Aus der Welt
bekommen, möchte ich an die Öffentlichkeit treten und diese über Ihren Job und die von Ihnen aufzubauende Sammlung informieren.«
»Das können Sie vergessen«, sagte ich.
»Aber es wäre unglaublich wichtig für uns, eine erfolgreiche Autorin und echte Gelehrte wie Sie als Aushängeschild für dieses Projekt zu haben.«
»Tut mir leid, aber das kann ich nicht. Dafür stehe ich nicht zur Verfügung.«
»Würden Sie den Vorschlag wenigstens ein paar Tage überschlafen?«
»Ich freue mich darauf, die komplette Recherche, die Verhandlungen, die Käufe zu übernehmen und auch, meine Verpflichtungen als Leiterin der Einkaufsabteilung zu erfüllen. Aber zwingen Sie mich nicht, in irgendeiner Form an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie finden bestimmt eine andere Frontfrau.«
Stockton Henderson war nicht sehr begeistert, als Mrs Woods ihm mitteilte, dass ich in meiner Funktion als Leiterin der Einkaufsabteilung keinerlei Pressearbeit übernehmen würde. Bis sie vorschlug, Henderson könne über diese »neue Initiative« doch höchstpersönlich informieren, und ankündigen, die Bibliothek arbeite mit verschiedenen Beratern und Experten für seltene Bücher zusammen, die ihm die besten Investitionen empfehlen würden. Die endgültige Entscheidung würde allerdings bei ihm liegen.
Da er so ein angeberischer Wichtigtuer war, ging Stockton sofort auf diesen Vorschlag ein. Innerhalb von zwei Monaten hatte er die Provinzregierung überzeugt, weitere 500 000 Dollar lockerzumachen, damit er mit seiner neuen Sammlung beginnen könne.
»Größtenteils sind das solche Geizkragen«, meinte Ruth Fowler, als das Geld einging, »da braucht man schon einen Kerl wie Henderson, um mehr Mittel durchzuboxen.«
»Ich kann mich nicht beschweren«, meinte ich, wohl wissend, dass mir jetzt beinahe eine Million Dollar zur Verfügung stand, die ich für Bücher ausgeben konnte.
Und ich gab sie auch aus. Was die allgemeinen Bestände betraf, berücksichtigte ich jede Empfehlung der verschiedenen Abteilungsleiter, um die Lücken zu schließen. Wir hatten einen Studenten der University of Calgary, der stundenweise in der Belletristikabteilung arbeitete – ein schlaues Kerlchen namens Ron, der ein untrügliches Gespür dafür hatte, unsere Schwachpunkte aufzudecken. Ich bat ihn, zu planen, wie wir unseren Literaturbestand aktualisieren könnten – und bewilligte ihm ein Budget von 50 000 Dollar. Er kam sich vor wie ein Kind im Spielzeugparadies. Nach nur zwei Wochen präsentierte er mir alle möglichen Vorschläge – eine ganze Abteilung für die Beat-Poeten, die frankokanadischen Schriftsteller, für vergessene Romanciers aus Alberta, für den französischen nouveau roman .
Mrs Woods musste viele Neuerwerbungen vor dem Vorstand verteidigen, der – angestachelt durch einen bösen Brief von Marlene Tucker (die sich nach ihrer Demontage schlichtweg weigerte, mit mir zu reden) – entsetzt war, dass Gelder von braven Steuerzahlern für »Beatniks«, »Frankofone« und »Bücher, die sowieso keiner lesen wird« ausgegeben wurden (alles O-Töne aus der Sitzung). Mrs Woods hatte jedoch heimlich mehrere mit dem Projekt sympathisierende Journalisten aus Calgary kontaktiert, die mit Feuereifer Artikel über die Bestandsverbesserung der Central Public Library schrieben: Man müsse dem Vorstand dankbar dafür sein, dass er einer solch beeindruckenden Generalüberholung zugestimmt hatte, denn damit wäre die Bibliothek dank ihres Sortiments und ihrer Seriosität eine der besten städtischen Bibliotheken in ganz Kanada.
Dem Vorstand gefiel diese Schmeichelei – und Mrs Woods drohte Marlene Tucker mit Kündigung, falls sie mit ihrer Schmutzkampagne fortfahre. Aber am meisten genoss Stockton Henderson die gute Presse. Als ich eine seltene Originalausgabe von Dickens’ Dombey und Sohn für lächerliche 14 000 Dollar bei einem Londoner Antiquar auftrieb sowie eine nummerierte Erstauflage von Joyces Ulysses bei Shakespeare and Co. für 58 000 Dollar, lud Henderson ein paar Journalisten in die Bibliothek ein, damit sie sich die Schätze ansehen konnten – nicht ohne jedem, der es hören wollte, zu erzählen, dass er diese Entdeckungen höchstpersönlich gemacht hätte. Die Artikel, die dann folgten, waren Balsam für seine Seele, denn darin stand, was dieser große Ölmagnatenanwalt privat doch für ein feinsinniger Bibliophiler wäre …
»Meine Güte, mir kam beinahe das Kotzen, als ich das gelesen habe«, sagte Ruth am nächsten Tag. »Der Kerl
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