Aus der Welt
Hurensohn zu beeindrucken, spielt für mich keine Rolle. Aber man überweist niemals, niemals mehr als 5000 Dollar, falls die Redlichkeit des Empfängers irgendwie zweifelhaft ist. Dank der Börsenaufsichtsbehörde und des FBI werden alle Auslandsüberweisungen über 5000 Dollar sofort von allen möglichen Spionen und Finanzaufsehern kontrolliert. Dass Sie Geld an einen Ganoven überwiesen haben …«
»Das wusste ich nicht.«
»In unserer Branche – und auf dem Niveau, auf dem wir arbeiten – ist das keine zufriedenstellende Antwort. Das Problem ist …«
»Ich weiß, was das Problem ist«, sagte ich und fiel ihm ins Wort. »Ich habe die Aufmerksamkeit auf diese Firma gelenkt, eine Aufmerksamkeit, die Sie weder wünschen noch gebrauchen können. Ich bin gern bereit, die Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen und auf der Stelle zu kündigen.«
»Ihre Kündigung ist angenommen. Sie haben hier keine Zukunft mehr. Ja, Ihre Zukunft in der gesamten Finanzbranche ist zu Ende, weil keine andere Firma Sie nach dieser Sache hier einstellen wird – denn jedes Mal, wenn die Börsenaufsichtsbehörde oder das FBI eine ihrer Standardkontrollen machen, würden bei Ihrem Namen die Alarmsirenen losschrillen. Was den Finanzsektor anbelangt, sind Sie erledigt.«
Ich starrte auf meine Hände und dachte: Mein Vater hat erreicht, was er wollte. Ich bin endlich in seine Fußstapfen getreten und habe versagt.
Brad sprach weiter.
»Ich werde Ihnen eine Abfindung zahlen. Unsere Anwälte werden sich in den nächsten Tagen bei Ihnen melden, um das zu besprechen.«
»Ich will Ihr Geld nicht.«
»Spielen Sie hier nicht die Großmütige«, sagte er und wandte sich wieder seinem Computer zu. »Heutzutage werden ständig Leute gefeuert. Und wenn sie so jung sind wie Sie, bekommen sie in der Regel keine großzügige Abfindung.«
»Warum bekomme ich dann eine?«
»Wegen des Riesendeals, den Sie für uns gemacht haben. Das war eine lukrative Sache und hat gezeigt, dass Sie Potenzial haben. Sie haben uns Geld eingebracht. Aber jetzt müssen wir uns von Ihnen trennen. Für diese eine lukrative Sache sollen Sie entschädigt werden, und damit basta. Sie können das Geld nehmen oder auch nicht. Das liegt ganz bei Ihnen.«
Es gab vieles, was ich in diesem Moment gern gesagt hätte. Aber ich wusste, dass ich gegen ein unausgesprochenes Gesetz der Firma verstoßen hatte, indem ich für unerwünschte Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Es interessierte niemanden, dass ich hereingelegt worden war. Laut den Brad-Pullman-Firmenregeln hatte ich Riesenmist gebaut und wurde zur Strafe verbannt – allerdings mit einer großzügigen Abfindung, die mich eine Weile über Wasser halten würde.
Also tat ich, was von mir erwartet wurde. Ich erhob mich und ging. Als ich die Tür erreichte, sagte ich drei Worte: »Ich danke Ihnen.«
Brad Pullman sah von seinen Zahlen auf. Seine beiden letzten Worte an mich lauteten: »Gern geschehen.«
Sobald ich Brads Büro verlassen hatte, begrüßte mich Reuben Julia. Er war der Büroleiter von Freedom Mutual , obwohl jeder in der Firma wusste, dass er de facto ihr Sicherheitschef war – jener Mann, der Brad vor allem Übel bewahren sollte. Da ich jetzt zu den Übeltätern zählte, war Reuben gekommen, um mich zu entfernen. Reuben war Mitte fünfzig, klein und elegant.
»Miss Howard«, sagte er ohne die geringste Drohung. »Ich werde Sie jetzt hinausbegleiten.«
»Gut«, erwiderte ich.
Wir schwiegen, und er gab einen Zahlencode neben einer Seitentür ein. Die Tür ging auf, und ich folgte Mr Julia durch eine Reihe langer Flure zu einem rückseitig gelegenen Lift. Als wir nach unten fuhren, sagte er: »Ich werde veranlassen, dass Ihr Schreibtisch noch heute ausgeräumt wird.«
»Da gibt es nicht viel auszuräumen.«
Wir erreichten das Erdgeschoss. Ein Lincoln-Mietwagen wartete bereits vor der Tür. »Max wird Sie nach Hause fahren«, sagte Mr Julia. »Wie Mr Pullman Ihnen bereits sagte, werden sich unsere Anwälte in wenigen Tagen bei Ihnen melden.«
Mit einem kurzen Kopfnicken verabschiedete er sich, und ich wurde nach Hause gebracht.
Kurz nachdem ich über die Schwelle getreten war, klingelte das Telefon. Ein Herr namens Dwight Hale war am Apparat. Er sei von der Kanzlei Bevan, Franklin und Huntington und arbeite als Rechtsberater von Freedom Mutual. Er bat mich, morgen in seinem Büro unweit des Rathauses vorbeizuschauen, um über »die Abfindung« zu sprechen.
Ich entsprach seiner Bitte und fand mich am
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