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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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links, links, zwo, drei, vier …« Der Weg war uneben und steinig. Es fiel schwer, Schritt zu halten. Zum Glück war es bis zum Ziel unseres Marsches nicht mehr weit.
    Wir blieben vor einem Gebäude stehen, das mit der Bezeichnung »Effektenkammer« versehen war. Wir mußten uns ausziehen und alle Zivilsachen in Papiersäcke verpacken. Dann gingen wir der Reihe nach mit den Säcken zum Eingang eines anderen Gebäudes, wo wir von den dort eingesetzten Häftlingen – nach Angabe der Personalien für die Lagerkartei – eine Lagernummer, die Häftlingsnummer, bekamen. Name, Vorname und Häftlingsnummer wurden von anderen, bei der Abfertigung unseres Transports eingesetzten Häftlingen auf den Säcken vermerkt. Auf dem Flur schor man uns den Kopf und die behaarten Körperteile. Dann wurden wir nackt ins Bad geschickt, wo man jeweils mehrere Dutzend von uns gleichzeitig hinein ließ.
    Ich hatte gut zwei Monate nicht mehr gebadet, ging also rasch unter die Brause, sprang aber noch schneller wieder zurück. Aus der Dusche strömte kochendheißes Wasser, so daß man es nicht aushalten konnte. »Was denn, ist es euch zu heiß, ihr Hurensöhne?« meinte der Häftling, der die Anlage bediente. »Dann mach ich’s euch kälter!« Ich trat zum zweiten Mal unter die Brause und schreckte wiederum zurück. Diesmal war das Wasser eiskalt. Ich erwischte ein Stückchen Ersatzseife und wollte mich einseifen. Aber die Seife schäumte leider nicht. Man verschmierte sich mit ihr nur den Körper. So eingeschmiert, wagte ich mich für einen kurzen Augenblick unter das kalte Wasser, um den Schmutz abzuspülen. Inwieweit mir das gelang, weiß ich nicht mehr. Schließlich stand ich wassertriefend und vor Kälte zitternd in der Schlange zur Ausgabe der Unterwäsche und der Häftlingskluft, die nach dem Baden jedem, zusammen mit ein Paar Holzpantinen, ausgehändigt wurde. Alles in allem dauerte es ein paar Stunden, bevor ich am Ende einen roten Winkel und auf Leinenstreifen die Nummer  23 053 bekam.
    Diejenigen, die alle mit der Aufnahme ins Lager zusammenhängenden Formalitäten erledigt hatten, wurden in größeren oder kleineren Gruppen zusammengefaßt und in die Blocks abgeführt. Es war spät am Abend, als man uns vor einem der Blocks Nadel und Faden aushändigte, damit wir an den entsprechenden Stellen – auf Mantel und Jacke links auf der Brust sowie auf den Hosen – die zugeteilten Winkel und Nummern aufnähen konnten. Zu essen bekamen wir nichts.
    Ich wurde zusammen mit Wieczorkowski, Kwiatkowski, Wojciechowski und Lipiński in den Block 9 eingewiesen. Als man uns den Flur entlang in einen der Räume stieß, brüllte uns an der Schwelle ein ähnlich wie wir gekleideter Häftling an: »Zieht die Pantinen aus, ihr Hurensöhne! Aber dalli!« Dabei schwang er einen Gummiknüppel, den er in den Händen hielt. Gehorsam kamen wir der Anweisung nach. Der mit dem Gummiknüppel war der Stubenälteste. Er führte uns in den Raum, wo Decken verteilt wurden. In Unterwäsche legten sich die Häftlinge – die Kluft unter dem Kopf – dicht nebeneinander in einer Reihe auf dem harten Fußboden nieder. Im Laufe des Abends entdeckte der Stubenälteste, daß einer der Häftlinge gegen irgendeine Anweisung verstoßen hatte. Er sprang auf ihn los und begann, ihn mit dem Gummiknüppel zu bearbeiten.
    Wir strebten auf eine Ecke des Raumes zu, aber die war bereits belegt. Also legten wir uns dort hin, wo gerade Platz war – zu fünft unter zwei Decken, denn mehr gab es für die Neuzugänge nicht. In den Raum kamen ständig neue Häftlinge und ergänzten die Reihen der Liegenden. Bald wurde es sehr eng. Wir lagen zusammengepfercht wie die Heringe. Und der Stubenälteste stopfte immer wieder Neue, Spätergekommene zwischen die Liegenden. Als sich alle endlich schlafen gelegt hatten, stand einer der sehr elend aussehenden Häftlinge wieder auf und wandte sich zur Tür. »Na, hast dir die Hosen vollgeschissen, was?« brüllte der Stubenälteste wachsam. »Du Stinkschwein, dir werd ich’s zeigen! Marsch in den Waschraum, aber dalli!« Und er zog dem armen Sünder zweimal kräftig eins über den Kopf.
    Tatsächlich – als der Unglücksrabe hinausgegangen war, verbreitete sich im Raum ein unheimlicher Gestank. »Aber weshalb prügelt er ihn?« flüsterte ich Wieczorkowski zu. Mietek Wieczorkowski wandte sich zu mir und entgegnete: »Ja aber prügeln sie hier denn, weil es einen Grund gibt? Tadek, hast du denn keine Augen im Kopf? Hier prügeln sie

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