Aus der Welt
weniger als einer Minute wieder da sind, werde ich Ihren christlichen Arsch endgültig vor die Tür setzen. Los, laufen Sie!«
Als Schwester Pepper davoneilte, ging Schwester Rainier neben mir in die Hocke und packte meine Arme.
»Frau Professor Jane … so funktioniert das nicht. Hören Sie mich? Ich weiß, wie schlimm das ist, wie furchtbar und unerträglich alles zu sein scheint. Aber das hilft Ihnen auch nicht weiter. Ich sage es noch einmal: Sie müssen jetzt damit aufhören. Denn sonst …«
In diesem Moment holte ich aus und erwischte sie mit der flachen Hand an der Schläfe. Gleich nachdem ich sie geschlagen hatte, wehrte sie sich und gab mir eine Ohrfeige. Und zwar eine gut gezielte, die meine verletzten Lippen verschonte und die Wange auf der anderen Seite meines verbundenen Auges traf. Trotzdem tat es höllisch weh – und riss mich aus meinem Weinkrampf.
Einen Moment lang herrschte schockiertes Schweigen. Dann stand sie auf, strich ihren Kittel glatt und sah auf mich herunter.
»Dafür kann ich entlassen werden«, sagte sie. »Aber das möchten Sie nicht, oder?«
Ich schüttelte den Kopf. Schwester Rainier wollte schon automatisch »Laut!« sagen, konnte sich aber gerade noch bremsen.
»Ist Ihr Gesicht in Ordnung?«
Ich nickte und schaffte es zu murmeln: »Und Ihr Kopf?«
»Ich werd’s überleben«, sagte sie. Schwester Pepper kam mit der Spritze und einer Glasphiole angerannt und gab beides der älteren Kollegin.
»Alles in Ordnung?«, fragte Schwester Pepper.
»Ich habe sie beruhigt.«
Schwester Rainier hielt mir die Spritze vor die Nase.
»Brauchen Sie das, Jane?«
Ich nickte.
»Sind Sie sicher? Das wird Sie die nächsten zwölf Stunden ausschalten.«
Ich nickte erneut.
»Bitte sehr, ganz wie Sie wollen.«
Die Nadel pikste in meinen Arm, und ich verlor das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf der Rollbahre. Meine Arme waren erneut festgegurtet, wenn auch nicht mehr so fest wie vorher. Es tat noch alles weh – und das Aufwachen wurde von jenem dicken chemischen Nebel begleitet, den starke Beruhigungsmittel hinterlassen. Ich merkte sofort, dass ich wieder an Schläuche und den Katheter angeschlossen war. Schwester Rainier stand an meinem Bett und musterte mich über ihre Lesebrille hinweg.
»Da sind Sie wieder«, sagte sie.
Ich nickte.
»Laut, Frau Professor.«
»Ja, da bin ich wieder«, murmelte ich mit schmerzenden Lippen.
»Gut. Sehr gut. Wollen wir uns darauf einigen, alles zu vergessen, was gestern geschehen ist, und wieder von vorn anfangen?«
»Gern.«
»Dann werde ich den Katheter entfernen und dafür sorgen, dass Ray Sie endlich zum Waschen bringt. Glauben Sie mir, diesmal wird Schwester Pepper nicht versuchen, Ihr Seelenheil zu ›retten‹. Sie wird nur dafür sorgen, dass Sie wieder hübsch sauber werden.«
Alles spielte sich genauso ab wie am Vortag. Ich rollte mich auf die Seite, wurde gebeten, die Luft anzuhalten, und der Katheter wurde entfernt. Ray war so wortkarg und mürrisch, aber genauso geschickt und sanft wie beim letzten Mal, als er mich in den Rollstuhl hob. Schwester Pepper erwartete mich im Bad und sah sehr nervös aus, als ich kam.
»Wie schön, dass es Ihnen besser geht«, flüsterte sie, nachdem mich Ray bei ihr abgeladen hatte. »Es tut mir leid, dass ich Sie gestern so erschüttert habe …«
»Ist schon gut.«
»Dann stecken wir Sie mal in eine schöne heiße Badewanne.«
Es war gar nicht so einfach, mich in besagte Badewanne zu stecken. Schwester Pepper musste meinen Gips erst in eine wasserdichte Hülle packen – obwohl sie das Bein, wie sie mir erklärte, über dem Wasser aufhängen würde. Dann musste sie vorsichtig die Binde von meinem verletzten Auge entfernen, damit sie mir die Haare waschen konnte.
»Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass Licht hineinfallen könnte«, sagte sie, während sie den Verband aufschnitt und sich bemühte, nicht zu viele Haare mit abzureißen. »Über dem Auge befindet sich noch einmal ein Verband. Aber ich kann Ihnen nicht die Haare waschen, ohne die große Binde abzunehmen. Und Ihre Haare müssen dringend ordentlich gewaschen werden.«
Sie ließ Wasser in die Wanne und erwähnte, dass sie Badesalz hinzugab, damit ich richtig schön einweichen könne. Die Wanne war mit einem speziellen Plastiksitz bestückt, sodass man Alte und Gebrechliche mit einem elektrischen Hebekran ins Wasser lassen konnte. Bis ich darin saß, dauerte es eine Weile. Und auch, bis sie mich von dem schweiß-
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