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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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Wind und die donnernde Brandung, die gegen einen menschenleeren Strand schlug, um mich daran zu erinnern, dass meine bloße Existenz Grund genug war, glücklich zu sein?
    Nach ein, zwei Kilometern begann es zu schneien. Erst noch ganz leicht – eine sanftes Rieseln zögerlicher Flocken. Aber schon in der nächsten Minute wurde daraus ein kleiner Schneesturm. Die Flocken fielen so dicht, dass ich kaum noch etwas sah außer einem weißen Nichts. Der Sturm traf mich unvorbereitet, und das soeben noch empfundene stille Glück wich dem Gedanken: Sieh zu, dass du hier wegkommst!
    Aber bei der schlechten Sicht war das gar nicht so leicht. Ich hielt den Kopf gesenkt und stemmte mich gegen den Sturm in dem Versuch, meinen Fußspuren zu folgen. Ich kam nur langsam voran, meine Augen brannten wegen des Schnees, der mir ins Gesicht peitschte, meine Hände wurden steif. Der Moment ungetrübten Glücks hatte sich in ein verbissenes Voranstapfen verwandelt.
    Doch plötzlich hörte es auf zu schneien, ganz so, als hätte jemand einen Knopf gedrückt und den Sturm abgestellt. Der mittlerweile schneebedeckte weiße Strand bot sich mir erneut dar. Ich lief so schnell wie möglich zurück zum Wagen. Dort drehte ich die Heizung auf und betrachtete mich im Rückspiegel. Mein Gesicht war knallrot, und meine Wimpern und Augenbrauen waren vereist. Aber als das Gebläse dafür sorgte, dass mir wieder warm wurde, verspürte ich die merkwürdige Erleichterung eines Menschen, der sich in Gefahr begeben hat und heil wieder herausgekommen ist.
    Es gibt keine größere Erleichterung als das Gefühl, wider besseres Wissen noch mal davongekommen zu sein.
    Ich blieb mindestens zehn Minuten im Auto sitzen und wartete, bis mir wieder richtig warm war. Dann zog ich meinen Parka und die Handschuhe aus und trat die Rückfahrt nach Halifax an. Doch gleich am Ende der Strandpromenade sah ich das Schild an einem Briefkasten im Wind wehen. Darauf stand:
    ZU VERMIETEN: RUFEN SIE MICH AN: 555.3438. SUE
    Der Briefkasten befand sich am Ende einer Auffahrt. Neugierig bog ich in sie ein und fuhr die hundert Meter zu einem skandinavischen Nurdachhaus. Die Tür war abgeschlossen, und es brannte nirgendwo Licht. Aber das Fenster über der Tür war transparent. Als ich hineinspähte, erkannte ich ein schlichtes, geschmackvoll im Landhausstil möbliertes Wohnzimmer mit einem alten Holzofen in der Ecke.
    Ich sah mich im Schaukelstuhl vor dem Ofen sitzen, Melville oder Flaubert lesen und einen Klassiksender hören. Ich ging zurück zum Wagen, fuhr zum Briefkasten und rief die Nummer auf dem Schild an.
    Ich hatte Glück. Sue Macdonald lebte nur fünf Minuten entfernt und war gerade zu Hause.
    »Sie wollen das Haus wirklich mieten?«, fragte sie ungläubig, mit einem Keuchen, wie es für Kettenraucher typisch ist.
    »Wenn es noch zu haben ist«, sagte ich.
    »Noch zu haben? Es ist Januar, und wir sind in Nova Scotia – so gesehen ist es natürlich noch zu haben. Warten Sie auf mich, ich bin gleich bei Ihnen.«
    Wenige Minuten später war sie da – eine Frau von Ende fünfzig mit kurzen, drahtigen grauen Haaren, die achtlos eine Jeans und eine mottenzerfressene Strickjacke unter einem alten Armeeparka trug. In ihrem Mundwinkel hing eine Zigarette. Sie war mir auf Anhieb sympathisch, obwohl sie mich misstrauisch musterte.
    »Bitte entschuldigen Sie die Frage«, sagte sie, während sie die Vordertür aufschloss. »Aber sind Sie auf der Flucht oder so was?«
    »Die Sache ist weitaus weniger dramatisch«, log ich. »Ich habe meinen Job verloren, bekam eine hübsche Abfindung und will mich eine Weile irgendwo zum Nachdenken verkriechen.«
    »Nun, hier kann man wirklich in Ruhe seinen Gedanken nachhängen. Martinique Beach ist dermaßen tot im Winter, dass wir vor wenigen Jahren jemanden erschießen mussten, um einen Friedhof anlegen zu können.«
    Das Haus war erwartungsgemäß schlicht, besaß aber einen gewissen asketischen Charme. Die Möbel erinnerten an den Shaker-Stil. Es gab einen sehr gemütlichen Sessel, einen traditionellen Schaukelstuhl, ein hübsches Himmelbett für zwei Personen im oberen Zimmer, eine funktionale Küche mit Kiefernholzschränken, ein großes Radio auf einem Couchtisch, aber keinen Fernseher.
    »Jetzt lauten Ihre beiden dringendsten Fragen bestimmt: Wie bekomme ich das verdammte Haus warm, und wie sehr wird mich das nerven? Nun, es gibt einen mit Öl betriebenen Boiler, den ich momentan einmal am Tag einschalte, damit die Rohre nicht zufrieren. Wenn

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