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Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)

Titel: Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mali Benro
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wie gehe ich damit um?“, fragte sich Olivia und schlürfte müde an ihrem Glas Rotwein. Diese Frage wollte der Ratgeber nicht beantworten. Es gab keine Hilfe für die komplizierteste Entwicklungsphase der Erziehung, attestierte Olivia unzufrieden. Jetzt erst bemerkte sie, dass sie seit zwei Stunden im Internet forschte, statt die Rede des Vorstandsvorsitzenden ihres besten Kunden zu übersetzen. Dass ihr die Zeit weggelaufen war, sie aber morgen früh die Übersetzung abgeben musste und dass sie nicht alleine war.
    Greta lag in der Hängematte, dem Ruhepol in diesem Raum, und streichelte Julius Cäsar, der es sich an ihrer Seite gemütlich gemacht hatte. Sie summte leise ein altes Volkslied, und der Kater schnurrte behaglich. „Hast Du für Mathe gelernt?“, fragte Olivia sie pflichtbewusst, doch Greta antwortete nicht und intonierte lauter. 
    „Dein Lied gefällt mir, Greta.“ „Ist von Mama“, antwortete sie und starrte teilnahmslos aus dem Fenster. „Ja, Deine Mama kann sehr schön singen“, bestätigte sie ihr. „Konnte schön singen, Olivia, konnte.“ Gretas Schaukeln wurde heftiger. Julius Cäsar missfiel das heftige Hin und Her und er sprang auf den Parkettboden. „He Julius, bleib hier“, befahl sie dem Kater, doch der verkrümelte sich auf das Sofa und ignorierte ihr Kommando. „Julius mag mich nicht, Papa mag mich nicht und Mama konnte mich nie leiden, niemand mag mich!“ Monoton wiederholte sie diese Feststellung und summte weiter. Olivia hielt die Hängematte an. „Greta, das stimmt so nicht, und Du weißt das ganz genau, Dein Vater liebt Dich, ich liebe Dich, Julius Cäsar liebt Dich, aber er ist halt eine Katze, und die machen, was sie wollen. Er mag das heftige Geschaukele nicht, und deshalb haut er ab.“
    „Und was ist mit Mama? Wieso sprichst Du nicht von Mamas Liebe zu mir?“, fauchte sie frech und fordernd.
    „Greta, ich versuche mit Dir über alles zu reden, aber bitte mit freundlichem Ton. Pubertät hin oder her, mag sein, dass ihr alle so seid in diesem Alter, aber ich mag es nicht und wünsche mir etwas mehr Respekt.“ Olivias Worte verloren sich, Greta verdrehte genervt die Augen und ging zum Angriff über.
    „Was ich sage, ist die Wahrheit, ihr wollt sie nur nicht hören. Niemand mag mich . Meine Lehrer sind scheiße, und in die Clique komme ich auch nicht, weil ich gute Noten schreibe, für die bin ich eine Streberin, und zu Hause macht mir Papa Druck, wenn ich mal ’ne Drei mitbringe. Meine Klamotten sind asbach, abgetragenes Zeug von der Tochter unserer Nachbarin, ich traue mich gar nicht mehr zur Schule, weil die mich auslachen, aber ich gehe trotzdem und ich halte das alles aus, nur was Mama da gemacht hat, das halte ich nicht aus.“ Sie weinte wieder und zog das Stoffgewebe über den Kopf.
    „Du bist wütend auf die Mama, das kann ich gut verstehen, weißt Du, sie war sicher sehr verzweifelt, sonst hätte sie das nicht gemacht, das geht nicht gegen Dich, Greta, das darfst Du nicht denken.“ „Was soll ich dann denken, Olivia? Ich war ihr total egal, sie lässt mich alleine, und sie hat mich immer alleine gelassen. Meine Mama war nie für mich da.“
    Das konnte und wollte Olivia so nicht stehen lassen, zu gut erinnerte sie sich an die ganzen Gespräche über Greta. Zugegebenerweise waren diese stets Problem beladen, aber sie resultierten aus großer Sorge um das Kind, sie zeugten aber auch von Saskias Hilflosigkeit in vielen Situationen, die sie mit gnadenlosem Aktionismus bekämpfte. Permanent war sie auf der Suche nach Experten und hoffte, die adäquate Lösung zu finden. Fachliteratur türmte sich auf ihrem Schreibtisch, Zeitungsartikel flogen auf dem Rücksitz ihres Autos rum, sie schleppte Greta zu den besten Ärzten und Psychologen. Unsummen investierte sie für Ergotherapie, Psychotherapie, Homöopathie und irgendwelche neuen Medikamente, die Gretas Unruhe, Konzentrationsschwäche und Verhaltensstörungen bändigen sollten. Begeistert hatte Saskia neue wissenschaftliche Erkenntnisse referiert und war total desillusioniert, wenn nichts funktionierte und sie Wochen später wieder am Nullpunkt angekommen war. Olivia hatte sie oft getröstet und die Tatsache bedauert, dass Greta trotz aller Maßnahmen unbändig schien und Saskia immer häufiger am Ende des Tages erschöpft und von Kopfschmerzen geplagt kapitulierte. Wie oft hatte sie Olivia verzweifelt angerufen, wenn wieder ein blauer Brief oder vorwurfsvoller Anruf aus der Schule gekommen war. „Greta

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