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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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empfohlen hatte, eines jungen Landwirts, der Artikel über ökologischen Anbau schrieb, bat sie: »Entschuldigen Sie, ich muss da rangehen. Es könnte wichtig sein.«
    Die betagte Dame nickte. »Gehen Sie nur. Ich überlege mir derweil, ob ich noch eine Tomate nehme.«
    Es war nicht Tom Hannen, es war Gabi. »Hast du es schon gehört?«
    »Gehört?«, fragte Dorothea. »Was denn?«
    »Dann weißt du es noch nicht. Ich hatte gerade eine Kundin im Laden, die mir erzählt hat, dass der Fixkauf zum Ende des Monats zumacht!«
    »Ist nicht wahr«, sagte Dorothea.
    »Ich hab beim Rathaus Duffendorf angerufen und nachgefragt, und weißt du, was die mir gesagt haben? Der Eurocenti schließt auch. Ab nächsten Ersten ist das gesamte Gewerbegebiet dort tot und verlassen.« Sie lachte auf. »Doro, wir haben sie überlebt!«
    »Meine Güte«, murmelte Dorothea. Ihr war nicht zum Lachen zu Mute. Die Leute würden ihr die Bude einrennen.
    Abgesehen davon, dass es nun im Umkreis von dreißig Kilometern keine Tankstelle mehr gab.
    Jede Woche wurde es besser. Das Gefühl von Ausnahmezustand ließ nach, die Erschöpfung schwand, und wenn ihn seine Tochter schiefäugig anlächelte, war Markus der glücklichste Mensch der Welt.
    Ein Gefühl, das allerdings nicht aufkommen wollte, wenn er einmal Zeit fand, ins Arbeitszimmer zu gehen. Meist saß er nur da, sah dieselben Pläne und Konstruktionszeichnungen und Berechnungen wieder und wieder durch und war dabei alles andere als glücklich.
    Es war bestürzend aussichtslos. Er hatte Pläne gemacht, richtige Projektunterlagen, wie er es gelernt hatte, mit Listen, Zeitplänen und einzelnen Schritten. Ein Pferd anzuschaffen, Pflug und Egge, und auf dem Grundstück ein Feld anzulegen. Platz genug hatten sie; ein benachbarter Farmer würde ihm zeigen, worauf es ankam. Dann alles Mögliche anzubauen, Mais, Getreide, Gemüse, Sonnenblumen und so weiter, damit er etwas hatte, das er vergären konnte. Eine Werkstatt einzurichten. Das eilte sogar, denn es begann schon schwierig zu werden, bestimmte hochspezialisierte Werkzeuge zu bekommen, selbst für viel Geld.
    Doch bis jetzt hatte er nichts davon umgesetzt. Nichts. Die Werkstatt hatte er noch nicht einmal betreten !
    Klar, die Kleine. Aber das war es nicht. Das würde nicht mehr lange als Ausrede durchgehen.
    Nein, es war das Gefühl, mit diesem Projekt sowieso seine Zeit zu vergeuden. Er musste immer an das denken, was der alte Wang erzählt hatte. Wie er ihm das mit der Billion Liter Alkohol pro Jahr vorgerechnet hatte. Absolut utopisch, klar. Da hätte er auch selber draufkommen können.
    Ja, und dann war da das andere, wovon Wang angefangen hatte. Die Zukunft zu prägen. Die großen Chancen ergreifen. Das ganz große Rad zu drehen. Das lockte.
    Es lockte, und andererseits saß da tief in ihm das Gefühl, dass es das eben doch nicht war. War das nicht bloß wieder so eine Vorstellung, um sich aufzuputschen? Sich auszumalen, dass er mit Wang zusammen anfing, die Welt aufzumischen – das kam ihm vor wie eine fade Wiederholung. Das hatte er mit Block schon hinter sich. Es fühlte sich an wie der Versuch, das Lebensgefühl von früher wiederzubeleben, diese schnelle, aufgedrehte, nervenkitzelnde Dauerekstase zurückzuholen, diese überdrehte, auspowernde, rastlose Existenz …
    Das ging nicht. Nicht, wenn er so darüber dachte. Er hatte die Naivität verloren, die nötig war, um so zu leben. Er glaubte nicht mehr daran, und das war eine nicht rückgängig zu machende Wandlung.
    Und trotzdem lockte es. Vielleicht würde es immer locken, wer konnte das wissen? Vielleicht musste er damit umgehen wie ein geheilter Alkoholiker mit dem Alkohol: vorsichtig, sich der Gefahr bewusst, wieder ins Rutschen zu geraten.
    Aber wenn es das nicht war, was war es dann?
    Er räumte auf. Räumte um. Stellte die Aktenschränke anders hin. Wischte in allen Fächern Staub. Ordnete die Papiere seines Vaters, seine eigenen Notizen, legte die Notizbücher Blocks in eine Schublade …
    Block. Er nahm eines der Bücher, setzte sich in den Sessel und schlug es irgendwo auf, blätterte, bis er wieder an einem Tagebucheintrag hängen blieb.
    Ich muss mir merken, mich nie darauf zu verlassen, wasExpertensagen. Sie fragen, das muss sein. Aber dann selbernachprüfen.Selber nachrechnen. Das meiste kann man auch ohneMaturaherausfinden. Selber denken, darauf kommt’s an.
    Hmm. Markus sah auf, blickte ins Leere. Er dachte an das Gespräch mit Wang. Wie war das gewesen? Dreitausend

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