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Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Feldhausen damit am Nerv gepackt hatte, und machte weiter. »Sie wissen selbst, was Sie sind. Ein verarmter alter Hund! Wann müssen Sie diesen Schuppen hier verkaufen? Morgen? Übermorgen?« Feldhausen war auf einem Sessel zusammengesunken. Er hatte die Hände vor die Augen gelegt.
    »Sind das hier Ihre Eltern?« Robert hatte das Foto auf dem Seitenschrank entdeckt. »Na, die werden ja vielleicht stolz auf Sie sein! Oder haben Sie Ihre vielseitigen Be gabungen etwa von ihnen geerbt?«
    »Lassen Sie meine Eltern da raus! Mein Vater hat nicht gespielt. Ich habe damit angefangen.« Feldhausens Stimme war nur noch ein Wimmern. Robert atmete tief durch. Die Wahrheit war heraus. Mehr wollte er nicht hören.
    »Es hat mit Pferderennen angefangen.« Von Feldhausen ließ sich jetzt nicht mehr stoppen. Er saß auf dem Sessel, nach vorne gebeugt und sprach durch seine gespreizten, weißen Hände, die er immer noch vor sein Gesicht hielt. »Mit harmlosen Pferderennen. Da kannte ich mich schließlich gut aus. Ich hatte am Anfang auch viel Glück.
    Ehrlich!« Feldhausen weinte sich aus, als sähe er seinen Vater leibhaftig vor sich stehen. »Ich habe anfangs vorsichtig gespielt, nur zwei Wetten am Tag, keine hohen Summen. Dann hat es mich gepackt.« Feldhausen wischte sich mit seinen Händen die Tränen notdürftig weg. Robert konnte sein verweintes, rotes Gesicht sehen. Es war das Gesicht eines Kindes. »Ich ging immer öfter hin, ließ Termine ausfallen, um zur Rennbahn gehen zu können. Ich weiß, an einem Tag habe ich auf einen Schlag sechzigtausend Mark gewonnen. Allein wegen eines Außenseitertips bei den Trabern.« Feldhausen rieb sich die Hände an einem Taschentuch. »Die sechzigtausend habe ich am Tag drauf komplett verspielt. Leider ließ ich mich auf den Rennbahnen zu häufig sehen, ich wurde dort als Dauerspieler bekannt. Deshalb wechselte ich das Terrain. Ich begann mit Roulette und Black Jack. Ich wollte nur noch das auf den Rennplatz verlorene Geld zurückgewinnen und geriet in den Sog der Spielcasinos. Als ich es nicht schaffte, an Geld zu kommen, nahm ich die ersten Kredite auf. Ich gab bei der Bank vor, ich wolle das Haus renovieren. Dabei habe ich bis auf diesen Raum gar nichts verändert.« Von Feldhausen lehnte sich steif zurück. »Meine Möglichkeiten bei der Bank waren bald ausgeschöpft. Ich spielte weiter, jedes Wochenende und verschuldete mich tiefer und tiefer. Ich nahm Geld bei einem Kredithai auf, der mir jetzt auf der Pelle sitzt. Ich konnte nicht aufhören. In der Woche konnte ich es kaum erwarten, bis es endlich Freitag wurde und ich loskam. Natürlich habe ich nie in der Nähe gespielt. Ich bin weit gefahren, um bloß keine Bekannten zu treffen. Nur einmal bin ich zur Hohensyburg gefahren. Das war der Fehler. Wissen Sie, was es bedeutet, in solch einem Nest hier unten durch zu sein? Wenn Ihr Cousin geplaudert hätte, wären zwei Stunden später meine Geldgeber hier gewesen. Und glauben Sie nicht, daß die alle so gute Manieren haben wie die Herren von der städtischen Sparkasse!« Feldhausens wimmernder Tonfall bekam jetzt wieder eine erstaunliche Härte. »Ihr Cousin war ein Idiot.
    Ich konnte ihn zunächst mit diesen Familienerbstücken abwimmeln. Doch er wurde immer besessener von der Idee, daß ich ihm zu einer Veröffentlichung verhelfen sollte. Er wollte mich benutzen.« Feldhausen war aufgestanden und blitzte Robert mit wutentbrannten Augen an. Aus dem weinenden Kind war plötzlich ein zorniger Mann geworden. Robert wäre am liebsten nach draußen gerannt, hätte alles hinter sich gelassen, die Erinnerung an diesen furchtbaren Besuch. Aber er war hier. Er wurde von Feldhausen haßerfüllt angestarrt, und jetzt mußte er einfach alles wissen, ob er wollte oder nicht.
    »Und deshalb haben Sie ihn umgebracht?«
    »Umgebracht?« Von Feldhausens Stimme klang sehr kalt. »Nein, ich habe ihn nicht umgebracht. Ich wäre dazu fähig gewesen, wenn ich die Gelegenheit gehabt hätte. Aber ich habe es nicht getan.«
    Feldhausen wandte sich um und ging langsam auf die Getränke zu. Robert nutzte die Gelegenheit und machte sich mit eiligen Schritten davon. Er verließ das Zimmer und er verließ das Haus. Dr. Ignaz von Feldhausen drehte sich nicht ein einziges Mal nach ihm um.
    Als Robert aus dem Haus war, beschleunigte er seine Schritte noch. Nur weg hier, war sein einziger Gedanke, nur weg hier! Er sprang ins Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Das Auto, das ihm an der Toreinfahrt

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