Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausflug ins Gruene

Ausflug ins Gruene

Titel: Ausflug ins Gruene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
Vom Netzwerk:
entgegenkam, nahm er gar nicht wahr.
    Alexa stieg eilig aus ihrem Fiat und schaute verdutzt hinter dem Auto her, das ihr entgegengekommen war. Sie schüttelte erstaunt den Kopf, nahm ihre Tasche vom Rücksitz und ging müde in Richtung Wohnhaus. Als sie geschellt hatte, dauerte es eine Weile, bis geöffnet wurde. Von Feldhausen stand vor ihr und sah deutlich angeschlagen aus.
    »Frau Schnittler, ich habe gar nicht mehr mit Ihnen gerechnet.«
    »Komme ich ungelegen?«
    »Nein, gar nicht. Ich bin nur sehr erkältet. Allerdings sind Sie womöglich umsonst gekommen. Titus’ Augen sind so gut wie wieder in Ordnung. Ich habe ihm eine Augensalbe aufgetragen, die ich noch herumliegen hatte. Die hat auf Anhieb gewirkt.«
    »Das freut mich. Aber soll ich nicht trotzdem nochmal nach ihm schauen?«
    »Nein, es ist wirklich nicht nötig. Wenn die Entzündung wiederkommt, melde ich mich bei Ihnen. Ehrlich.« Von Feldhausen lächelte gequält. Sie kam also doch ungelegen.
    »Wie Sie wollen!« Alexa machte sich langsam auf den Rückweg zum Auto. »Ihnen wünsche ich gute Besserung. Ach, und noch eins: War das gerade nicht Robert?«
    Von Feldhausen schaute sie verständnislos an. Alexa verstaute die Tasche auf dem Rücksitz ihres Autos.
    »Na, er ist doch gerade hier vom Hof gefahren.«
    Feldhausen stotterte. »Robert? Robert? Woher, woher kennen Sie ihn?«
    »Ich habe ihn gestern erst bei einem Bekannten kennengelernt. Um ehrlich zu sein, es war ein ziemlich feuchtfröhlicher Abend. Ich mach’ mich deshalb lieber auf den Weg nach Hause. Zum Ausschlafen.« Alexa wendete den Wagen und winkte fröhlich zum Haus herüber. Als sie jedoch Feldhausens Gesicht sah, gefror ihr das Blut in den Adern. Er sah aus, als habe er dem Tod in die Augen geblickt.

27
    Robert saß auf dem Stuhl, als habe er gerade seinen eigenen Vater im Leichenschauhaus identifizieren müssen. »Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, wie schrecklich das war!« Leo und ich schwiegen betroffen. Natürlich, wir hatten die Wahrheit wissen wollen, doch die gesamte menschliche Tragödie, die in diesem Stück Wahrheit steckte, hatten wir uns vorher nicht so lebendig ausgemalt.
    »Spielsucht also«, Leo hatte wohl das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen. »Da wäre ich nie drauf gekommen.«
    »Langensiep hat ihn einmal beim Spiel beobachtet und sich Informationen über Feldhausens finanzielle Situation verschafft«, Robert schaute Leo an, »man sieht ja, wie leicht das hierzulande ist. Dann hat er die Informationen genutzt, um seinen allergrößten Wunsch zu realisieren. Feldhausen sollte forcieren, daß sein Buch in dem nam haften Verlag seines Bruders erscheinen konnte.«
    »Die Sache ist ziemlich klar«, meinte Leo. »Feldhausen sollte die Sache bis Januar unter Dach und Fach haben; ansonsten wollte Langensiep die Bombe eben platzen lassen. Er wußte ganz genau: Wenn Feldhausens Spielsucht publik würde, dann wäre er weg vom Fenster, nicht nur an der Schule, seiner letzten Einnahmequelle, sondern in der ganzen Umgebung.«
    »Die Banken wurden ja schon unruhig«, stimmte ich zu, »und diese Kredithaie kennen bestimmt keinen Spaß.«
    »Sonst Ende.« Robert rieb sich das Kinn. »Vielleicht meinte Langensiep damit auch sein eigenes Ende. Sprich, wenn sein ehrgeiziges Unterfangen trotz Erpressungsversuchen nicht hinhauen sollte, würde er seinem Leben ein Ende bereiten.« Robert wollte ganz offensichtlich die Idee des Selbstmordes nicht fallen lassen.
    »Was hast du denn für einen Eindruck von Feldhausen?« Ich lenkte das Gespräch etwas um. »Traust du ihm einen Mord zu?«
    Robert nahm sich viel Zeit zum Überlegen. Mit der Hand massierte er weiter seine Unterlippe. »Ja, ich traue ihm den Mord an Langensiep zu«, sagte er dann. »Von Feldhausen hat ja selbst zugegeben, daß er in seinem Haß dazu in der Lage gewesen wäre. Aber ich glaube trotzdem nicht, daß er es war. Er war heute in einem Zustand, daß er mir sogar einen Mord gestanden hätte, wenn er ihn denn begangen hätte.«
    Noch eine Stunde später zermarterte ich mir das Gehirn. Hatte Langensiep Feldhausen so in Rage versetzt, daß dieser doch zugeschlagen hatte? Vielleicht hatte Langensiep ja Feldhausens Eltern beleidigt und damit den ganz wunden Punkt berührt. Vielleicht vielleicht vielleicht. Jetzt, wo ich allein war, spekulierte ich wie wild in der Luft herum und wußte nicht, wie jemals Licht in diese Angelegenheit fallen sollte. Robert hatte sich ins Auto gesetzt und war nach Köln zurückgefahren.

Weitere Kostenlose Bücher