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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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mich nicht dorthin zu führen. Ich wollte nicht sehen, was die Kreaturen in Laragon zurückgelassen hatten. Das war sehr wahrscheinlich feige von mir, aber ich stieß einen spirituellen Seufzer der Erleichterung aus, als mein Körper weder langsamer wurde, noch sich in Richtung der toten Burg bewegte.
    Viel zu schnell sah ich vor mir in der Ferne Lichter aufblitzen. Ich erkannte die dunklen Mauern der Wachtburg, und mein Körper wurde langsamer und sackte nach unten.
    „Bitte, lass mich nicht zu lange hierbleiben“, flehte ich flüsternd.
    Sei tapfer, Geliebte. Die Worte flatterten so schnell durch meinen Kopf, dass ich nicht sicher sein konnte, sie mir nicht selber ausgedacht zu haben. Ich atmete tief ein und versuchte, mich für das unweigerlich auf mich wartende Grauen zu rüsten.
    Mein Abstieg brachte mich mittig über den Innenhof, den ich auf meiner vorherigen Traumreise schon besucht hatte. Offensichtlich wurde er immer noch als Lager für Frauen benutzt, denn ich konnte schäbige Zelte erkennen, die den schwachen Schein der flackernden Feuer reflektierten. In Decken gehüllte Schemen hockten um die Feuerstellen. Ich glitt näher heran und erkannte, dass es noch mehr Frauen geworden waren. Über dem gesamten Innenhof lag ungewöhnliche Stille. Selbst mitten in der Nacht würden Frauen normalerweise miteinander quatschen und in kleinen Gruppen den neuesten Klatsch austauschen. Diese Versammlung war so ruhig, dass ich das Knacken und Knistern der Holzscheite in den Feuern hören konnte. Dieses Mal schien niemand meine Gegenwart zu bemerken. Ich blieb nicht lange bei ihnen, sondern fühlte, wie ich zum Westflügel der Burg getragen wurde. Mein Körper hielt an, als ich das mit einer Balustrade versehene Flachdach eines Gebäudeteils erreichte, das von flackernden Fackeln erleuchtet wurde.
    Rüste dich, Geliebte , hallten die geflüsterten Worte in meinem Kopf wider. Dann glitt ich plötzlich durch das Dach unter mir.
    Ich landete in einem großen Schlafzimmer. Überall standen und hingen Kerzen und Fackeln. In zwei Kaminen, groß genug, dass mehrere erwachsene Männer aufrecht darin stehen konnten, brannte Feuer. Der übererleuchtete Raum wurde eindeutig von dem mittig stehenden und gut ausgeleuchteten riesigen Bett direkt unter mir dominiert.
    Zu Anfang dachte ich, das Zimmer sei leer, dann hörte ich ein Rascheln, das von der Mitte des Bettes kam. Das Ding auf dem Bett bewegte sich und zog seine Flügel zurück. Mit einem Ekelschauer erkannte ich, dass das, was ich für Bettzeug gehalten hatte, die Flügel einer dieser ekligen Kreaturen waren. Igitt! Ohne es zu wollen, schwebte ich weiter hinunter.
    Die Flügel der Kreatur bewegten sich erneut, und ich sah, dass sie mehr als nur den Körper der Kreatur bedeckt hatten. Sie hatten auch über dem Körper eines menschlichen Mädchens gelegen. Sie war so blass und lag so still, dass ich dachte, sie sei vielleicht tot. Dann sah ich, wie sie krampfhaft zuckte, als die Kreatur eine Hand auf ihren nackten Schamhügel legte.
    „So süß“, zischte er.
    Er ließ seine Hand auf die Innenseite ihres Oberschenkels gleiten, und seine Finger zogen Kreise in der Feuchtigkeit, die er dort fand. Ihre Beine zuckten und erlaubten so den Kerzen, die Flüssigkeit zu erleuchten – entsetzt sah ich, dass es dickes, rotes Blut war.
    „Oh!“ Mein Atem verließ mich mit einem entsetzten Stoßseufzer.
    Sofort wandte sich die Kreatur in meine Richtung um, und seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er den Raum über seinem Bett absuchte.
    Ich erkannte ihn, sobald ich sein Gesicht sah – es war Nuada.
    „Raus hier!“, befahl er. Mit einem krallenbewehrten Fuß stieß er das Mädchen an den Rand des Bettes. Sie fiel auf den Boden, richtete sich mühsam auf und stolperte aus dem Raum. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, kroch Nuada an das Kopfteil des Bettes, den Blick immer noch suchend nach oben gerichtet.
    „Ich weiß, dass du hier bist.“ In seiner rauchigen Stimme klang keine Furcht mit. „Ich habe deine Gegenwart schon zuvor gespürt.“
    Mein Körper, der direkt über dem Fuß seines Bettes schwebte, sank noch ein paar Meter nach unten. Ich betrachtete die Kreatur genauer. Sein Gesicht sah aus, als wäre es aus hellem Granit geschlagen worden – harte, scharfe Linien. Sein Körper war schlank und unbehaart, abgesehen von der silbernen Flut, die ihm vom Kopf bis über die Schultern floss. Die großen, fledermausähnlichen Flügel zuckten, als wollten

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