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Aus der Hölle zurück

Aus der Hölle zurück

Titel: Aus der Hölle zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tadeusz Sobolewicz
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und die rechte Seite des Rückens. Ich riß die rechte Hand vom Gitter los und versuchte, den Hinterkopf zu schützen. Ich winselte vor Schmerz, denn die Hand war sofort verbrannt. Rasch griff ich wieder nach dem Gitter, denn auch von links her drang das Feuer auf mich ein. Meine Kehle war von Rauch erfüllt, ich schmeckte Blut. Wiederum nahte die Hitze und verbiß sich in meinen Rücken. Ich spürte, wie mir die Flammen den Körper verbrannten. Ich schrie nur mit den Augen, denn ich konnte keinen Laut hervorbringen. Der Schmerz war so groß, daß ich nicht einmal die Kraft hatte zu weinen. Ich jammerte und hielt mich krampfhaft an dem Gitter fest. Als die glühende Hitze etwas nachließ, wurde ich in heißem Qualm geräuchert. Von Zeit zu Zeit verfiel ich in lähmende Erstarrung. Trotz der Qualen arbeitete mein Geist fieberhaft. Es muß irgendwo einen Ausweg geben, ich muß mich vom Gitter losreißen!
    Ich konnte die verkrampften Fäuste aber nicht lösen. Ich war wie gelähmt. Ich bemerkte aber, daß die Nacht allmählich in eine graue Morgendämmerung überging. Der Rauch war nicht mehr ganz so dicht, hüllte mich aber immer noch ein. Immer, wenn ein Hauch frischer Luft hereinwehte, atmete ich durch. Irgendwann bemerkte ich draußen hinter dem Gitter Leute. Mit den letzten Resten des überbeanspruchten Bewußtseins registrierte ich: Ich muß mich vom Gitter losreißen und den Ausgang suchen! Es dauerte längere Zeit, bis sich der innere Krampf in mir löste. Ich fiel hinunter und landete auf etwas Weichem, etwas Klebrigem. Es waren die Leichen erstickter Häftlinge.
    Blindlings, mit ausgestreckten Händen, tastete ich mich auf das eiserne Tor zu, das geöffnet sein konnte. Meine Füße stolperten über die Körper von Getöteten. Ich fiel hin und stand wieder auf, berührte dabei die Überreste lebloser Menschen. Wie durch einen Schleier erblickte ich schließlich das offene Geviert des Tores. Nur ein paar Meter trennten mich noch vom Ausweg aus dieser entsetzlichen Falle, nur noch wenige Schritte. Und plötzlich stieß ich in den dünner werdenden Rauchschwaden mit jemandem zusammen. Bevor ich mir überhaupt bewußt wurde, daß es ein SS -Mann mit einem Karabiner war, bekam ich schon einen furchtbaren Hieb auf den Kopf und sackte zusammen. Vor meinen Augen tanzten gelbe und grüne Kreise, dann wurden sie rot. Ich konnte gerade noch denken »Also doch der Tod!« – und verlor das Bewußtsein.
    Der Häftling, der mich an den Füßen über die Erde schleifte, war erschöpft und blieb einen Augenblick stehen. Ich kam durch den Schmerz zu mir, denn mein Kopf schlug an die Pflastersteine, und vom verbrannten Rücken wurden die letzten Hautreste abgescheuert. Der Schmerz war so schneidend, daß ich schreien wollte, aber ich konnte keinen Ton hervorbringen. Meine verbrannten Hände waren durch das krampfhafte Festkrallen am Gitter wie abgestorben. Nur mit den Augen konnte ich ein Lebenszeichen von mir geben.
    Der neben mir stehende Häftling beugte sich zu mir nieder und fragte: »Mann, du lebst noch?!« Ich bewegte die Augen. Der Häftling rief einen zweiten herbei, und sie trugen mich, an Händen und Füßen haltend, fort. Es gab sehr viele Verwundete und Opfer mit Verbrennungen. Die Deutschen wiesen an, uns auf einen LKW zu werfen, und brachten uns in den Lagerkrankenbau von Flossenbürg.

Flossenbürg
    Die Ladefläche des Lastwagens, der vor der Krankenbaracke im Konzentrationslager Flossenbürg stehenblieb, war mit Blut, Urin und Exkrementen beschmiert. Die SS -Leute hatten die Häftlinge mit den Verbrennungen fünf Stunden lang ununterbrochen gefahren. Ein Teil der Opfer war unterwegs gestorben.
    Obwohl auch meine Beine zum Teil verbrannt waren, vermochte ich sie soweit zu gebrauchen, daß ich darauf stehen konnte. Mit Hilfe eines polnischen Pflegers kroch ich vom Wagen herunter, und er stützte mich bis zum Bad des Krankenbaus. Hände und Rücken schmerzten entsetzlich. »Von woher bist du dahin geraten?«, fragte mich der Pole. »Von Auschwitz«, stammelte ich. »Aus Auschwitz? Du bist in Auschwitz gewesen? Na, sag das doch gleich! Janusz«, wandte er sich an einen anderen Häftling. »Bring ihn gleich nach dem Baden zum Verbinden!« Dann ging er wieder zum Wagen, um andere zu holen. Der kleine Baderaum füllte sich allmählich mit Häftlingen aus Mülsen. Jeder von ihnen trug an irgendwelchen Stellen des Körpers Verletzungen und Verbrennungen. Dieser am Kopf, jener an der Hand, ein anderer wiederum an den

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