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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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hat mein Vater selbst gekauft.« Der Zivilist am Schreibtisch mischte sich ein: »Du frecher Bengel, du weißt genau, worum es geht!« – »Zähle alle Bekannten in Częstochowa auf!« lautete die nächste, schon gefährlichere und hinterhältigere Frage. »Auf der Arbeit oder zu Hause?« fragte ich naiv zurück. »Sowohl da als auch dort«, präzisierte der Zivilist.
    Ich begann Personen aufzuzählen, die weder mit der Organisation noch mit der illegalen Arbeit etwas gemein hatten. Ich nannte die Mitarbeiter im Laden und im Lager, die nichts von meinen Kontakten und meinen Verbindungen wußten. Um meine Aussagen glaubhafter zu machen, nannte ich die Namen von drei »Volksdeutschen«, mit denen ich bei meiner Arbeit im Geschäft in Berührung gekommen war. Ich erwähnte auch einen polnischen Polizisten, der ins Kartoffellager gekommen war, um sich zu »unterhalten«, und von dem ich wußte, daß man ihn im Verdacht hatte, ein Spitzel zu sein. »Das reicht«, unterbrach mich der Zivilist. Er gab dem anderen ein Zeichen, er solle mich hinausführen. Ich wußte nicht, worum es ging. Indessen schubste mich der Uniformierte auf die Toilette und schloß hinter mir ab. Ich war überrascht. Sollten sie so allwissend sein, daß sie auch daran gedacht hatten, was mir so dringend nötig war?
    Als ich spülte, vernahm ich von jenseits der Wand plötzlich eine bekannte Stimme, obwohl ich noch nicht wußte, wer es sein mochte. »Tadek, Tadek! Ich weiß, daß du da bist. Antworte doch!« Die Stimme klang irgendwie gedämpft, als ob sie versuche zu flüstern, obgleich es kein Flüstern war. »Tadek, sag ihnen alles, denn ich hab schon alles zugegeben.« Ich hob den Kopf. Die Toilette war durch eine dünne Trennwand von einem Badezimmer abgeteilt. Im oberen, verglasten Teil dieser Wand befand sich eine Art Lüftungsfenster. Es war nur angelehnt. Von dort kam die Stimme: »Tadek, ich weiß, daß du da bist. Ich hab ihnen alles gesagt.«
    Ich stieg rasch auf den Klosettdeckel und blickte ins Badezimmer. Auf dem Rand der Badewanne saß mit steif abstehenden Beinen Stefania Wyrzykowska, eine der Melderinnen des Vaters aus der Zeit, als er Bereichskommandant in Częstochowa gewesen war. Sie selbst konnte mich nicht sehen, aber sie redete, als habe sie es auswendig gelernt. Ich war entsetzt. Doch sogleich erfaßte mich Empörung und Wut. Ich konnte mich nicht beherrschen. »Was plapperst du da, du dumme Gans! Ich weiß von nichts!« zischte ich. Und in dem Augenblick erkannte ich meinen Fehler! Zu spät! Im Schloß knirschte der Schlüssel, die Tür ging auf, und der Gestapo-Beamte in Handschuhen schlug mir mit voller Kraft ins Gesicht.
    »Na, wirst du jetzt reden?« brüllte er und schlug erneut zu, diesmal in den Magen. Ich flog mit dem Kopf an die Wand. Etwas benommen, hörte ich, wie jener brüllte: »Komm raus, du verfluchtes Arschloch!« Mit einer Hand packte er mich am Kragen meines Jacketts, und mit der andern drosch er wahllos auf mich ein. Ich begann zu bluten. Als ich das aus der Nase triefende Blut etwas mit dem Taschentuch gestillt hatte, brachte er mich wieder in das Zimmer, in dem der Zivilist saß. Der rauchte am Schreibtisch eine Zigarette und fragte leidenschaftslos: »Na, und was sagst du uns nun, Sobolewicz?«
    Ich schwieg. Ich war mir darüber klar, daß sie uns belauscht hatten und daß Stefanie angefangen hatte zu »plappern«. »Ich weiß von nichts«, versteifte ich mich. Sollten sie mich doch umbringen! Ich erinnerte mich daran, wie Szprynger in der Zelle gesagt hatte: »Etwas zugeben ist schlimmer als schweigen.« Mit dem Taschentuch versuchte ich weiterhin, das Blut zu stillen. »Woher kennst du die Wyrzykowska?« Es gab keinen anderen Ausweg, ich mußte etwas sagen. »Ich hab sie in der Kirche kennengelernt. Sie hat mir gefallen.« – »Und das ist alles?« wunderte sich lachend der Gestapo-Beamte. »Alles«, gab ich frech zurück. Der in Handschuhen trat auf mich zu, drehte mir den Arm auf den Rücken und drosch mir mit der anderen Hand erneut ins Gesicht, mal links, mal rechts. Wiederum begann ich zu bluten. Indessen sprang der andere auf, ergriff eine auf dem Schreibtisch liegende Peitsche und begann, aus aller Kraft auf mich einzuschlagen. »Rede! Was hat euch verbunden? Hat sie dir ›Blätter‹ gegeben?« »Na, red schon, sonst schlag ich dich zu Brei, du Rotzbengel!« Ich stöhnte. Es tat weh.
    Es tat sehr weh. Der andere prügelte ununterbrochen weiter. Als ich vom Stuhl rutschte, begann er mich

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