Ausflug ins Gruene
so freundlich wären, ihn in den nächsten Tagen unterschrieben mitzubringen.« Ich griff mir das in eine Klarsichthülle gesteckte Papier, verabschiedete mich hastig von den beiden und verließ dann flugs das Lehrerzimmer. Draußen war es schon ein bißchen dämmrig geworden. Ich schaute auf die Uhr, halb sieben. Die Zeit lief mir weg. Heute war Freitag. Samstag und Sonntag hatte ich nur noch zur Unterrichtsvorbereitung. Wie sollte ich das schaffen? Vor allem, wie sollte ich das schaffen, wenn ich nichts anderes tat, als mich mit Bruno Langensieps Tod zu beschäftigen?
Schon im Auto ging mir wieder alles durch den Kopf. Mir fiel plötzlich ein, daß ich mich noch gar nicht um die zweite Notiz gekümmert hatte, die ich in Langensieps Unterlagen gefunden hatte. Um 15 Uhr Dr. E. anrufen wegen » Befund. « Was hatte das zu bedeuten? Ich dachte daran, mich bei allen Ärzten mit dem Anfangsbuchstaben E. nach Langensiep zu erkundigen. Doch das würde nichts bringen. Ärzte waren schließlich an ihre Schweigepflicht gebunden. Na ja, Bankangestellte waren das wahrscheinlich auch. Leo würde ich zutrauen, auch bei Medizinern etwas herauszufinden. Allerdings konnte es genauso gut sein, daß Langensiep bei einem Spezialisten von außerhalb in Behandlung gewesen war. Damit würde die Auswahl an Ärzten unübersichtlich werden. Dann fiel mir etwas ein. Ich konnte mich bei Regine Langensiep nach etwaigen Krankheiten ihres Mannes erkundigen, oder ich konnte zumindest fragen, bei wem er in Behandlung gewesen war. Da würde mir schon etwas einfallen. Nachdem ich diesen Punkt auf den folgenden Tag verschoben hatte, richteten sich meine Gedanken wieder auf Feldhausen. Hatte Robert recht gehabt? Hatte er mit Langensieps Tod tatsächlich nichts zu tun? Außerdem fiel mir meine Kollegin Erkens wieder ein. Ich mußte unbedingt Leo anrufen und fragen, ob er etwas über ihren dubiosen Ausflug an besagtem Sonntag morgen herausgefunden hatte. Darüber hinaus fiel mir natürlich auch Alexa ein. Ob sie versucht hatte, mich zu erreichen?
Als ich die Wohnungstür öffnete, hörte ich schon das Telefon schellen. Ich hastete zum Hörer. Leider vernahm ich nicht Alexas Stimme am anderen Ende, sondern Frau Dreisams.
»Ich wollte nur mal eben nachhören, ob mit heute abend alles in Ordnung geht?«
»Heute abend? Wieso, was ist denn da?«
»Aber Herr Jakobs, haben Sie denn unsere Mitteilung nicht erhalten?« Mir schwante das Schlimmste.
»Eine Mitteilung? Ich weiß von gar nichts.«
»Aber wir haben Ihnen doch gestern abend eine Einladung in den Briefkasten geworfen.« Frau Dreisams Stimme hörte sich ganz verzweifelt an. »Wir haben Sie für heute um acht zum Abendessen eingeladen und Sie gebeten, daß Sie sich melden, wenn Sie nicht können.« Ich überlegte, ob ich einen Herzanfall simulieren sollte, der mich auf weiteres lahmlegen würde.
»Herr Jakobs, sind Sie noch dran?« Frau Dreisams Stimme klang inzwischen, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
»Ja, ja, ich habe heute morgen die Post nicht genau durchgeguckt. Ich dachte, es wäre eh nur Werbung im Briefkasten.«
»Aber Herr Jakobs, Sie können doch kommen? Ich stehe seit zwei Stunden in der Küche, und Sigrid freut sich doch auch schon so.« Ich hatte es befürchtet. Frau Dreisam hatte die Nummer wirklich durchgezogen, nur wesentlich schneller, als ich jemals für möglich gehalten hatte.
»Wissen Sie, das kommt jetzt etwas plötzlich. Ich bin gerade erst-«
»Aber Herr Jakobs, das können Sie mir doch nicht antun!« Natürlich konnte ich das nicht. Ich wollte ja schließlich nicht schuld sein, wenn Mutter Dreisam ihre ersten Depressionen bekam. Ich sagte zu und legte seufzend den Hörer auf.
28
Als Alexa in ihre Wohnung kam, fiel sie wie ohnmächtig aufs Bett. Diese Pleite bei Feldhausen hätte sie sich gut sparen können. Wieder mußte sie an die Situation von vorhin denken. Sie wollte zu gern wissen, was Vincents Freund mit Feldhausen zu tun hatte. Und vor allem interessierte sie, was sie gesagt oder getan hatte, daß Feldhausen so furchtbar reagiert hatte. Sie seufzte. An diesem Tag würde sie das Geheimnis wohl nicht mehr lüften können. Aber ja, natürlich würde sie! Sie ging zum Telefon. Auf dem Anrufbeantworter blinkte es dreimal. Alexa ließ das Band zurückspulen und suchte inzwischen nach dem Zettel mit Vincents Nummer. Sie hatte ihn gerade gefunden, da lief schon die Cassette vom Anrufbeantworter ab.
»Alexa, Alexa, bist du nicht zu Hause?« Die Stimme
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