Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Ölfeld von nennenswerter Größe mehr gefunden worden.« Anstätter lehnte sich zurück. »Um den Druck in den Lagerstätten aufrechtzuerhalten, wird Wasser hineingepresst.«
»Wasser?«
»Meerwasser. Aus dem Persischen Golf. Die Anlage an der Küste heißt Qurayyah und ist die größte ihrer Art auf der ganzen Welt. Sie pumpt über eine Milliarde Liter Wasser pro Tag aus dem Meer, um sie in die saudischen Öllagerstätten zu injizieren. Nirgendwo ist je ein vergleichbares System installiert worden.«
Werner war begeistert. Viel zu begeistert für Dorotheas Geschmack. »Und das geht?«, rief er aus.
»Unter ölführenden Schichten liegt in der Regel ohnehin Wasser, das nach oben drückt. Daher rührt ein Teil des Drucks. Der andere Teil wird durch Gas verursacht, das sich oberhalb des Öls befindet.«
»Entschuldigung«, sagte Dorothea, »aber bis jetzt verstehe ich nur, dass Saudi-Arabien das mit dem Öl fantastisch im Griff hat.«
Anstätter nickte. »Das sind alles Profis dort, kein Zweifel. Das Problem ist, dass die Herrscher des Landes keine sind.«
»Das sind Herrscher selten«, sagte Dorothea.
Werner griff nach dem obersten Blatt im Karton. Der Titel des Vortrags stand darauf. » The imminent collapse of the Ghawar oilfield as a result of long-term overproduction «, las er vor. »Was heißt das genau? Der bevorstehende Kollaps … gut, Sie sagen, wenn Ihr Freund deswegen angerufen hat, dann ist es schon passiert. Und als Resultat langanhaltender Überproduktion – was heißt das?«
»Wir hatten Ende der Neunziger eine Periode rasanten Preisverfalls beim Erdöl. Weil heutzutage auch Saudi-Arabien ein Staat ist, der auf keinen Dollar Einnahmen verzichten kann, wurde mehr Öl gefördert, als gut für die Ölfelder war.« Anstätter faltete die Hände. »Sehen Sie, ein Ölfeld ist kein Tank. Auch kein unterirdischer See. Das Öl befindet sich in einer porösen Gesteinsschicht, und die förderbare Menge hängt davon ab, wie durchlässig diese Schicht ist; also, wie rasch sich das Öl darin fortbewegen kann. Der Fachbegriff dafür lautet Permeabilität . Je permeabler eine Schicht, desto zugänglicher ist das Öl darin.«
»Okay«, meinte Werner. »Dann nehme ich mal an, die saudischen Ölfelder sind nicht so besonders in der Hinsicht?«
»Im Gegenteil.« Der zum Biobauern bekehrte Ölingenieur suchte ein paar Ausdrucke mit Illustrationen darauf und legte sie vor Werner hin. »Das Ghawar-Feld besteht aus einer Gesteinsschicht, die aus dem Jura stammt und als Arab-D bezeichnet wird. Sie ist weiter unterteilt in vier Zonen, von denen die Zone 2 -B die relevante ist. Sie enthält nicht nur Arab-Light-Crude -Öl von höchster Qualität, sie ist auch zugleich sowohl außerordentlich porös als auch außerordentlich permeabel – ein kleines geologisches Wunder. Permeabilität wird in den entsprechenden Formeln mit dem Buchstaben K bezeichnet. In der Zone 2 -B gibt es Bereiche von derart hoher Permeabilität, dass sich dafür der Begriff Super-K eingebürgert hat. Diese Gesteinsschichten sind zehnmal, hundertmal, bis zu tausendmal durchlässiger, als sie es eigentlich sein dürften. Seit dreißig Jahren versuchen Geologen und Lagerstättenexperten, diese Super-K-Zonen besser zu verstehen – unter anderem auch ich. Aber das sind nach wie vor rätselhafte geologische Formationen. Fest steht, dass die saudischen Ölfelder ihnen ihre außergewöhnlichen Eigenschaften verdanken.«
Dorothea rieb sich die Schläfen und überlegte, wie sie die beiden Männer in ihrer Fachsimpelei am besten stoppen konnte. Das führte doch jetzt wirklich zu gar nichts.
»Eine Super-K-Zone ist beinahe wie ein Tank«, fuhr Anstätter fort. »Das Öl kann daraus mit fast jeder Geschwindigkeit abfließen – langsam oder schnell, ganz wie Sie wollen. Sie können den Hahn sogar zeitweise zudrehen, wenn Sie genug haben, und wieder auf, wenn Sie wieder Öl brauchen. Das ist etwas, das Ihnen die meisten Ölfelder nicht verzeihen würden. Und Ghawar ist das Ölfeld mit den größten und besten Super-K-Schichten. Nur deshalb konnten die Saudis all die Jahre ihre Produktion hinauffahren und wieder drosseln, wie es gerade erforderlich war.«
»Dann sehe ich nicht, wo das Problem liegt«, meinte Werner.
Ich auch nicht , dachte Dorothea.
»Meine Mitautoren und ich hatten ursprünglich vor«, erklärte Anstätter ernst, »ein Verfahren zu entwickeln, um den Verlauf der Super-K-Zonen innerhalb der Zone 2 -B darzustellen, mithilfe
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