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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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durch drei teilt, ist das nicht gerade üppig. Da aber einige der Investoren, die er betrog, in den Vereinigten Staaten leben, wurden wir auf ihn aufmerksam. Wir sind schon eine ganze Weile hinter Creighton Crowley her. Der Typ hat eine kriminelle Vergangenheit, bestehend aus Insidergeschäften und Anlagebetrug. Er ist uns nur immer wieder durchs Netz geschlüpft – und schließlich in Chile gelandet. Ihr Vater lernte ihn über ›gemeinsame Geschäftspartner‹ kennen, in beruflicher Hinsicht war es ›Liebe auf den ersten Blick‹.«
    Jetzt schaltete sich Ames ein: »Ich habe die schillernde politische Vergangenheit Ihres Vaters in Chile nur aus einem einzigen Grund erwähnt. Nämlich damit Sie begreifen, dass der Mann, dem Sie – wenn auch vielleicht unwissentlich – zur Flucht verhalfen, ein Riesengauner ist. Er hat Anteile an einer Firma verkauft, die es nie gab. Er hat seinen Investoren versprochen, Anteile für sie zu erwerben, obwohl er diese Anteile dank seines ›Vertrags‹ mit der Firma ›als Entlohnung‹ bekam.«
    »Nicht, dass es zwischen Mr Crowley und Ihrem Vater irgendeinen ›Vertrag‹ gegeben hätte«, sagte Mr Fletcher. »Eher eine Art schriftliche Vereinbarung, in der ihm Crowley fünfzigtausend Anteile seiner windigen Firma versprach. Ihr Vater hätte genauso gut fünfzig Millionen Anteile besitzen können, das spielte überhaupt keine Rolle. Es war alles ein einziger Betrug. Er wurde mit den Anteilen als Teil seines Vertrags entlohnt und hat sie weiterverkauft. Crowley tat natürlich genau dasselbe.
    Wollen Sie etwas echt Abgefahrenes hören? Erinnern Sie sich noch an einen Freund der Familie namens Don Keller?«
    Natürlich erinnerte ich mich an Don Keller, einen ehemaligen Kollegen meines Vaters – ein Geologe, der sich um die ganze Technik im Bergbaugeschäft kümmerte. Außerdem war er ein wahnsinniger Säufer, der ständig mit meinem Vater um die Häuser zog.
    »Sie waren Geschäftspartner«, sagte ich.
    »Laut Mr Keller«, so Fletcher, »waren sie sehr enge Freunde. Keller hatte ›Alkoholprobleme‹ und verlor deswegen vor etwa zehn Jahren seinen Job und seine Frau. Er hat in einem sehr bescheidenen Haus am Stadtrand von Phoenix ein sehr bescheidenes Leben geführt. Seine gesamten Ersparnisse beliefen sich auf 150 000 Dollar – und Ende letzten Jahres überzeugte ihn Ihr Vater, sie in seine Firma zu investieren, wobei er ihm – schriftlich – versprach, den Betrag in einem Jahr zu verdoppeln.«
    »Don Keller ist heute ruiniert, und das hat er Ihrem Vater zu verdanken«, sagte Agent Ames. »Er ist vollkommen pleite – und hat eine Mordswut. Eine solche Wut, dass er uns über die Geschäfte Ihres Vaters informiert hat. Wie sich herausstellte, waren auch unsere Freunde von der Börsenaufsichtsbehörde an Mr Crowleys Anlagebetrügereien interessiert. Da wir sämtliche Geldeingänge Ihres Vaters beobachten, wurden wir natürlich aufmerksam, als wir sahen, dass Sie ihm 10 000 Dollar überwiesen.«
    Wieder wollte ich meine Unschuld beteuern, hielt es aber für besser, erst einmal nichts zu sagen. Stattdessen stellte ich Blickkontakt zu Brad her. Seine Missbilligung war offensichtlich.
    »Wir haben uns natürlich auch Ihre Kontobewegungen angeschaut«, sagte Mr Fletcher, »und festgestellt, dass Sie in den letzten Wochen 20 000 Dollar von Freedom Mutual erhalten haben. Mr Pullman hat uns erklärt, es handele sich dabei um Ihren Einstiegsbonus.«
    »Das stimmt«, sagte ich. »Das war Teil des Vertrags, den mir Brad angeboten hat.«
    »Warum hat er ausgerechnet Ihnen, einer promovierten Literaturwissenschaftlerin, so viel Geld angeboten?«, fragte Mr Fletcher.
    An dieser Stelle schaltete sich Brad ein.
    »Ich bin ein Talentscout – und wie ich Ihnen bereits sagte, besitzt Jane eindeutig Talent.«
    Ein langes Schweigen entstand.
    »Wir sind uns immer noch nicht ganz sicher, ob Miss Howard unwissentlich gehandelt hat, als sie ihrem Vater das Geld gab«, sagte Ames.
    »Sir, mein Vater hat noch nie einen Funken Verantwortungsbewusstsein besessen. Sehen Sie sich meine Biografie an – falls Sie das nicht längst getan haben. Dann werden Sie feststellen, dass er nie für meine Studiengebühren aufgekommen ist, ich war immer auf Stipendien angewiesen. Rufen Sie den Direktor meiner Highschool, Mr Merritt, an, und lassen Sie sich sagen, wie knapp das Geld bei uns zu Hause war. Ich habe diesem Mistkerl nur aus einem einzigen Grund 10 000 Dollar geschickt, und zwar um ihm zu zeigen, dass ich

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