ein Irrtum, Erna.« Er blickte wieder auf seine Uhr. »Wir werden uns mehr um Peter kümmern müssen –« Aber dazu war es schon zu spät.
    Das Zimmer war leer, als Kurowski und Erna eine halbe Stunde später nachsahen, ob Peter sich beruhigt hatte. Er war, das zeigte eine offene Luke, über den Anbau der Garage geklettert, hatte sein Motorrad geholt, es bis zur Einmündung in die Chaussee geschoben und war dann abgefahren. Im Zimmer war ein merkwürdiger, süßlicher, schwerer Duft zurückgeblieben.
    »Wie ein Gangster!« schrie Kurowski und kam von der Garage zurück. »Aber Flucht war noch nie eine Lösung!« Er war enttäuscht. Sein väterlicher Stolz hatte einen Bruch erlitten, und so groß sein Zorn war, so groß war auch seine Liebe und seine Sorge um einen Sohn, der äußerlich ein ganzer Kurowski war, der grob wie ein Kurowski sprach, der revoltierte, wie alle Kurowskis einmal revoltiert hatten, auch er, Ewald Kurowski, damals in Adamsverdruß, der nur aus Trotz Schuster geworden war, weil sein Vater ihn zwingen wollte, in Rastenburg das Gymnasium zu besuchen.
    »Ich werde ihn klein kriegen!« sagte Kurowski und setzte sich auf Peters zerwühltes Bett. »Erna, ich lasse mich nicht überrollen. Das hat man bei den Kurowskis nie geschafft …«
    Sie sahen sich an, und Kurowski wunderte sich, wie starr Erna plötzlich geworden war. Sie stand mitten im Zimmer, hatte die Nase erhoben und schnupperte. Dabei war es, als verkrampften sich in ihr alle Muskeln. »Ewald …«, sagte sie mit schwankender Stimme. »Der Geruch …«
    »Was für'n Geruch?«
    »Riechst du denn nichts?«
    »So'n süßer amerikanischer Tabak – Virginia …«
    »Das ist etwas anderes, Ewald! O Gott, Ewald, ich habe Angst. Unser Peter … unser Peter …«
    Kurowski begriff erst, was nicht heute, sondern schon vor Wochen in seinem Haus, mit seinem Sohn geschehen war, als er nach gründlicher Durchsuchung des Zimmers unter dem Bett einen Blechkasten fand. Zwei Injektionsspritzen, ein Sortiment Nadeln,

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