Ausflug ins Gruene
Fremder solch einen Vorschlag gemacht hättest.«
Ich dankte Robert, daß er meine Meinung teilte.
»Du täuschst dich voll und ganz. Die alte Dame war überglücklich, daß ich soviel Zeit für sie hatte. Sie erzählte, Frau Erkens gehe schon seit vielen Jahren sonntags zur Frühmesse. Sie wußte das ganz genau, weil sie auch immer in die Frühmesse geht.«
»Wie interessant.« Ich konnte nicht länger still sein. »Hat sie auch erzählt, welche Lieder dort in der Regel zur Gabenbereitung gesungen werden?«
Leo ignorierte meine Zwischenfrage. »Das beste kommt jetzt. Frau Erkens übernimmt in der Frühmesse regelmäßig den Lektorendienst, d.h. sie liest die Lesung und die Fürbitten.«
»Was du nicht sagst und weiter?«
»An einem Sonntag, daran konnte sich die Nachbarin noch genau erinnern, hat sie sich für diesen Dienst einen Ersatz gesucht.«
»Ich nehme an, du hättest uns diese lange Geschichte erspart, wenn es nicht genau der Tag gewesen wäre, an dem Bruno Langensiep umgekommen ist, stimmt’s?« Robert nahm Leo mit einem Satz die Pointe weg wie einem Kind das Spielzeug.
»Also, wenn ihr das nicht alarmierend findet, kann ich euch auch nicht helfen.« Leo wirkte etwas beleidigt.
»Leo, es kann genausogut sein, daß sie mit einer Grippe im Bett lag. Das Ganze beweist doch überhaupt nichts.«
Leo wurde jetzt richtig fuchtig. »Sie lag aber nicht im Bett. Ihre Nachbarin hat gehört, wie sie in aller Frühe nach unten gegangen und mit dem Auto weggefahren ist.«
»Soll ich euch mal was sagen?« Robert ergriff das Wort. »Wenn ich so eine Nachbarin hätte, würde ich mich umbringen.«
»Sie leidet an Schlafstörungen«, rechtfertigte Leo seine Informationsquelle.
»Also, ich halte das schon für einen dicken Hund.«, gab ich zu.
»Zeitmäßig kommt die Erkens auf jeden Fall in Frage«, meinte Leo aufgeregt. »Gegen halb acht hat sie das Haus verlassen. Um halb elf ist Langensiep von Spaziergängern gefunden worden. Die Gerichtsmediziner haben die Todeszeit aber auf etwa acht Uhr festgelegt. Frau Erkens hatte also eine halbe Stunde Zeit, um zum Tatort zu kommen und Langensiep aufzulauern.«
»Wie stellst du dir das eigentlich vor?« fragte ich nachdenklich. »Die legt sich ja nicht ins Gestrüpp und wartet, bis er kommt. Es sei denn, die beiden hätten sich verabredet. Damit könnte man jedenfalls erklären, daß Langensiep an diesem Sonntag schon früher als sonst unterwegs war.«
»Wer weiß, vielleicht tut sich da ja noch ein ganz anderes Motiv auf«, flachste Leo, »ein kleines Pädagogen – Rendezvouz am Sonntag morgen. Vielleicht haben die beiden Zoff gekriegt, und Erkens hat die erstbeste Gelegenheit genutzt, um ihren Lover zu entsorgen.«
»Ihr spinnt ja rum!« Robert verschränkte die Arme vor der Brust.
Ich mußte grinsen, bis Leo erneut das Wort ergriff. »Mir wird da schon was einfallen, um herauszukriegen, wo Frau Erkens die frühen Sonntagmorgenstunden verbracht hat. Aber um die Verwirrung perfekt zu machen, muß ich euch noch Neuigkeiten von unserem lieben Kollegen Feldhausen berichten. Ich habe einen Freund bei der Bank angerufen und mich nach Feldhausens Finanzen erkundigt. Er hielt mir natürlich erstmal einen Vortrag über das Bankgeheimnis im allgemeinen und besonderen. Ich habe ihm erzählt, daß ein anderer Freund sein Haus an Feldhausen verkaufen will und daß wir natürlich wissen wollen, ob er flüssig ist. Nach langem Reden und dem Versprechen, daß ich mich an der Schule dafür einsetze, daß sein Rhönradverein ein Sportfest in unserer Turnhalle abhalten darf, hat er sich dann schlau gemacht. Feldhausen hat zwar seine Konten bei einer anderen Bank, aber nach Auskunft der Schufa hat von Feldhausen tatsächlich Zahlungsprobleme. Mein Kumpel hat anschließend noch mit einem Kollegen von der Konkurrenzbank gesprochen. Der hat ihm aus dem Nähkästchen erzählt, Feldhausen habe sich wohl beim Umbau seines Hauses übernommen. Allerdings sei die Summe seiner Kredite damit allein nicht zu erklären. Darüber hinaus«, Leo sprach jetzt leiser, als müsse er sich in meiner Wohnung vor Spionen in acht nehmen, »gibt es Gerüchte, daß Feldhausen auch noch Schulden bei unseriösen Kreditverleihern hat.« Die Nachrichten hauten mich um.
»Wie der Schein doch trügen kann! Der elegante von Feldhausen hat Geldprobleme? Aber warum? Was macht er mit dem Geld, außer sich schicke Klamotten zu kaufen?«
Robert mischte sich ein. »Ein luxuriöser Lebenswandel dürfte wohl genügen,
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