Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
Vom Netzwerk:
wie die anderen. Dann fesselte einer der Aufseher unsere Hände mit Stacheldraht und band uns zu zweit zusammen. Ich war durch den Stacheldraht an Zygmunt Szulakowski gefesselt. Ich war von Unruhe erfüllt. Warum hatten sie uns mit Stacheldraht gefesselt? Vielleicht ging es doch zum »Umlegen«? O Gott!
    Nach wie vor herrschte diese Ungewißheit. Unter den zum Abtransport Bestimmten aus den anderen Zellen bemerkte ich den Offizier Zygmunt Kwiatkowski, der mir fröhlich zuzwinkerte. Er war offensichtlich erfreut darüber, daß die ganze Affäre nur mit der Einweisung ins Lager ausging. Ich erkannte den der konspirativen Arbeit ergebenen Gymnasialprofessor Edward Szwarc aus Częstochowa sowie Kazimierz Nowakowski, ebenfalls Offizier des polnischen Heeres. Also auch sie waren demnach Opfer unserer Peiniger.
    Blitzschnell wurde mir klar, daß die unglückselige Wyrzykowska zwei von ihnen gekannt hatte. Ich hatte keine Ahnung, wieviel Unheil sie angerichtet hatte. Ich wußte nicht, wie viele Mitglieder der Organisation sie überhaupt gekannt hatte. Aber in den Ohren dröhnte mir ständig ihr »Ich hab ihnen alles gesagt!« Verflucht noch mal! Warum alles? Man gibt niemals alles zu. Warum gleich alles? Meine Vorwürfe ihr gegenüber waren sinnlos, aber es fiel mir schwer, meine Wut und Entrüstung zu bezwingen.
    Als wir Häftlinge uns zu zweit aufgestellt hatten, wurde das Zeichen zum Abmarsch gegeben. Auf dem Hof stand ein Lastwagen mit überdachter Ladefläche. Wir mußten uns mit gekreuzten Beinen auf den Boden der Ladefläche setzen. Jede Bewegung bereitete Schwierigkeiten, weil sie vom Leidensgefährten abhing. Irgendwie kamen Szulakowski und ich mit der Situation zurecht. Die Gestapo-Posten sprangen auf, und der Wagen fuhr los. Er machte am Bahnhof halt. Den Befehl zum Absteigen nahmen wir mit Erleichterung auf. Wir sollen also wirklich nach Auschwitz gebracht werden und nicht zum »Umlegen« – dachte ich. »Das bedeutet eine Überlebenschance«, versuchte uns Szulakowski zu überzeugen, der mit mir zusammengefesselt war. Er hatte die Nachricht über die Einweisung ins Lager gewissermaßen fröhlich aufgenommen. »Mach dir keine Sorgen, Tadek«, flüsterte er mir zu, »auch wenn dort alles mit Stacheldraht eingezäunt ist. Den Draht kann man durchschneiden, selbst wenn er elektrisch geladen wäre. Und dann kann man fliehen.« Er hatte offensichtlich eine bessere Meinung vom Lager als ich. Seine Worte gaben mir Zuversicht. Vielleicht würde es ja eine Chance geben, zu fliehen.
    Wir hatten jedoch beim Aufstellen eindeutig zu viel geflüstert. Zur Strafe bekamen wir beide von unserem Aufseher ein paar Schläge auf den Kopf. »Ruhe! Zu zweit aufstellen! Schneller, macht schon!« brüllte er.
    Wir schlossen zu den anderen Häftlingen auf, die sich in einer Reihe aufstellten. Ein paar Meter von uns entfernt kam es zu einem kleinen Menschenauflauf. Unter den Neugierigen erkannte ich einen der Söhne Madalińskis. Er bemerkte mich, kam sofort auf mich zu und drückte mir ein winziges Bündel mit Eßbarem in die freie Hand. Uns wurden auch mehrere Schachteln Zigaretten zugeworfen, die wir rasch aufhoben. Irgendeine Frau gab Wieczorkowski ein Stück Brot, und eine andere Frau Wojciechowski einige Brötchen. Die Posten jagten die Leute fort. Sie taten das irgendwie lustlos, so daß jeder von uns, bevor wir zum Bahnsteig abmarschierten, etwas erwischt und in den Taschen hatte verschwinden lassen können. Man führte uns zu einem Nebeneingang, denn inzwischen war das Gedränge zu groß geworden. Die Leute hatten bemerkt, daß wir mit Stacheldraht aneinander gefesselt waren. Auf ihren Gesichtern zeichneten sich Angst und Entsetzen ab. Einigen Frauen standen Tränen in den Augen.
    Später verfrachteten sie uns zu viert in die Abteile eines Personenwagens. Wir belegten den ganzen Waggon. Fenster und Türen waren verschlossen. In jedem Abteil nahm ein Posten mit entsicherter Waffe Platz. Sie drohten, daß sie bei einem Fluchtversuch ohne Warnung auf uns schießen würden. Gegen zehn setzte sich der Zug in Richtung Süden in Bewegung.

Auschwitz
    Der Tag war trübe. Die Felder hinter dem Fenster lagen traurig und verlassen da. Fast ganz entlaubte Bäume ergänzten das finstere Landschaftsbild. Es begann zu nieseln. Der bewaffnete Posten im Abteil verfolgte wachsam jede Bewegung von uns. Auf einem Bahnhof wurde unser Wagen von dem Personenzug abgekoppelt und an mehrere Güterwagen angehängt. Nach einiger Zeit setzte sich dieser

Weitere Kostenlose Bücher