Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
auf Kombinationen bestimmter Wörter reagieren, durchforsten alle Telefonate; andere Computer entschlüsseln verschlüsselte Dateien, die NSA ist im Besitz von Decodiertechniken, die dem, was allgemein bekannt ist, um Jahrzehnte voraus sind … Jedenfalls, wir bekamen Informationen, wenn irgendwo in Europa jemand etwas erfunden hatte, das eine potenzielle Bedrohung amerikanischer Interessen war. Und dann sind wir losgezogen, um die Gefahr zu bannen.«
Markus fühlte eine Ahnung heiß in sich aufsteigen. »Indem Sie den Betreffenden –«
»Nein. Das hat mich ja so fasziniert. Wir waren Krieger, die nicht töten mussten und trotzdem siegten. Unsere Waffen waren Schlauheit, Täuschung und juristische Tricks. Und Geld natürlich.« Er berührte sachte eine Stelle auf seiner Brust, strich bedächtig darüber. »Es geht schon«, lächelte er, als er Markus’ Blick bemerkte. Dann schien er sich wieder in der Vergangenheit zu verlieren. »Ein Vergnügen war es trotzdem nicht, uns in die Hände zu geraten. Wir haben zwar nicht getötet, aber wir haben doch Existenzen ruiniert. Oft genügte Bestechung. Oder Erpressung. Ein Bordellbesuch, bei dem belastende Fotos entstanden, zum Beispiel. Zur Not haben wir belastendes Material gefälscht, damit jemand seinen Job verlor oder das Vertrauen seiner Kreditgeber. Wir hatten die besten Fälscherwerkstätten der Welt zur Verfügung, verstehen Sie? Und wir spielten Spiele, die unsere Opfer nicht durchschauen konnten . Bestochene Gutachter, Notare, die unter unserem Druck logen – wir haben einen Sport daraus gemacht, alles legal aussehen zu lassen, die andere Seite so einzuwickeln, dass sie, wenn sie ihre Unterschrift unter die Verträge setzte, nicht wusste, wozu sie sich eigentlich verpflichtete und was sie alles aufgab und abtrat. ›Exekution‹ nannten wir das. Danach war der Fall gelaufen. Böses Erwachen für die andere Seite, was meistens hieß: Bankrott. Noch ein paar Penner mehr, die herumliefen und allen damit auf die Nerven gingen, dass alles nicht ihre Schuld gewesen sei, dass man sie betrogen habe – na ja. Was ihnen eben kein Mensch abnimmt. Und wir hatten die Erfindung, Entwicklung, das Konzept, die Formel – was auch immer. Und das haben wir dann an eine amerikanische Firma weiterverkauft, ein gutes Geschäft gemacht und den American Way of Life vor Widersachern geschützt.«
Markus spürte ein heißes Brennen hinter seinen Augen. »Ich habe solche Geschichten immer für blühenden Unsinn gehalten. Verschwörungstheorien, Sie wissen schon.«
Taggard schloss die Augen. Er sprach leise, wie für sich selbst. »Wir haben damals gegen den Kommunismus gekämpft. Gegen Unterdrückung und für die Freiheit. Und soweit wir sehen konnten, waren wir – Amerika – in diesem Kampf allein auf weiter Flur. Insbesondere auf die europäischen Staaten war in dieser Hinsicht wenig Verlass. Und Europa, verstehen Sie, das machte uns Angst. Wir waren Wirtschaftswissenschaftler, vergessen Sie das nicht. Wir konnten rechnen. Wir sahen, was für ein wirtschaftlicher Gigant Europa war. Wenn wir nicht dafür sorgten, dass Amerika wirtschaftlich in Führung blieb, dann sahen wir unsere Freiheit in Gefahr.«
Markus musterte den im Sterben liegenden Mann und fragte sich, ob es herzlos war, wenn er versuchte, das Gespräch noch einmal auf seinen Vater zu bringen.
Taggard schien seine Gedanken zu lesen. Er schlug die Augen auf. »Ihr Vater«, sagte er, »hat sich gewehrt. Und er wollte sich nicht an die Spielregeln halten.«
Vergangenheit
J im Doonan kam ins Zimmer wie die personifizierte Hiobsbotschaft, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen.
»Charly, dein Westermann macht Probleme.«
Charles Taggard, mit Ende dreißig der Jüngste im Team South Germany und damit der, dem man den ungeliebten Detailkram aufhalste, sah geistesabwesend von seinen Listen auf. »Westermann?«
»Stuttgart. Der Erfinder.«
»Was ist mit ihm?«
»Er droht, an die Presse zu gehen.«
Charles rieb sich die Augen. »Das darf er nicht. Paragraf 32 des Vertrages. Wenn er den Mund aufmacht, ist die Vertragsstrafe fällig. Dann ist er ruiniert.«
»Das ist ihm anscheinend egal. Die Eierköpfe haben uns ein paar Telefonmitschnitte geschickt. Wie es aussieht, bereitet Westermann schon was vor.«
» Fuck. « Charles Taggard überlegte. »Vielleicht war es doch keine so gute Idee, ihn und seinen Rechtsanwalt auseinanderzubringen. Der könnte ihm jetzt wenigstens erklären, in was für eine Scheiße
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