Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
unser kleines Solarkraftwerk. Wir heizen das Schwimmbad unserer Reha-Abteilung damit. Das funktioniert ganz gut, obwohl wir hier in Deutschland natürlich nicht annähernd so viel Sonne haben wie Sie in Arabien.« Er lachte auf. »Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen, wir bleiben weiter von Ihrem Öl abhängig.«
Abu Jabr nickte voller Verwunderung. »Ich habe schon Solaranlagen gesehen. Diese hier sieht anders aus.«
»Ja, es ist ein anderes Funktionsprinzip«, bestätigte der Klinikdirektor. »Aber ich sehe, da kommt gerade der Mann, der diese Anlage gebaut und bei uns installiert hat. Er kann Ihnen alles darüber erzählen, was Sie wissen wollen.«
Abu Jabr wandte sich um. In einiger Entfernung kam ein schlanker, beinah asketisch wirkender Mann gemessenen Schrittes über den Fußweg vom Parkplatz her auf sie zu. Er hob kurz die Hand, als er sah, dass der Direktor ihn bemerkt hatte.
»Ist die Anlage defekt?«, fragte Abu Jabr.
»Nein, nein, die funktioniert tadellos. Er …« Der Mann hüstelte. »Er kommt, um die Sachen eines Patienten abzuholen, der uns vor ein paar Tagen überraschend verlassen hat.« Er streckte die Arme zur Begrüßung aus. »Frieder! Wie schön, Sie zu sehen? Wie geht es Ihnen?«
Abu Jabr nahm anerkennend zur Kenntnis, dass der Chefarzt aus Höflichkeit ihm gegenüber bei Englisch blieb. Auch der Hinzukommende ging ohne Zögern darauf ein. »Guten Tag, Doktor Rugland. Tut mir Leid, dass ich nicht früher kommen konnte …«
»Kein Problem. Darf ich Sie beide miteinander bekannt machen? Königliche Hoheit, das ist Frieder Westermann, der Hersteller der Solaranlage, die Sie interessiert hat. Frieder, dies ist Abu Jabr Faruq Ibn Abdulaziz Ibn Saud – ich hoffe, ich habe es richtig hinbekommen?«
Abu Jabr lächelte. »Ja.« Er schüttelte die Hand, die ihm der Mann hinhielt. »Angenehm.«
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte der Mann, der Frieder Westermann hieß. »Ich nehme an, Sie haben sich darüber gewundert, dass die Anlage silbern glänzt?«
»Ja«, bestätigte Abu Jabr. »Genau.«
»Das geht den meisten so. Ich kann Ihnen das aber ganz genau erklären …«
Dorothea beobachtete Julian, wie er am Küchentisch saß und emsig schrieb. Es war ihr irgendwie nicht gelungen, vor ihm zu verbergen, dass sie Probleme mit dem Laden hatte, und nun war er schon seit Stunden dabei, Werbeflugblätter, Plakate und dergleichen für sie zu entwerfen. Rührend. Sie hätte ihn knuddeln können, aber das hätte er sicher nicht zu schätzen gewusst.
»Jetzt habe ich’s ausgerechnet«, verkündete er. »Das ist wie Dreisatz. Wenn ein Auto für hundert Kilometer acht Liter Benzin braucht, braucht es für einen Kilometer 0 , 08 Liter. Bis zum Supermarkt sind es fünfzehn Kilometer, hin und zurück, also dreißig. Dann braucht man dafür dreißig mal 0 , 08 , das sind 2 , 4 Liter. Wenn der Liter gerade 1 , 42 Euro kostet, spart man, wenn man statt zum Supermarkt in deinen Laden kommt, fast genau 3 , 41 Euro. Das musst du den Leuten mal klarmachen! Das heißt, selbst wenn sie für die Sachen, die sie brauchen, bei dir drei Euro mehr zahlen, sparen sie immer noch.«
Dorothea staunte. So viel kostete eine Fahrt zum Supermarkt? Das hatte sie sich selber noch nie klargemacht. »Du hast Recht«, sagte sie. »Das sollte ich wirklich.«
Julian reichte ihr mit generöser Geste das Blatt. »Hier. Du kannst es nachrechnen, wenn du willst.«
»Oh, bei deinen Noten habe ich volles Vertrauen in deine –«
»Simons Papa«, fiel ihrem Sohn ein, dessen Mathematiklehrer große Stücke auf ihn hielt, »weißt du, was der für ein Auto hat? Eins, das zwölf Liter verbraucht. Das hat Simon mir erzählt. Der würde noch viel mehr sparen. Bloß wohnt er nicht bei uns im Dorf, sondern in Blaukirch.«
Dorothea hatte das Blatt umgedreht. Die Rückseite enthielt den Ausdruck eines längeren Textes, eines Artikels oder dergleichen, in Englisch. »Sag mal«, fragte sie mit einem plötzlichen, unguten Gefühl, »was ist denn das für Papier, auf dem du da malst? Woher hast du das?«
Julian sah sie erschrocken an. »Wieso?«
»Na ja, weil …« Sie griff nach den anderen Blättern, drehte sie um. Formeln. Diagramme. Sätze wie Super-K-zones have often been described as horizontal lenses . »Sieht aus wie was Wichtiges. Du hast das nicht aus Vaters Arbeitszimmer genommen, hoffe ich!«
»Nein. Wir haben’s im Keller gefunden.«
»Im Keller?«
»Ja, neulich, als Simon und Oliver da waren. Ein
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