Aus der Welt
und urinbefleckten Krankenhauskittel befreit hatte. Allein das Heben meines linken Arms verursachte höllische Schmerzen im Rumpf. Sobald sie mich in den Sitz manövriert hatte, schwenkte sie ihn herum, sodass ich mich direkt über der Wanne befand. Sie schob einen Hebekran an die Wanne mit einer Plastikschlinge, die lang genug war, um mein Bein hineinzuhängen, und die sie nun nach unten zog, sodass sie sich auf einer Höhe mit der Wanne befand. Dann hob sie sanft mein eingegipstes Bein und bugsierte es in die Schlinge.
»So, jetzt kann ich den Sitz nach unten fahren – bereiten Sie sich darauf vor. Und sagen Sie mir Bescheid, wenn das Wasser zu heiß ist.«
Aber meine Aufmerksamkeit galt etwas anderem. Als ich mich in dem Sitz zurücklehnte und mich aufs Eintauchen vorbereitete wie ein bekehrter Täufling, erblickte ich mich in einem Spiegel an der rechten Wand. Zum ersten Mal sah ich mit eigenen Augen, welche Verletzungen ich mir zugefügt hatte. Das linke Auge trug nicht nur einen Verband, sondern war auch grotesk geschwollen. Meine Stirn war dermaßen voller Blutergüsse, dass sie aussah wie mit schwarzer Tinte bekleckst. Die gleichen Flecken bedeckten den Rumpf unter meinen Brüsten, während meine genähten Lippen aussahen, als hätte man blutbefleckten Stacheldraht hindurchgezogen.
Schwester Pepper sah, was ich sah. Sie eilte herbei und stellte einen Wandschirm vor den Spiegel.
»Das müssen Sie nicht sehen«, sagte sie. »Und ganz ehrlich, Jane: Ich weiß, das sieht jetzt schlimm aus. Aber ich habe mir Ihre Akte angesehen und bin mir sicher, dass alles gut verheilen wird.«
»Nein«, sagte ich. »Alles wird nicht verheilen.«
»Sie müssen jeden Tag nehmen wie …«
»Hören Sie auf«, sagte ich.
»Es tut mir leid.«
»Schon gut. Ich kann nur nicht …«
Die Worte verschwanden, bevor ich sie aussprechen konnte. Ich spürte, wie mir wieder die Tränen kamen. Schwester Pepper legte beruhigend die Hand auf meine Schulter und sagte: »Ehrlich gesagt hätte ich an Ihrer Stelle dasselbe getan – obwohl es nach meiner Religion eine Sünde ist. Aber was Ihnen passiert ist … ist wirklich unaussprechlich.«
Mit diesen Worten drückte sie auf einen Knopf und ließ mich in das warme, nach Lavendel duftende Wasser hinab. Ich zitterte, als meine Haut eintauchte. Aber das Wasser war wie Balsam – und ich fühlte mich so verdreckt und vergiftet, dass ich mich dem duftenden Bad überließ. Nachdem sie sichergestellt hatte, dass ich gut saß – soweit das mit einem hochgestreckten Bein und einem zertrümmerten Körper überhaupt möglich ist –, ließ sie mich fast eine halbe Stunde in der Wanne. Sie setzte sich ein Stück weit weg in eine Ecke des Raumes und ließ mich mit meinen Gedanken allein, von denen einer düsterer war als der andere.
Sollen sie mich doch heilen. Sollen sie die Folgen meines missglückten Selbstmordversuchs beseitigen. Sollen sie doch reden, dass ich mich damit abfinden muss, dass ich stark sein und mich dadurch nicht kaputtmachen lassen darf – und noch mehr solchen Mist, wie ich ihn mir in den Wochen nach dem Vorfall anhören musste. Sollen sie mich doch wieder auf die Beine bringen – und mich entlassen. Sobald ich sie los bin, nehme ich mir im nächstgelegenen Hotel ein Zimmer und bringe die Sache richtig zu Ende.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie jetzt einseife?«, fragte Schwester Pepper.
»Nein, im Gegenteil.«
Mit den Chirurgenhandschuhen, die sie bereits anhatte, als sie mich in die Wanne hievte, griff sie nach einem Stück Seife und fuhr damit sanft über meine Haut. Irgendwann gab sie es mir und fragte, ob ich mich »da unten« selbst waschen wolle. Als ich fertig war, duschte sie meine Haare ab und schäumte sie mit Johnson’s-Babyshampoo ein. Allein der Anblick der geschwungenen Flasche mit dem klassischen gelben Etikett sorgte für ein weiteres lang unterdrücktes Schluchzen. Das war das Shampoo, mit dem ich Emilys Haare gewaschen hatte. Schwester Pepper verstand und legte mir ihre Hand fest auf die linke Schulter, während sie damit fortfuhr, meine Kopfhaut zu massieren.
Sie spülte das Shampoo aus und hievte mich mit dem elektrischen Hebekran aus dem schaumigen Wasser. Dann zog sie mein Bein aus der Schlinge, setzte mich hin und trocknete mich ab. Nachdem sie mir einen frischen Krankenhauskittel angezogen hatte, bürstete sie gute zehn Minuten mein Haar.
»Danke«, sagte ich, als sie schließlich fertig war.
»Nein«, sagte sie. »Ich danke Ihnen. Ich
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