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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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Rhiannon.“ Thalia hob ihr Gesicht, und mir wurde mit einem Schlag klar, dass ihre Augen weder meinen Seelenkörper noch irgendetwas anderes sehen konnten. Ihre milchigen Augäpfel hatten keine Pupillen – sie war blind.
    Ich konnte gerade noch ein hastiges „Auf Wiedersehen“ ausstoßen, da war ich auch schon wieder in Bewegung, dieses Mal direkt nach Westen, wo die Sonne bereits ihren Abstieg begann.
    Das Land um den Musentempel war so ansprechend wie die Schönheit der Frauen. Die Berge im Norden bildeten einen malerischen Hintergrund für das Tal, auf dessen Feldern, die von gurgelnden Bächen durchzogen wurden, Wildblumen wuchsen. Ich war so damit beschäftigt, die Szenerie unter mir in allen Einzelheiten aufzunehmen, dass ich erschrocken hochfuhr, als plötzlich die Burg Laragon vor mir aufragte.
    Fackeln brannten auf den Zinnen und in den Räumen und Innenhöfen. Große, geflügelte Kreaturen hasteten hin und her, scheuchten Scharen schwarzer Vögel auf, während sie Leichenteile zu einem grausigen Stapel in einer Ecke des Burggrundstücks schleppten und dort aufschichteten.
    Ich schloss die Augen und flüsterte: „Bitte, zwing mich nicht, dort hinunterzugehen.“
    Sei stark, Geliebte. Erinnere dich daran, ich bin bei dir , war die einzige Antwort, die ich erhielt. Zum Glück stoppte mein Körper nicht über dem Gemetzel außerhalb der Burg. Stattdessen schwebte ich schnell zu einem Turmzimmer, das von einer Fülle von Kerzen, Fackeln und Kaminfeuern erleuchtet war.
    Epona musste mich nicht vorbereiten. Ich wusste, was mir bevorstand, als mein Körper durch die Decke in den Raum fiel.
    Nuada war allein. Er saß in einem thronähnlichen Stuhl vor einem prasselnden Kaminfeuer. Seine abnorm langen, elfenbeingelben Finger umschlossen einen Kelch, der mit einer roten Flüssigkeit gefüllt war. Ich hoffte, dass es sich um einen schönen Merlot handelte, hatte aber so meine Zweifel.
    „Machst du dir Sorgen um die anstehende Schlacht, Nuada?“ , fragte meine Geisterstimme.
    Er zischte nicht und sprang auch nicht auf mich zu, wie es sonst so seine Art war. Stattdessen nahm er einen Schluck aus dem Kelch und lächelte über seine Schulter in meine Richtung.
    „Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, Weib, sondern freue mich auf morgen Abend, wenn du endlich die Meine bist.“ Kleine Tropfen der roten Flüssigkeit glitzerten auf seinen Lippen, als er sprach.
    „Gute Idee. Du hast eine letzte Nacht in Freiheit, in der du dich deinen Illusionen hingeben kannst. Das wird es leichter für dich machen“ , entgegnete ich sachlich.
    Er stand langsam auf, wie eine Schlange, die sich entrollt, und drehte sich in die Richtung, aus der er meine Stimme vernahm. Eine Hand legte er auf die Rückenlehne des Throns, mit der anderen hielt er immer noch den Kelch.
    „Ich habe entschieden, dich nicht zu töten. Stattdessen werde ich dich für lange Zeit am Leben lassen, damit du die Möglichkeit hast, mir wieder und wieder Vergnügen zu bereiten.“
    „Wirklich?“ Ich lachte und fühlte, wie mein Körper langsam sichtbar wurde. „Ich fürchte, dass mein Zentauren-Ehemann von dieser Idee wenig begeistert sein wird.“
    „Ehemann?“ Das Zischen war in seine Stimme zurückgekehrt. „Löse deine Verbindungen, Weib. Du gehörst zu mir.“
    Ich spürte, wie Wut alle meine Empfindungen überrollte, und spuckte ihm die Worte förmlich vor die Füße: „Du ekelhafte Kreatur! ClanFintan wird dich unter seinen Hufen zerquetschen wie eine Kakerlake, die du ja auch bist, und dich dann zum Verrotten in die Hölle schicken, wo du hingehörst. Schau mich noch einmal gut an, denn näher wirst du mir niemals kommen.“
    Seine Flügel raschelten, und er schrie wütend: „Morgen Nacht, Weib! Da wirst du mir gehören!“
    Als er den Kelch nach mir warf, entfernte mich Epona aus der widerlichen Szene. Ich hielt meine Augen so lange fest geschlossen, bis ich spürte, wie ich wieder in meinen Körper glitt.
    Ich atmete tief durch und verstärkte den Griff um meinen Mann. Als Reaktion drückte er meinen Arm.
    „Sie sind auf Burg Laragon“, sagte ich.
    Er nahm meine Hand und hob sie an seine Lippen.
    „Sie werden die Musen morgen Nacht angreifen.“
    „Das passt zu unserem Plan.“
    „Er wird nach dir Ausschau halten.“
    „Gut.“ Seine Stimme klang flach und gefährlich. „Das erspart mir die Mühe, ihn zu suchen.“ Er gab dem neben uns laufenden Zentauren einen Befehl: „Sag Dougal, er soll die Tauben mit der Nachricht an die

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