Ausgeblüht: Kriminalroman (Psycho-Krimi) (German Edition)
er zwei Reporter und zwei Fotografen aus, die sich in einer halben Stunde in Oskars Büro treffen sollten, um dessen Anweisungen entgegen zu nehmen. Wie in guten alten Zeiten, dachte Oskar. Vor Freude wäre er am liebsten in die Luft gesprungen, aber er zeigte seine Gefühle nicht und verließ geschäftig den Konferenzraum. Im Hinausgehen vernahm er Michis zynische Stimme.
„Ach Schmitt, denk an die Leser: Es darf nicht zu kompliziert werden.“
Wie wenn er das nicht wüsste. An seinem Schreibtisch entwarf er eine Skizze, wie er die „Soko“, so lautete die Abkürzung für Sonderkommando, womit die Reporterteams gemeint waren, wie er die Soko aufstellte. Team eins würde die Aufgabe bekommen, Saskia im Krankenhaus aufzusuchen und ihr Umfeld abzuklappern. Sicher hatte sie eine Vertraute, die alles über ihr Verhältnis wusste. Die Mutter, die Schwester oder die beste Freundin. Frauen hatten bei geheimen Aktionen doch immer eine Verbündete. Genau die richtige Arbeit für den roten Jesse. Ein impulsiver Rotschopf, mit äußerst gutem Riecher. Der Liebhaber war problematisch, da er in der Psychiatrie geschützt war. Auf ihn und seine Ehefrau setzte er „Pitbull“ an. Der alte Profi war bekannt dafür, dass er sich gnadenlos an seinen Opfern festbiss und erst losließ, wenn er alle Fotos und Informationen im Kasten hatte. Er selbst würde sich um Saskias Ehemann, das Hotel und den Staatsanwalt kümmern. Zufrieden empfing er seine Helfer und verteilte die Aufträge, dann schrieb er den ersten Artikel und genehmigte sich einen kräftigen Schluck aus der Pulle.
Kapitel 20
Der Dieb kam durch die Schlafzimmertür. Albert lag im Bett und starrte ihn erschrocken an. Er wusste, dass der Mann mit ihm nicht gerechnet hatte, er wusste, dass er das große Küchenmesser hinter seinem Rücken versteckte und damit gleich auf ihn einsticht, ihn tötet, um unerkannt zu bleiben. Er wusste das und wollte schreien, um Hilfe rufen, aber er konnte nicht. Kein Ton wollte über seine Lippen kommen. Der Dieb hob den Arm, Albert sah die scharfe glatte Silberklinge und versuchte wieder, einen Schrei auszustoßen, doch seine Stimme versagte. Unendlich schien ihm dieser bedrohliche Moment, und seine Hilflosigkeit machte ihn wahnsinnig. Da schlug er die Augen auf und war befreit von der nächtlichen Folter. Verwirrt schaute er auf seine Armbanduhr, die er immer trug. Es war halb sechs. Er drehte sich um, fand keinen Schlaf. Sicherheitshalber zählte er laut bis zehn und stellte beruhigt fest, dass er sprechen konnte, dass alles wirklich nur ein böser Traum war, ein Wecktraum, der ihn wie eine große wuchtige Welle in den düsteren Alltag gespült hatte.
Regungslos lag Albert in seinem Ehebett. Einsam und verlassen. Im Prinzip war das nichts Neues. Seit Saskias Umzug in den Keller lag er hier jede Nacht alleine. Die Nächte waren unruhig. Er schlief und erwachte, wälzte sich grübelnd von der Rücken- in die Bauchlage und wieder zurück, bemüht, Geist und Körper zu überlisten. Manchmal wusste er nicht, was schlimmer war. Die quälenden Bilder in seinem Kopf, der ständig wiederkehrenden Beobachtungen von Frank und Saskia, die er geheim gemacht hatte, oder sein zum Platzen geschwollener Penis, der fordernd pochte und rumorte, weil er keine Befriedigung fand. Dieser sexuelle Notstand zermürbte ihn, doch er schämte sich, Abhilfe zu schaffen. Sein Stolz verbat es ihm, Hand anzulegen, und sein Stolz hinderte ihn daran, generös über die Tatsache hinweg zu blicken, dass seine Frau fremd ging. Wie oft hatte er in all diesen Nächten strategische Verhaltensweisen ausgedacht, Druckmittel erfunden, damit sie bleibt und dieser Eindringling geht. Wie oft war er durch das Haus gegeistert, zu ihr hinabgestiegen in diesen verdammten Keller und hatte an ihre Tür geklopft, hoffend, dass sie ihn empfängt, und war unverrichteter Dinge wütend wieder an seine Schlafstätte zurück gekehrt. Sie nahm sich das Recht, ihn abzudrängen, und sie war schuld an seinem unverzeihbaren Übergriff, den er in einem schwachen Moment gewagt hatte und so zum Vergewaltiger geworden war, zum Täter.
Die Morgenröte kroch hinter den Wolken hervor und brachte schlagartig die unbegreifliche und erbarmungslose Wahrheit ans Tageslicht. Saskia war weg. Nicht für ein paar Stunden, nicht für eine Nacht. Es gab keine Hoffnung. Diesmal würde sie nicht wieder kommen, so wie die vielen anderen Male. Es war für immer.
Müde und erschöpft schlurfte Albert in die
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