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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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Staszek Bzowski traf, denselben, dem ich in Auschwitz, als ich in der Küche beschäftigt gewesen war, Brot aus dem Fenster gereicht hatte. Ich freute mich sehr. Da hatte ich also einen weiteren »Auschwitzer« getroffen und noch dazu aus Częstochowa! Ein Mitglied der Geheimorganisation, der auch ich angehört hatte. Ich erzählte ihm kurz, wie es mir ergangen war, und hoffte im stillen, daß er mir helfen werde, in ein besseres Kommando zu kommen, und daß er mir vielleicht auch etwas zu essen besorgen werde. Aber Staszek hatte sich verändert. Er hatte etwas an sich, was ich nicht begriff. Er hatte es keineswegs eilig, mir irgendwie zu helfen.
    Nach ein paar Tagen erfuhr ich, daß er in einem der Blocks als Schreiber eingesetzt sei und Päckchen von zu Hause bekomme. Vielleicht kam ihm die Bekanntschaft mit mir ungelegen. Ich war halt nur ein Straßenfeger, er hingegen – daran war nichts zu deuteln – ein Blockschreiber, und das war im Lager eine wichtige Funktion. Wir bekamen uns nicht wieder zu sehen, und ich mußte mir irgendwie selber helfen. Dabei hatte ich ziemlich viel Glück.
    Im Block 10 gab es einen Häftling, der ebenfalls in Auschwitz gewesen war und schon über ein Jahr in Flossenbürg saß. Er war mit einem Straftransport eingeliefert worden, dem er direkt aus dem berüchtigten Auschwitzer Block 11 heraus zugeteilt worden war. Zbyszek Rypalski (Häftlings-Nr.  96 117 ) stammte aus Krakau. Wir freundeten uns ziemlich schnell an. Als er meine Geschichte bereits kennengelernt hatte, erzählte er mir eines Abends die seine. Gemeinsam mit Pazdor (Edward Pazdor, Nr.  100 419 ) und dem Kapo »Marmelade« (Franz Kejmar, Nr.  26 158 ) vom Dachdeckerkommando war er im Oktober 1943 aus Birkenau geflohen. Der Österreicher Franz hatte sich nach zwei Tagen von ihnen getrennt, und sie hatten versucht, sich nachts zum heimatlichen Krakau hin durchzuschlagen. Ihre Lebensmittelvorräte waren rasch zusammengeschmolzen.
    Sie bewegten sich sehr vorsichtig vorwärts und schlugen immer wieder Haken. Am Abend des siebten Fluchttages erreichten sie Krzeszowice. Der Magen knurrte ihnen vor Hunger. Es war Herbst. Auf den Feldern gab es nichts Eßbares mehr. Aus dem Effektenlager »Kanada« in Birkenau hatten sie mehrere Dollarscheine mitgenommen. Der Hunger war stärker als die Vernunft. Als sie in die Nähe der Gastwirtschaft kamen, hatte sein Kamerad Pazdor beschlossen, das Risiko einzugehen und etwas zum Essen zu kaufen. Deutsches oder polnisches Geld hatten sie nicht. Sie trugen Zivilkleidung, die sie aus dem Magazin in Birkenau entwendet hatten. Ungehindert betraten sie das Wirtshaus, und Pazdor verwickelte den Besitzer in ein Gespräch. Er zeigte ihm einen 50 -Dollar-Schein. Der Wirt nahm sie gründlich in Augenschein, brachte Bier und ein Stück Wurst, wollte aber erst sehen, ob das Geld auch echt sei. Er ließ seine Tochter am Schanktisch zurück und ging den »Nachbarn fragen«. Nach gut zehn Minuten war er zurück … mit einer deutschen Streife!
    Zum Ausreißen war es zu spät. Sie bekamen tüchtig ein paar in die Fresse und wurden unter Mordverdacht eingesperrt. Es stellte sich heraus, daß zwei Tage zuvor zwei Banditen in einer nahegelegenen Siedlung den Müller und seine Familie ermordet und alle Wertsachen geraubt hatten. Der Wirt hatte dieses Vorkommnis mit dem 50 -Dollar-Schein in Verbindung gebracht und die unglücklichen Auschwitz-Flüchtlinge der deutschen Polizei gemeldet.
    Sechs Wochen dauerte das Untersuchungsverfahren, und schließlich brachte man sie nach Krakau. Da sie Angst hatten, ihre Flucht aus Auschwitz zuzugeben, bekannten sich beide zu dem gar nicht von ihnen begangenen Mord. Am Ende gelangte die Angelegenheit aber – wegen der bei ihnen gefundenen Dollars – bis zur Gestapo. Und dort hatte man dann keinerlei Zweifel mehr, mit wem man es wirklich zu tun hatte. Sie wurden, nachdem man sie zwei Tage lang entsetzlich verprügelt hatte, in den Bunker im Auschwitzer Block 11 gebracht. Ihnen drohte die Todesstrafe, aber sie hatten Glück im Unglück. Höß, der Begründer und langjährige Kommandant des Lagers, verließ Auschwitz, und zu seinem Nachfolger wurde SS - Obersturmbannführer Liebehenschel ernannt. Als dieser seinen neuen Posten übernommen hatte, »begnadigte« er ungefähr 300 Häftlinge der Strafkompanie und aus dem Bunker des Blocks 11 , die er dann nach Flossenbürg in die Steinbrüche schickte.
    Nicht alle hatten die mörderische Arbeit im Steinbruch ausgehalten, aber

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