Aus Licht gewoben
einer dünnen Silberkette befestigt, die nun in meiner Hand lag. Ein Armband
, dachte ich. Die runden Kristalle funkelten wie kleine Sterne.
»Wann hast du denn …?«, fragte ich. Mein Verstand war völlig vernebelt. »Ich … Aber … Warum?«
Mit gesenktem Blick kratzte sich North am Kopf.
»Gefällt es dir?«, fragte er dann vorsichtig. »Ich habe es schon länger. Eigentlich wollte ich auf den richtigen Zeitpunkt warten, um es dir zu geben. Der ist jetzt auch nicht, aber ich weiß nicht, was in den nächsten Tagen alles geschehen wird.«
»Warum schenkst du es mir?« Ich strich mit dem Finger über die glänzende Kette.
»Zum Teil als Entschuldigung«, gestand North. Er strich mir die Haare aus dem Gesicht. »Ich weiß, es kann deinen Webrahmen nicht ersetzen, aber ich verspreche, ich baue dir einen neuen, noch viel besseren.«
»Das habe ich nicht verdient«, protestierte ich. »Es war sicher furchtbar teuer.«
»Darf ich?«, fragte er und öffnete es. Als er es mir um das Handgelenk legte, durchströmte mich ein überwältigendes Gefühl von Wärme.
»Danke«, sagte North. »Ohne dich hätte ich es niemals so weit geschafft.«
»Das stimmt doch gar nicht«, wehrte ich ab. »Ohne mich hättest du vermutlich viel weniger Schwierigkeiten gehabt.«
»Das ist das Seltsame an Schwierigkeiten«, grinste er. »Sie haben es so an sich, einen aufzuspüren, wenn man danach auf der Suche ist, und das bin ich eigentlich ständig.«
Von der Reise vollkommen erschöpft, schlief ich trotz der holprigen Fahrt bald ein. Als ich erwachte, ging die Sonne schon unter, und North saß vorne neben Owain.
»Ich bin froh, dass ich dich damals fast verdroschen hätte, als du mein Bier geklaut hast«, sagte Owain. »Ein Bier verloren,
einen Freund gewonnen. Es tut mir leid, dass ich dich enttäuschen musste und die Nachricht nicht überbringen konnte.«
»Nein, es war nicht recht von mir, dich darum zu bitten«, sagte North. »Mir hätte klar sein müssen, dass sie Probleme machen würden. Es tut mir leid.«
»Mach dir mal keine Sorgen«, erwiderte Owain. »Stell dir bloß vor, wie langweilig mein Leben ohne dich wäre. Keine Abenteuer, keine Drachen, nur hier und da einen unbedeutenden Dieb fangen, um genug zum Leben zu haben.«
»Wir sind bald da«, sagte North. »Ich kann den Lyfe schon riechen.«
»Hast du es ihr schon gesagt?«, fragte Owain. »Sie gewarnt, meine ich, vor den anderen Zauberern?«
North schüttelte nur stumm den Kopf.
»Weißt du, Junge«, sagte Owain und schnalzte mit den Zügeln, »es ist heute nicht mehr so einfach, Mädchen zu finden, die mutig wie Drachen und süß wie Blumen sind. Ich dachte, Vesta wäre die letzte dieser Art. Klug, großzügig.«
»Stur, nervtötend«, ergänzte North.
»Ach, ein perfektes Paar also«, lachte Owain. »Sie ist die Einzige, die es jemals geschafft hat, dir so richtig in deinen traurigen Hintern zu treten. Versprich mir, dass du sie nicht wieder entwischen lässt.«
North warf einen Blick über die Schulter. »Versprochen.«
Zwölftes Kapitel
I ch weiß nicht genau, was ich von Provincia erwartet hatte, aber nun, da ich direkt vor seinen berühmten Mauern und den vier hohen Türmen stand, war ich alles andere als überwältigt. Selbst die höchsten Turmspitzen des Schlosses waren niedriger als in meiner Vorstellung.
Die Stadt, mit dem Schloss in ihrer Mitte, lag auf einer kleinen Insel am Rande des Lyfe, des großen Sees. Eine steinerne Brücke über das Wasser stellte, abgesehen von den Schleusentoren, den einzigen Zugang dar. Ich zog eine Ecke der Wagenabdeckung zurück, um die großen, am südlichen Tor vertäuten Holzschiffe sehen zu können, doch die Zelte und Feuer lenkten meine Aufmerksamkeit davon ab. Auf dem Festland, ein Stück vom Seeufer entfernt, standen Hunderte, vielleicht sogar Tausende Zelte in jeder nur erdenklichen Farbe und Form. Der umliegende Wald schien erst kürzlich abgeholzt worden zu sein, um ihnen Platz zu machen. Ich fragte Owain, was es damit auf sich hatte.
»Dort bringen sie die Zauberer niedriger Ränge und die Männer unter, die zur Verstärkung des Schlosses einberufen worden sind«, antwortete er. »Die Menschen werden aber zurück nach Hause geschickt, bevor der Kampf beginnt, ob sie nun wollen oder nicht.«
In dem Augenblick, als die Räder unseres Wagens die Brücke berührten, begann der eisige Regen. Wir reihten uns ein
in die lange Schlange von Menschen auf dem Weg in die Stadt, Karren und Gepäck missmutig
Weitere Kostenlose Bücher