Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
unmöglich und wir würden wirklich zueinander finden.
Tantchen hatte meinen Verehrer ein- oder zweimal gesehen, wenn sie in den Laden ging oder zurückkam. Offensichtlich hatte sein freundliches Lächeln gereicht, um sogar ihr eisiges Herz zum Schmelzen zu bringen. Sie musste jedenfalls zugeben, dass der junge Mann »sehr nett« wirkte. Ich fragte mich langsam, ob nicht vielleicht doch die Chance bestand, dass sie mir erlaubte, mit ihm auszugehen.
»Hast du ein Foto von dir?«, fragte Jun eines Tages, als wir einmal ein paar Augenblicke allein für uns hatten.
»Sicher«, sagte ich, »warum?«
»Ich möchte es meinen Eltern zeigen«, antwortete er grinsend und sah mir dabei tief in die Augen. »Ich möchte, dass sie sehen, wie hübsch du bist, damit sie dich wählen.«
»Mich wählen?« Ich verstand nicht recht, was er meinte, aber es hörte sich sehr viel versprechend an.
»Sie möchten, dass ich ein anderes Mädchen heirate«, erklärte er. »Ich will ihnen zeigen, dass du viel hübscher bist, damit sie ihre Meinung ändern.«
Der Gedanke, dass es in seinem Leben ein anderes Mädchen gab, schnitt mir wie ein Messer ins Herz, aber ich freute mich, dass er mich hübscher fand. Mit einem von widerstreitenden Gefühlen umnebelten Verstand rannte ich nach Hause und fand schließlich ein Foto, das eine Freundin von Tantchen im Kurzwarengeschäft von mir gemacht hatte; ich fand, dass ich darauf gut aussah. Ich brachte es Jun also beim nächsten Mal mit, und er nahm es genau in Augenschein und rief immer wieder aus, wie hübsch ich doch sei. Ich strahlte vor Stolz und vergaß die andere. Was für Chancen sollte sie schon haben?
In dem Augenblick, als ich wieder daheim war, begann ich mich jedoch zu sorgen. Was, wenn seine Eltern zu engstirnig waren, um ihre Meinung zu ändern? Was, wenn dieses Mädchen aus reichem Hause kam und ihm gute Zukunftsaussichten zu bieten hatte? Mein Selbstvertrauen wurde mit jedem Tag, der verging, schwächer.
»Ich habe meinen Eltern das Foto von dir gezeigt«, sagte Jun ein paar Tage später, als wäre das die lässigste Ankündigung der Welt.
»Und was haben sie gesagt?«, wollte ich wissen.
»Sie haben gesagt, dass du sehr hübsch bist«, antwortete er mit einem strahlenden Lächeln. »Sie haben gesagt, dass sie dich wählen werden.«
»So.« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, ich fand keine Worte. Ich grinste bloß dämlich.
»Ich liebe dich«, sagte er, und ich war so glücklich wie noch nie in meinem Leben.
»Kannst du mich deinen Eltern vorstellen?«, fragte er.
»Natürlich«, sagte ich und versuchte so lässig wie er zu klingen.
Ich wusste, dass seine Familie wohlhabender war als die meine und dass er eine bessere Ausbildung hatte als ich, aber ich willigte, ohne zu zögern, ein, ihn in unser Haus in den Bergen mitzunehmen, damit er meine Eltern kennen lernen konnte. Ich konnte es eigentlich kaum abwarten, ihn dort vorzuführen, und war stolz, ihm zu zeigen, wo ich herkam. Ich war mir sicher, dass er meine Familie ebenso lieben würde wie ich. Er nahm bei seinem ersten Besuch seinen Cousin mit, damit das Ganze einen offizielleren Anstrich hatte. Mama mochte ihn und sah keinen Grund, weshalb er mir nicht weiter den Hof machen sollte. Am Ende des Besuchs setzte er sich mit ernstem Gesicht zu ihr.
»Ich möchte Sie um Ihre Einwilligung bitten, Ihre Tochter zu heiraten«, sagte er sehr förmlich.
»Ach du meine Güte!« Mama war offensichtlich ebenso schockiert wie ich. »Aber sie ist zu jung!«
Jun lächelte verständnisvoll und machte keinen weiteren Druck. Wahrscheinlich wollte er ihr die Zeit geben, sich langsam an den Gedanken zu gewöhnen. Ich war außer mir vor Aufregung. Auf der ganzen Rückfahrt nach Sorsogon unterhielten wir uns darüber, was wir tun sollten und wie wir zusammen sein könnten. Laut Gesetz durfte man auf den Philippinen erst mit achtzehn heiraten. Ich stand aber erst kurz vor meinem siebzehnten Geburtstag,
und wir wollten beide nicht ein ganzes Jahr warten. Wir gingen die Möglichkeiten immer wieder durch, wussten aber nicht, welcher Weg der richtige war.
Ein paar Tage später bekam ich einen Brief von Jun - eine Freundin, die Köchin, brachte ihn vorbei. Er schrieb mir, dass er sich geprügelt und man ihm das Gesicht eingeschlagen habe.
»Hat er dir den Brief persönlich gegeben?«, fragte ich.
»Ja. Er hat wirklich übel ausgesehen, Gina. Er hatte ganz verschwollene und aufgeplatzte Lippen.« Sie hielt sich eine Hand vors Gesicht
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